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Daemonenherz

Daemonenherz

Titel: Daemonenherz
Autoren: Cornelia Zogg
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schlecht und recht aus dem Fenster in die Gasse.
    Gerade noch sah ich sein Bein hinter einer Hausecke verschwinden. Ich rappelte mich auf und eilte hinterher.
    Vor mir lag der Parkplatz. Raciel war nur wenige Meter weiter vorne. Er merkte, dass ich ihm folgte und drehte sich zu mir um.
    «Du solltest nach Hause gehen», sagte er und grinste.
    Seine weißen Zähne strahlten und etwas Schelmisches lag in seinen Augen. Mein Herz raste. Ich wusste, was das bedeutete und zwang mein Gehirn, mich davon abzulenken. Aber mein Gehirn befand sich auf Standby und trällerte die Tetris-Melodie.
    Mann brauchte nur nett zu mir zu sein und ich hörte bereits die Hochzeitsglocken. Bis jetzt hatte das immer ausschließlich in Tränen geendet und ich wusste, dass das in diesem Fall nicht anders sein würde. Für jemanden in meinem Alter hätte man mehr Vernunft erwartet. Für jemanden, der gerade eben einer Meute Chimären entkommen war ebenfalls.
    Der Typ war offensichtlich kein unbeschriebenes Blatt und gewiss nicht das, was man unter gutem Umgang verstand. Während ich mir darüber Gedanken machte, drehte er sich um und ging davon.
    Ich sah ihm hinterher.
    Er hatte mir das Leben gerettet. Bedeutete das nicht, dass ich ihm vertrauen konnte? Sollte ich ihn zu einem Kaffee einladen? Ihn nach seiner Handynummer fragen? Besaßen Dämonen überhaupt Handys?
    Bevor ich komplett in meinem Strudel aus wirren Gedanken versinken konnte, geschah es. Schneller als ein Augenzwinkern.
    Wie aus dem Nichts schossen die Chimären aus der Dunkelheit der Nacht. Sie flatterten um die Ecke eines Wohnblocks zu meiner Linken und setzten zum Sturzflug auf Raciel an.
    Mein Herzschlag setzte aus. Es war, als würde ein Schalter in meinem Kopf umgelegt. Ich hastete los, packte Raciel am Handgelenk und stürmte geradeaus.
    Erst jetzt schien er zu bemerken, in welcher Gefahr er schwebte.
    «Beeil dich!» schrie ich, während er diesmal hinter mir her stolperte.
    Ehe ich überhaupt Tempo zulegen konnte, wand er seine Hand aus meiner Umklammerung und blieb stehen.
    Ich drehte mich um und starrte ihn entgeistert an. Er lächelte für den Bruchteil eines Augenblickes und nickte mir zu, ehe die Chimären über ihn her fielen. Er verschwand hinter einer Wand aus Flügeln und Kiefern.
    Ich sah, dass er kämpfte. Versuchte, sie von sich fern zu halten. Vergeblich. Es waren zu viele.
    Ich sog die Luft durch die Zähne und reagierte.
    Keinen Schimmer, was mich in diesem Moment gerade ritt aber ich rannte auf die Chimären zu. Sie griffen mich nicht an, schienen mich gar nicht wahrzunehmen. Aber da ich in ihre Mitte drängte, war es unumgänglich, dass mich ihre Flügel und Krallen trafen.
    Raciel lag auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Sein Gesicht und sein Oberkörper bluteten. Risse und Schnitte zogen sich über seinen ganzen Körper. Seine zerfetzte Kleidung war voller Blut. Ich warf mich auf die Knie neben ihn und beugte mich schützend über seinen Kopf und seine Brust.
    Das passte den Chimären überhaupt nicht. Sie versuchten, mich von ihm weg zu reißen. Ich hielt mich mit aller Kraft an Raciel fest.
    Plötzlich wurde es unglaublich hell. Ein gleißendes Licht, so grell, dass ich beinahe das Bewusstsein verlor. Ich schloss die Augen und beugte mich tiefer über den blutenden Körper.
    Die Viecher kreischten auf und stoben in alle Richtungen davon. Ich blieb erschöpft liegen. Wagte nicht, mich zu rühren.
    Mein Atem ging schwer. Langsam begann der Schmerz durch meinen Rücken zu pochen. Mit jedem Pulsschlag wurde er stärker, bis ich zu wimmern begann. Es brannte. Es tat unglaublich weh.
    Eine Hand griff nach meiner Schulter und richtete mich mit sanftem Druck auf.
    «Komm, wir versorgen deine Wunden», sagte eine Frauenstimme.
    Das Licht war verblasst. Ich öffnete die Augen und blinzelte in das fahle Licht der flackernden Parkplatzbeleuchtung.
    Neben mir kniete eine Gestalt, musterte mich mit ihren ruhigen Augen. Die Frau warf ihre knallviolett gefärbten Haare zurück und lächelte freundlich.
    Ich musterte sie skeptisch. Ihre Stiefel reichten bis zu den Knien, der Jeans-Minirock war etwas kurz geraten und ihr Top reichte nur knapp über den Bauchnabel. Der Totenkopf darauf war schon fast ausgewaschen.
    «Da bist du ja ganz schön in was rein geraten», sagte sie und wischte mir mit einem Tuch das Gesicht ab. «Komm Liebes, mein Auto steht dort.»
    Sie wies auf einen alten Peugeot etwas abseits des Lagerhauses.
    Ich starrte sie fragend an.
    Der Schmerz
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