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Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Titel: Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Tischdecken», ordnete Sheldon in strengem Ton an, worauf der Teenager murrend Richtung Küche schlurfte. «Und bevor du deine Hausaufgaben nicht gemacht hast, gehst du nirgendwo hin! Immerhin kostet deine Privatschule eine Menge Geld, und wenn sich deine Noten nicht verbessern …»
    «… lande ich irgendwann als Vagabund auf der Straße, ich hab’s kapiert», winkte Elkor gelangweilt ab und schob sich sein halblanges, fettiges Haar hinter die Ohren. Sheldon holte sich die «Dark City Daily News» aus dem Wohnzimmer und setzte sich damit an den Esstisch.
    Die Tageszeitung des Stadtstaates war aus den getrockneten Blättern des Helosstrauches gepresst, eine schnell wachsende Pflanze mit großen Blättern, die in speziell dafür eingerichteten Gewächshäusern eigens zur Herstellung von Papier gezüchtet wurde. Seitdem es kein Sonnenlicht mehr gab, wuchsen außerhalb von Drakars Gewächshäusern keine Pflanzen mehr, nur noch vereinzelte Moose, Flechten und ein paar wenige Büsche, die anscheinend ohne Licht auskamen. Sämtliche Bäume, die gewachsen waren, bevor die Dunkelheit über Shaíria hereingebrochen war, und sich längst in knorrige Baumskelette verwandelt hatten, standen unter striktem Naturschutz und durften nicht gefällt werden. Holz war zu einem Luxusartikel geworden wie viele andere Dinge, Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel, deren Herstellung Unmengen an künstlicher Energie verbrauchten. Vieles, was früher selbstverständlich zum Alltag eines jeden Inselbewohners gehört hatte, war nur noch einer kleinen Oberschicht zugänglich, selbst die Tageszeitung, die Sheldon in Händen hielt.
    «4. Adar, 23 n. N.», stand am rechten oberen Seitenrand dieser Ausgabe, was so viel bedeutete wie: der vierte Tag im Monat Adar, 23 Jahre nach der großen Nebelkatastrophe. Die Nebelkatastrophe war für alle so einschneidend gewesen, dass König Drakar angeordnet hatte, aus Trauer über den Verlust des Sonnenlichts die Zeit umzubenennen. Im Jahre 1034 des Zeitalters der Könige führte er den neuen Kalender ein, und die Jahre wurden fortan nach der großen Nebelkatastrophe gezählt.
    Sheldon blätterte die Zeitung relativ interesselos durch. Sie hatten einen Toten aus dem Fluss gefischt; einen Mann, der sich wahrscheinlich das Leben genommen hatte. Der Nebel und die Dunkelheit trieb viele in den Selbstmord. In einer Containersiedlung hatte ein Mann seine Frau und seine beiden Kinder erstochen, bevor er sich selbst erhängte. In einem Abschiedsbrief standen einzig vier Worte: «Ich kann nicht mehr!» Meldungen wie diese standen fast jeden Tag in der Zeitung.
    Sheldon überflog ein paar belanglose Kurznachrichten und blätterte auf die nächste Seite. In Drakars Forschungszentrum war mit Erfolg eine neue Weizensorte entwickelt worden. Die Sorte sei äußerst robust und nahrhaft und bräuchte zum Wachsen nur die Hälfte des Lichtes wie andere Sorten, so hieß es. Außerdem: Katara, die Tochter Gorans, des ersten schwarzen Ritters Drakars, feierte ihren siebten Geburtstag. Und in einem weiteren Artikel stand, Lord Jamiro, der Inhaber der gesamten Industrie von Dark City, hätte sich nun definitiv von seiner Frau getrennt. Aber das hatte man kommen sehen.
    «Irgendetwas Außergewöhnliches?», fragte Mona und füllte die Gläser mit frischem Blaufruchtsaft.
    Sheldon faltete die Zeitung zusammen und legte sie zur Seite. «Das Übliche», sagte er. «Lasst uns essen, bevor der Shuha kalt wird.»
    Ja, Sheldon hatte nicht die geringste Ahnung, dass in dieser Nacht etwas passieren würde, das weit spektakulärer war als alles, was im Tagesblatt gestanden hatte, spektakulärer als alles, was er jemals erlebt hatte. Heute Nacht würde sich ein Teil der uralten Prophezeiung erfüllen. In wenigen Stunden würden die Buchstaben, die seit tausend und abertausend Jahren im Buch der Prophetie niedergeschrieben waren, zum Leben erwachen. Die Zeit war gekommen. Und Sheldons Leben würde für immer auf den Kopf gestellt werden. In nur einer einzigen Nacht …

4
    Sie aßen den leckeren Shuha, tauschten sich über die Ereignisse des Tages aus wie bei jedem Abendessen, die Kinder zankten sich, bis Sihana in Tränen ausbrach wie an jedem Abend, Elkor veranstaltete seinen allabendlichen Terror, bis sein Vater die Oberhand gewann und der Junge beleidigt die Zimmertür hinter sich zuschmetterte und drohte, zu seiner Freundin zu ziehen. Und irgendwann im Verlauf des Abends kehrte – wie an jedem Abend – wieder Friede ein, alle wünschten
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