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Daemonen in London

Daemonen in London

Titel: Daemonen in London
Autoren: Nathan R. Corwyn
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sie keinen simplen Hammer mit Klauen
bei sich führte. Ein Werkzeug, von dem sie wusste, dass es sich
zuhause in Großvaters Werkzeugkasten im Keller befand.
    Sie
sah auf ihre Uhr. Es war jetzt bereits vier Uhr morgens. Bis sie
nachhause und wieder hierher gelangt wäre, würden bereits
die ersten Leute auf dem Weg zu ihrer Arbeit sein. Sie musste sich
für heute Nacht also geschlagen geben.
    Frustriert
wandte sie sich von dem Bretterzaun ab und ging zurück auf die
Straße. Ein leises Rascheln aus Richtung des Containers ließ
sie kurz aufblicken, doch sie hielt sich nicht länger damit auf.
Sicherlich bloß wieder so eine dumme Katze.
    Sie
ging, die Hände tief in die Taschen vergraben, die Straße
entlang nachhause. Sie würde sich erneut einige Stunden gedulden
müssen, ehe sie zu ihrem lang ersehnten Kampf kam. Sie tröstete
sich damit, dass laut der Beschreibung im Grimoire der Höllenhund
auch in der nächsten Nacht noch seinen Verdauungsschlaf halten
würde. Sie hatte also noch etwas Zeit.
    Noch
ehe der letzte Rest des Menschenfleisches von seinen Mägen
verdaut worden war, würde sie ihm gegenüberstehen. Sie
wusste ja jetzt, wo er sich versteckte – und bei ihrem nächsten
Besuch hier würde sie nicht mehr vor einem simplen Bretterzaun
kapitulieren müssen!

    *

    Der
Höllenhund träumte.
    Es
waren die üblichen Träume: Er lief durch blutrote und
wunderbar enge Höhlengänge, jagte den Fledermäusen und
den riesigen Ratten, die hier hausten, hinterher, riss ihnen mit nur
einem Biss die Köpfe ab und verschlang sie gierig.
    Doch
obwohl er ein Tier nach dem anderen erlegte und fraß, nahm sein
Hunger nicht ab. Im Gegenteil, er nagte in ihm, marterte ihn, ließ
seine Mägen schmerzen, sein Verlangen nach frischem, blutigem
Fleisch ins Unermessliche steigen – und sorgte schließlich
dafür, dass er erwachte.
    Er
öffnete die Augen und sah missmutig in das Dunkel. Er wusste
nicht genau, wie lange er geschlafen hatte, doch er spürte, dass
es sich um nicht so viele Stunden handelte wie sonst nach einer
üppigen Mahlzeit. Was wohl einfach daran lag, dass die Mahlzeit
alles andere als üppig gewesen war.
    Irgendwie
hatte er sich seinen Vorstoß in die Welt der Menschen völlig
anders vorgestellt. Hier war nichts so, wie er es sich aus den
Erzählungen der anderen zusammengereimt hatte. Diese Welt war
keine reich gedeckte Tafel für einen hungrigen Dämon,
sondern verwirrend und laut, sie stank und war schmutzig. Und die
Menschen selbst – zumindest die Frauen – waren viel zu
dünn, um einen gut gewachsenen Höllenhund wie ihn auch nur
annähernd zu sättigen.
    Seine
Mägen glucksten und plagten ihn mit ihrem Verlangen.
Verdrießlich rollte er sich zusammen und steckte seine Schnauze
unter die Pfoten. Seine innere Uhr sagte ihm, dass es bald dämmern
würde – es hätte also keinen Sinn, jetzt noch auf die
Jagd zu gehen, das würde ihn nur unnötig Energie kosten.
    Also
würde er versuchen, die kommenden Stunden schlafend zu
verbringen, um dann – nach Einbruch der Dunkelheit und wenn
diese schreckliche Stadt ein wenig zur Ruhe gekommen war –
einen weiteren Versuch zu starten, ein paar Menschen zu erlegen.
    Er
nahm sich vor, sich in der nächsten Nacht nicht so einfach
erschrecken zu lassen, und sich erst dann wieder in sein Versteck
zurückzuziehen, wenn sein Hunger endgültig gestillt war.
Und wenn er dafür zehn dieser dürren Dinger verschlingen
müsste – dieses nervtötende Knurren seiner Mägen
musste doch zu stoppen sein.

    *

    Shane
war hin-und hergerissen, als die junge Jägerin die
Tordurchfahrt verließ und schnell in die Dunkelheit lief.
Sollte er den Dämon nun töten oder nicht?
    Er
kauerte hinter dem Container, der direkt vor der Einfahrt stand, und
sah dem Mädchen hinterher. Vorhin hatte er für einen kurzen
Moment geglaubt, sie hätte ihn bemerkt, als sie den Durchgang
verlassen und zielstrebig zu seinem Versteck gegangen war. Doch sie
hatte nur den Inhalt des großen Behältnisses überprüft,
wohl auf der Suche nach einem Hilfsmittel, mit dem sie die Barriere
im Tordurchgang überwinden könnte. Nachdem sie nichts
gefunden hatte, war sie wieder in den Durchgang gegangen und hatte
sich erneut auf den Zaun konzentriert.
    Shane
hatte sie vorsichtig beobachtet und dabei ihre Effizienz bewundert.
Keine ihrer Bewegungen schien überflüssig, und obwohl ihre
Ungeduld und der Zorn darüber, dass sie nicht zu ihrem Gegner
vordringen konnte, unübersehbar war, hatte sie sich jetzt für
das
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