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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember
Autoren: Richard Paul Evans
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Candace: »Woher kommst du, Luke?«
    »Aus Scottsdale, Arizona.«
    »Scottsdale!«, rief sie. »Scottsdale Fashion Square.«
    »Bist du mal dagewesen?«
    »Mehrere Male. Ich liebe Arizona. Normalerweise wohne ich im Phoenican.«
    »Das liegt nur knapp fünf Kilometer von meiner Wohnung entfernt – gleich am Camelback Mountain.«
    »Ich bin den Camelback hochgewandert«, sagte sie. »Das ist eine schöne Gegend.«
    »Ja«, bestätigte ich. »Und woher kommst du?«
    »Aus Cincinnati. Überwiegend. Während meiner Kindheit ist meine Familie häufig umgezogen. Aber für mich ist Cincinnati mein Zuhause.«
    »Wie kommst du dazu, Wirtschaft zu studieren?«
    »Um es mit den Worten von Willie Sutton zu sagen: ›Da ist das Geld.‹«
    »Wer ist Willie Sutton?«
    »Er war zurzeit der Weltwirtschaftskrise ein berühmter Bankräuber. Als man ihn fragte, warum er Banken ausraubt, antwortete er …«
    »… Da ist das Geld«, kam ich ihr zuvor.
    Sie lächelte. »Genau.«
    »Was für eine Art von Lokal ist das Smokey Joe’s denn?«, wollte ich wissen.
    »Na ja, eine typische Studentenkneipe. Präsident Ford hat es als ›siebzehntes Institut für Höhere Bildung an der University of Pennsylvania‹ oder so ähnlich bezeichnet. Sie selbst nennen sich Pennstitution. Ich weiß nicht recht, was das bedeutet. Es ist einfach ein guter Ort zum Abschalten.«
    »Klingt witzig.«
    »Ich hoffe, dass es das auch ist«, meinte sie etwas zaghaft. »Ich sollte dich vor meinen Freunden warnen. Sie sind manchmal ein wenig … heftig.«
    »Heftig?«
    »Ja, wie ein Verkehrsunfall. Aber zumindest sind sie nicht langweilig. Sie sind nie langweilig.«
    »Das ist gut.«
    »Ja, das ist gut«, bestätigte sie, um dann hinzuzufügen: »Meistens.«
***
    Das Smokey Joe’s lag auf dem Campus am University Square, rund zehn Minuten zu Fuß von meinem Apartment entfernt. Das Lokal sah so aus, wie man es von einer Studentenkneipe erwartet. Es hatte niedrige Decken, eine Holzvertäfelung und gerahmte Fotos an der Wand. Außerdem war es laut und voller Studenten. Und es gab eine Jukebox, auf der man Schallplatten aus den achtziger Jahren abspielen konnte.
    Candace sah sich um, bis uns eine rothaarige Frau von der gegenüberliegenden Seite des Raumes zuwinkte. Candace nahm meinen Arm. »Wir sind da drüben.«
    Wir drängten uns durch die Kneipe zur Ostecke, wo eine Gruppe von fünf Studenten an einem Tisch vor einer halb aufgegessenen Pizza und zwei großen Glaskrügen Bier saß. Der Mann am Kopf des Tisches sah ein wenig wie James Dean aus. Er hatte goldbraune Haare und trug ein baumwollenes Oxfordhemd mit aufgerollten Ärmeln, das bis zur Brust aufgeknöpft war. Er warf mir einen kühlen Blick zu.
    »Hallo zusammen. Das ist Luke«, sagte Candace.
    Alle winkten und nickten kurz bis auf den, der James Dean ähnelte. Der musterte mich einen Moment lang, bevor er sagte: »Heiliger Lukas. Ich bin Sean. Trink einen Schluck Bier.«
    »Danke«, erwiderte ich.
    Candace und ich setzten uns. Candace sagte: »Das sind Marshall, Suzie, Lucy und James.«
    »Hallo«, sagte ich.
    »Wie heißt du mit Nachnamen, Luke?«, fragte Sean.
    »Crisp.«
    »Crisp wie Crisp’s Copy Centers?«, erkundigte sich James, ein dünner Mann mit dunklem Teint und dunkelbraunem, lockigem Haar.
    »Ja, genau wie die«, antwortete ich und stellte bewusst keine Verbindung her.
    »Das ist kein gewöhnlicher Name«, stellte Lucy fest, die uns eingangs zugewinkt hatte. Sie war eine prachtvolle Rothaarige mit schönen smaragdgrünen Augen, vollen Lippen und einer wohlgeformten Figur. Eine ihrer Hände lag auf Marshalls Arm, weshalb ich annahm, dass sie ein Paar waren. »Bist du irgendwie mit den Besitzern von Crisp’s verwandt?«
    »Das Unternehmen gehört meinem Vater«, sagte ich.
    Candace sah mich erstaunt an.
    »Carl Crisp ist dein Vater?«, schrie Marshall regelrecht. »Ich hab den Artikel gelesen, der im vergangenen April über ihn in Forbes erschienen ist. Also das ist ein echter Kapitalist. Er hat mehr Leute ruiniert als Hurrikan Katrina.«
    »Und wer ist dein Vater«, schoss ich zurück. »Che Guevara?«
    Alle außer Marshall lachten.
    »Che Guevara. Das ist gut«, meine Sean und wirkte beeindruckt. »Dann bist du eindeutig einer von uns. Wir sind die Früchte des Kapitalismus und die Ausgeburten der Privilegien. Wir haben alles, und wir haben nichts.« Er hob sein Glas. »Auf die Champagnerträume und die Seelen aus Pappe.«
    Ich musste bei dem Satz lächeln und fragte mich, wie präzise er
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