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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love
Autoren: Lia Habel
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Fernsehen war verboten und der Zugang zum AetherNet war streng reguliert.
    Pamela nahm ihre Haube ab, löste den Bildschirm aus seiner Halterung und zog ihn sich auf den Schoß. »Oh, klasse!« Damit war sie beschäftigt.
    »Viel Spaß«, murmelte ich, griff erneut nach meinem Digibuch und lieh mir den Federkiel, der zum Inventar der Kutsche gehörte. Ich nahm an, dass ich für meinen Aufsatz noch etwa eine Stunde brauchen würde und ich wollte den Faden nicht verlieren. Die Kutsche schaukelte leicht, als Alencar einen der Koffer einlud.
    »Nora …«
    »Es geht gleich los.« Die Kutsche kam wieder zur Ruhe. »Das war schon der zweite.«
    »Nein, Nora – schau mal.« Pams Hand fand den Ärmel meines Mantels. Ich sah zu ihr herüber und bemerkte, dass sie auf den Bildschirm starrte. Ich sah nun ebenfalls hin. Noch immer waren dort die Schlagzeilen zu lesen.
    Ausbau der Elysischen Gefilde aufgrund massiver Probleme mit der Wasserhauptleitung unterbrochen.
    Experten stellen die Sicherheit der staatlichen Identitätsdatenbanken infrage.
    Und dann noch etwas, das mich wirklich interessierte.
    Punks konzentrieren ihre Truppen nach Terroranschlag an der Südgrenze.
    Ich nahm nur am Rande wahr, dass Alencar auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte und dass sich die verzierte Trennscheibe zwischen dem vorderen und dem hinteren Teil der Kutsche langsam hob. Als der Motor angestellt wurde, überlief ein elektrisches Feld die Fenster und ersetzte den Blick auf die Außenwelt durch mein Abbild, das nun von der verspiegelten, blickdichten Oberfläche zurückgeworfen wurde. Verwirrt von dem Wandel schaute ich in meine eigenen Augen und las Sorge darin.
    Während meines Aufenthaltes an der Schule war ganz offensichtlich die Welt zum Teufel gegangen.

    Ich wollte unbedingt mehr über die letzten Schachzüge der Punks erfahren, aber Pam interessierte sich mehr für Panik und Klempnerarbeiten. Ich ließ sie entscheiden.
    Nach einer Stunde hatten wir bereits fast alles gesehen, was der neuviktorianische Mobilsender, der NVMS , bereithielt. Dieser Sender bot eine begrenzte Auswahl an Berichten über die aktuellen Ereignisse der letzten Stunde und zudem noch einige Sendungen vom Vorabend.
    Das Hauptaugenmerk lag auf dem vermeintlichen Sicherheitsleck. Es gab keinen Beweis für einen Identitätsraub, was aber keinen der TV -Sprecher davon abhielt, sich ausgiebig darüber auszulassen. Die Bevölkerung wusste eine ordentliche Massenhysterie durchaus zu schätzen.
    Der Premierminister, Aloysius Ayles, hatte zu diesem Thema noch keinen Kommentar abgegeben. Ich hatte ihn im Vergleich zu seinem Vater und Vorgänger, Lord Harvey Ayles, schon immer für ziemlich unfähig gehalten. Daher maß ich seinem Schweigen nicht allzu viel Bedeutung bei.
    Was die Explosion in der Wasserhauptleitung anging, gab es auch nicht viel Neues, außer dass Hunderte der städtischen Arbeiter Überstunden schieben mussten. Aber Pam musste sich natürlich schrecklich aufregen, das tat sie immer.
    »Ich glaube, du solltest vielleicht lieber nicht nach Hause gehen, Nora«, sagte sie, wobei sie den Blick nicht vom Bildschirm nahm und rhythmisch mit einem Fingernagel gegen die Kuppe ihres Daumens tippte.
    Ich wohnte in den Elysischen Gefilden. Vor Generationen hatte die neuviktorianische Regierung die Tradition eingeführt, jene, die sich durch große Leistungen für die Nation ausgezeichnet hatten, mit einem Stück Land zu beschenken. Aber auch nach der Entwicklung der Terraforming-Technologien war Land noch immer eine sehr begrenzte Ressource. Etwa zur gleichen Zeit, als mein Vater seine Parzelle erhielt, begann die Regierung mit den unterirdischen Bauten, wobei sie zunächst die bereits existierenden Schutzbunker aus Kriegsjahren erweiterte. Die Elysischen Gefilde gehörten zu den größten unterirdischen Bauprojekten und beherbergten etwa fünfhundert Familien. In Kürze sollte die zweite Ebene eröffnet werden.
    »Das ist doch Blödsinn«, erwiderte ich. »Du weißt doch, wie diese Sensationsjournalisten sind. Sie stürzen sich auf jedes Fitzelchen und bauschen es dann für die Einschaltquoten auf. Je mehr sie in einem einzigen Satz zusammenwerfen können, umso besser.«
    »Mir ist das trotzdem nicht geheuer.« Pam sah hinab auf ihr Handgelenk, wo ihr, wie jedem anderen auch, bei der Geburt ein ID -Chip injiziert worden war. »Und das mit dem Identitätsraub macht mir Angst. Ich meine, man kann ohne seinen Chip schließlich nicht einfach so weiterleben wie bisher,
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