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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Gedanken schossen Katara durch den Kopf, während sie hinter dem Soldaten herging.
    Sie passierten mehrere Zellen. Es gab große Gemeinschaftszellen, die an überdimensionale Raubtierkäfige erinnerten, und kleinere mit kaum zwei Armspannen Durchmesser. Und in allen saßen düstere, abgemagerte Gestalten auf dem nackten Boden. Sie sahen mehr wie Tiere aus als wie Menschen, verwahrlost und jeder menschlichen Würde beraubt.
    «Wo ist sie denn nun?», fragte Xenia ungeduldig.
    «Weiter hinten», sagte der Soldat. «Wir sind gleich da. Aber ich warne Euch, die Frau ist nicht harmlos.»
    «Was meint Ihr damit?», fragte Katara.
    «Genau das, was ich sage», antwortete Einar, und wie zu sich selbst murmelte er: «Man hätte Euch am Tor aufhalten sollen.»
    «Ich dachte, sie wäre angekettet», warf Yolanda ein.
    «Ist sie auch.»
    «Dann verstehe ich nicht», sagte Xenia. «Hat sie etwa noch ihren Zauberstab bei sich?»
    «Zauberstab?» Der Soldat lachte kurz auf und wandte sich dem Mädchen zu. «Ich fürchte, Eure Vorstellung von Hexen ist etwas überholt. Hat Euch nie jemand über die Hexen aufgeklärt?»
    «Doch, schon», murmelte das Mädchen.
    «Dann müsstet Ihr eigentlich wissen, dass sie für ihr teuflisches Handwerk keine Zauberstäbe und keine langen Hüte brauchen.»
    «Was brauchen sie dann?», fragte Yolanda.
    «Das hab ich mich auch gefragt – bis zu dem Tag, als sie Isabella herbrachten.» Der Soldat sah die drei Jugendlichen ernst an. Seine harten Gesichtszüge wirkten im Licht der Fackel noch strenger.
    «Was auch immer geschieht», schärfte er ihnen ein, «haltet Abstand zu ihr.»
    «Ist sie nicht in einer Zelle?», fragte Katara neugierig. «Was kann sie uns anhaben?»
    «Ich sage Euch: Haltet Abstand!», wiederholte Einar seine Warnung, «kommt ihr nicht zu nahe, unter keinen Umständen. Habt Ihr mich verstanden?» Er sah die drei Mädchen dabei so eindringlich an, dass ihnen doch etwas mulmig zumute wurde. Sie nickten gehorsam.
    Die tun alle, als gäbe es keine schlimmere Kreatur als Isabella, überlegte Katara. Was kann schon dabei sein, ihr zu nahe zu kommen? Sie ist eine Gefangene . Katara war überzeugt, dass alle maßlos übertrieben, wenn sie von dieser Hexe sprachen. So gefährlich konnte sie nicht sein.
    Sie erreichten das Ende der Höhle. Hier war es noch finsterer und noch beklemmender. Es roch nach Urin, Rost und modrigem Wasser. Irgendwo tropfte es ununterbrochen von einem überhängenden Felsen. Einar blieb vor einem dicken Gitter stehen und leuchtete mit der Fackel in die Zelle hinein.

7
    Und dort war sie, die legendäre Isabella. Sie stand ganz hinten in der Ecke, den Kopf gesenkt, die Arme waagerecht ausgestreckt und an schweren Eisenringen an die Felswand gekettet. Ihr Kleid hing ihr in Fetzen vom Leib. Eingetrocknetes Blut klebte daran. Und als der erste flackernde Feuerschein ihre Gestalt streifte, erschauderte Katara bis ins Innerste. Die Hexe bot einen gespenstischen Anblick. Im ersten Moment sah es aus, als wäre sie tot, so leblos hing sie da. Dann hörte man das leise Klirren der Ketten, die um ihre nackten Füße gelegt waren, und ihr langes weißes Haar bewegte sich leicht, als sie langsam ihren Kopf zur Seite drehte.
    Kataras Puls beschleunigte sich. Mit einem Mal war sie sich nicht mehr so sicher, ob die Erzählungen über Isabella so absurd waren, wie sie gedacht hatte. Und wenn sie nun doch im Besitz ihrer magischen Kräfte ist? Selbst in Gefangenschaft?, überlegte Katara und spürte, wie sie bei diesem Gedanken weiche Knie bekam.
    Xenia und Yolanda schien es ähnlich zu gehen. Sie hielten sich dicht hinter ihrer Freundin, und nichts war mehr da von Mut und großen Sprüchen. Stattdessen schwiegen sie und spähten vorsichtig über Kataras Schulter in die Zelle der berüchtigten Hexe Isabella.
    «So hängt sie schon die ganze Zeit da», brach der Soldat die Stille. «Sie weigert sich zu essen. Sie redet nicht. Sie hängt nur da und wartet.»
    «Auf ihre Hinrichtung?», fragte Yolanda.
    «Nein, mit ihrem Leben scheint sie bereits abgeschlossen zu haben. Sie wartet auf etwas anderes. Ich könnte nicht sagen, worauf. Es ist nur so ein Gefühl, das ich jedes Mal habe, wenn ich an ihrer Zelle vorbeigehe. Sie wartet. Sie wartet mit einer solchen Hartnäckigkeit, dass es kaum zu ertragen ist. Wie eine Katze, die vor einem Mauseloch sitzt. So empfinde ich es jedenfalls. Und nicht nur ich. Ihr Schweigen ist wie die Stille vor dem Sturm. Vor einem gewaltigen Sturm. Oder einer
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