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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Autoren: Sabine Reiff
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Zubettgehen die Vorhänge geschlossen hatte.
    Bei dem Gedanken daran, dass eine der seltsamsten Nächte ihres Lebens hinter ihr lag, erschauderte Doro erneut. Sie war außer Stande zu sagen, ob sie geschlafen oder wach gelegen hatte, ob es nur ein schöner Traum gewesen oder alles, was sie erlebt hatte, wirklich geschehen war. Vielleicht war es eine Mischung aus beidem gewesen. Nachdenklich strichen ihre Fingerkuppen über ihre Lippen, noch immer spürte sie den leidenschaftlichen Kuss, mit dem er sie empfangen, seine starken Arme, die sie gehalten und seine Hände auf ihrer Haut, die sie unendlich zärtlich gestreichelt hatten. Sie hatten sich geliebt. Wild und voller Begierde und doch umfingen sie seine Liebkosungen mit ungeahnter Sanftheit, die ihr auch jetzt noch, in der Kühle dieses Spätherbstmorgens, Wellen der Wärme durch den Leib trieben. Seine Berührungen glichen dem langersehnten Regen nach einer auszehrenden Trockenzeit, der neue Lebenskraft in ihren Körper, ihren Geist und ihre Gefühlswelt brachte.
    Sie schwang die Beine über den Bettrand. Die giftgrünen Ziffern ihres Digitalweckers zeigten ihr, dass sie spät dran war. Eigentlich wollte sie ins Bad, um sich zu waschen, doch kurz bevor sie die Schlafzimmertür erreicht hatte, kehrte sie wieder um. Vor dem Nachttischschränkchen neben ihrem Bett blieb sie stehen. In der letzten Zeit hatte sie immer wieder diesen Drang verspürt, die schmale, oberste Schublade zu öffnen. Jedes Mal hatte sie bislang widerstanden, denn die Gefahr enttäuscht zu werden, kämpfte alle Hoffnungen, so auch ihre Neugier nieder. Heute war es anders. Etwas, dem sie sich nicht entziehen konnte, zwang sie dazu, die Schublade zu öffnen.
    Doro streckte ihren Arm nach dem zierlichen verschnörkelten Messinggriff aus. Zeiger- und Mittelfinger umfassten das Metall und zogen daran. Mit einem leisen, hölzernen Quietschen glitt die Schublade auf. Ihr Blick fiel auf das Buch, das in der Schublade lag. Als sie es hineingelegt hatte, war es lediglich ein verkohlter Rest alten Papiers gewesen. Jetzt besaß es wieder seine eigenwillige Schönheit. Nichts erinnerte mehr an die Zerstörungen, die es durch ihr Verschulden erlitten hatte. Ungläubig betrachtete sie den Ledereinband mit den kaum sichtbar geprägten Lettern darauf: Arcanum Daemonum . Ihre Fingerspitzen strichen sachte darüber. Am oberen Ende ertastete sie einen Zettel, der aus dem Einband herausragte. Vorsichtig zog sie ihn zwischen den Buchseiten heraus. Das Papier war unbeschrieben, doch sie kannte die Nachricht, die es übermitteln sollte.
    Ich warte auf dich, hörte sie eine vertraute Stimme in ihrem Kopf.
    „Gelal? Bist du das?“, flüsterte sie in die Stille des Morgens lauschend. Sie wartete vergebens auf eine Antwort, dafür erfüllte ein heiseres Lachen die Luft.
     
    Doro stellte den Stallbesen in die Ecke. Endlich war sie mit ihrer Arbeit fertig. Manche Tage vergingen im Flug, aber dieser wollte einfach kein Ende nehmen. Sie
    schlüpfte hinaus in die frostige Kälte der Nacht vor Allerheiligen. Ein kalter Wind war aufgekommen und zerrte an ihrem dünnen Fleecepulli. Nach der Wärme im Stall erschien ihr die Luft noch schneidender und eisiger. Sie hastete über den Hof in Richtung des Wohnhauses. Nach der Testamentseröffnung hatte sie ihre Wohnung in Kirchbronn aufgegeben und war komplett auf den Hof gezogen.
    Sie rannte ins Badezimmer, zog sich aus und duschte in aller Eile. Danach schlüpfe sie in Bluse, Pullover und Jeans, die sie sich bereits am Nachmittag auf dem Bett zurechtgelegt hatte.
     
    Mit jedem Meter, den sie der Mühle näherkam, schlug ihr Herz schneller, aber auch schmerzhafter in ihrer Brust. Unzählige Male war sie den schmalen Pfad durch den Wald hinab zum Höllengrund gefahren, nur um anschließend ein bisschen einsamer und enttäuschter heimzukehren.
    Es gab keine vernünftige Erklärung dafür, warum Doro das Arcanum mitgenommen hatte. Es war einfach eine spontane Eingebung gewesen. Jetzt lag es neben ihr auf dem Beifahrersitz. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie die Aufschrift auf dem Einband einen blassgoldenen Ton annahm. Irgendetwas war letzte Nacht geschehen. Eine geheimnisvolle Verwandlung hatte eingesetzt, deren Ausmaß sie augenblicklich nicht abschätzen konnte.
    Nur noch wenige Meter trennten sie vom Waldrand. Dahinter funkelten bereits die moorigen Wiesen des Höllengrunds schwarzgrün im fahlen Mondlicht. Plötzlich stieg Bodennebel auf. Immer dichter werdende Wolkenfetzen
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