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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Autoren: Tabita Lee Spencer
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gerichtet und deute auf den Wagen. »Der hat ganz schön was abgekriegt.«
    Mein Blick schweift auf die andere Straßenseite, wo Dawna unseren Pick-up geparkt hat und gerade mit unergründlicher Miene auf uns zukommt. Miley bleibt beim Pick-up stehen, seine Augen lassen Dawna nicht los. Rudy stellt sich mit verschränkten Armen und schrägem Kopf neben den Leichenwagen, als wäre ihm gerade erst aufgefallen, wie demoliert das Auto ist. Morti geht einmal um das Auto herum, wirft mir dann wieder einen grimmigen Blick zu, als wüsste er mehr.
    »So. Wir müssen wieder«, sage ich, als der Wind einen leisen Ton an mein Ohr weht. Ich kenne ihn seit meiner Kindheit und er ist unabänderlich mit Grannys Stimme verbunden. Auf Sam muss man warten können, hat sie immer gesagt. Mein Herzschlag explodiert sofort, ich spüre körperlich, wie das Blut kräftig durch meine Adern rauscht. Sam Rosells Laden. Die Klingel, die ihn aus seinem Liegestuhl in den Laden rief. Hinter mir, an der Tür des Ladens, geschieht etwas.
    Er ist wieder da.
    Der Gedanke pulsiert in meinem Gehirn und verdrängt alles andere. Den Leichenwagen. Morti. Rudy. Miley.
    Er ist wieder da.
    Was hat er vor?
    Wir haben den dunklen Engeln ihren Anführer zurückgegeben. Der Laden wirkt wie ein Magnet auf mich. Ich muss mich umdrehen, auch wenn ich nicht will.
    Es sieht aus wie immer. Die abgerissenen Plakate, die die ganze Frontseite verkleben, sogar die Schrift »Rosell’s General Store«. Die vernagelte Tür. Nein, korrigiere ich mich, die Tür ist nicht mehr vernagelt, sie ist im Wind ein kleines Stück nach innen geschwungen und hat dabei die Ladenklingel ausgelöst. Ein lang gestreckter, heiserer Ton, so vertraut, als würde ich ihn jeden Tag hören. Ein eisiger Schauer rieselt mir über den Rücken, die Beine hinunter bis in die Füße. Auch Dawna hat es gehört, denn sie zuckt zusammen. Ihr Blick bleibt fest auf den Leichenwagen gerichtet und ihre Lippen bewegen sich ein klein wenig, als würde sie mit sich selbst sprechen. Vor der Veranda liegt Müll, einige überquellende Kartons, daran gelehnt eine alte Stoffliege. Sam Rosells alte Sonnenliege, auf denen er seine Tage im Hinterhof verbrachte, betrunken, besinnungslos. Bis zu dem Zeitpunkt, als er dann starb, totgesoffen und besetzt von einem neuen Herrn. Samael. Dem Anführer der dunklen Engel.
    Im nächsten Moment tritt ein Glatzkopf aus der Tür. Ich bleibe wie festgewurzelt stehen, kann mich nicht bewegen. Es ist ganz offensichtlich nicht Sam Rosell, trotz der Glatze. Er ist etwas kleiner, aber sein Rücken ist breiter als der von Sam, als wäre er es gewohnt, hart zu arbeiten. Er trägt eine verwaschene Jeans, die fast weiß ist, und ein schwarzes Hemd. Er hält etwas vor seiner Brust, eine große Schachtel. Sie scheint ganz aufgeweicht zu sein und droht, jeden Moment zu zerfallen. Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden, nicht von der aufgewellten Pappe, die er hält, gefüllt mit Schokolade.
    »Hey«, sagt Rudy neben mir. »Wer ist das denn? Der neue Besitzer von Rosells Laden?«
    Keiner sagt etwas, aber Rudy hat keine Hemmungen.
    »Hey«, schreit Rudy quer über die Straße und hebt grüßend eine Hand. »Nett, Sie zu sehen!«
    Scheiße. Rudy hat echt kein Hirn im Kopf.
    »Das ist der neue Besitzer vom General Store«, erklärt Rudy, als würde es das besser machen.
    In dem Moment löst sich die Schachtel ganz auf und der Inhalt ergießt sich über die Veranda. Der Fremde bückt sich nicht danach, sondern kommt über die Straße zu uns herüber.
    High Noon. Ein Cowboy, der die Straße überquert. Seine Hände in der Haltung, als würde er gleich seine Revolver herausziehen. Solche O-Beine, dass man meint, er hätte seit seiner Kindheit nur im Sattel gesessen. Klack, klack, klack machen die Absätze seiner Stiefel auf dem Asphalt. Er hat keine Eile, kommt auf uns zu, als hätte er auf uns gewartet. Jetzt weiß ich auch, dass ich ihn schon einmal gesehen habe, damals, im Murphy’s Law, als wir uns vor Rag in Sicherheit gebracht haben. Dawna tritt einen Schritt näher zu mir, unsere Schultern berühren sich fast.
    Er bleibt vor dem Leichenwagen stehen, man sieht ihm nicht an, was er sich denkt, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es sein Wagen ist. Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden, und nachdem er einmal den Wagen umrundet hat, bleibt er direkt vor mir stehen.
    »Na«, sagt er und entblößt beim Reden eine Reihe makelloser weißer Zähne. Zwischen den zwei vorderen
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