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dark canopy

Titel: dark canopy
Autoren: Jennifer Benkau
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der gegenüberliegenden Seite zogen sich große metallene Schränke an der Wand entlang. Der Raum musste früher als Lager genutzt worden sein. Ich öffnete einen Schrank und schrak durch das Quietschen der Scharniere zusammen. Rost rieselte auf mich herab. Im Inneren hing ein großes, dickes Stoffstück sowie halb verbrannte oder zerfetzte Rollen aus einem dünnen gummiartigen Material, die an Haken aus Metall an einer Stange baumelten wie Würste zum Trocknen. Ich hatte keine Zeit herauszufinden, worum es sich handelte. Die Geräusche von draußen näherten sich, also stieg ich hastig in den Schrank und zog die Tür millimeterweise hinter mir zu, darum betend, sie möge diesmal kein Geräusch von sich geben. Das Scharnier blieb still, dafür gab das morsche Holz des Schrankbodens unter mir nach. Mein Fuß brach bis zum Knöchel durch die Sperrholzplatte. Ich unterdrückte einen Fluch, kauerte mich zusammen, dachte an Amber und hoffte, dass auch sie ein Versteck gefunden hatte.
    • • •
    Mein stilles Bitten, nicht gefunden zu werden, wurde erhört. Obwohl ich draußen noch eine ganze Weile die Rufe der Percents vernahm, durchsuchten sie die alte Schule nicht gründlich, sondern konzentrierten sich auf die Spuren im nahe liegenden Waldstück. Ein paar Percents liefen durch die Schulflure, ich hörte, wie sie eine Mutantratte aufscheuchten und tottraten, doch niemand kam in den Raum, in dem ich mich versteckte. In meinem Kopf - leider nur dort - ging ich durch die Reihen der Percents wie ein Racheengel und schlitzte eine Kehle nach der anderen auf.
    Schließlich verschwanden sie.
    Erst nach vielen Minuten stillen Wartens wagte ich es, meinen eingebrochenen Fuß aus der Holzplatte zu ziehen. Es splitterte, als ich mein Bein mit der Kraft all meiner unterdrückten Wut herausriss. Der Saum meiner Hose hing in Fetzen und das Holz hatte mir die Wade zerkratzt. Etwas blieb an meiner Schuhsohle kleben. Ein Schnipsel Papier.
    Aber hallo! Papier war schwer zu bekommen und nahezu unmöglich war es im Winter, wenn es jeder abfackelte. Ich bückte mich, tastete unter dem Holz nach weiteren Funden. Tatsächlich war da noch mehr Papier, zwei beschriebene und bemalte Bögen. Was darauf stand, konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen. Ich faltete die Blätter zusammen und steckte sie in den Hosenbund. Dann griff ich nach dem Stoffstück, das über mir hing, und erkannte zu meinem Überraschen, dass es ein simpel, aber sorgfältig genähtes Cape war. Es verfügte sogar über eine Kapuze und war aus einem dicken, wattierten Kunstfaserstoff, wie ich ihn von alten Schlafsäcken kannte. Ich beschloss, es an mich zu nehmen, und hinterließ stattdessen meine Lederjacke im Schrank. Die patrouillierenden Percents hatten meine Personenbeschreibung, doch junge Frauen mit braunen Haaren gab es einige. Mit einem dunkelblauen Cape statt einer braunen Jacke würden sie mich möglicherweise nicht einmal beachten. Sie waren nicht klug. Zumindest behauptete das Mars und in diesem Moment glaubte ich ihm. Ich wollte ihm das einfach glauben.

3
    früher wollte ich bloß in ruhe leben, aber dann sagte joy,
dass dies ein seltsamer wünsch für einen krieger sei.
seitdem weiß ich nicht mehr, was ich will.
    Matthial fuhr zusammen, als es hinter ihm im Unterholz knackte.
    Zwei, drei Schläge nachdem sein Herz begonnen hatte, schneller zu trommeln, beruhigte er sich bereits wieder. Alles war in Ordnung. Es musste so sein, denn Rick stand entspannt neben ihm und wedelte träge mit dem struppigen Schwanz. Wer immer sich näherte, musste ein Freund sein.
    Matthial eilte in die Richtung des Geräuschs. War Joy endlich zurückgekommen? Enttäuschung machte sich in ihm breit, denn es war sein Vater, der ihm nach draußen gefolgt war.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Mars.
    Matthial nickte, auch wenn er nicht wusste, ob Mars den Waldabschnitt vor dem Clanhaus meinte oder Matthials Befinden. Die Stimme seines Vaters irritierte Matthial jedes Mal, wenn sie unter sich waren. Nur dann, wenn niemand in der Nähe war, hatte sie den Klang, den Matthial mit seiner Kindheit in Verbindung brachte. Mit den Abenden, an denen die Familie abseits des Clans zusammengesessen hatte. Der Klang, der ihn an die Märchen erinnerte, die Mars seinen Kindern voll Geduld und Ruhe erzählt hatte; Matthial hatte das vom Zaubertunnel, der unter dem Meer hindurch in ein fremdes Land führte, am liebsten gemocht. An warme Milch, mit Vanille gewürzt, und an seine Mutter, deren Hände nach
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