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Daemonen in London

Daemonen in London

Titel: Daemonen in London
Autoren: Nathan R. Corwyn
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er sich sicher, es gab keinen Zweifel
mehr. Es ging wieder los. Und die klammen Finger der Angst krochen
seinen Rücken hinauf.

    *

    Fast
lautlos öffnete sich die Tür. Eine schattenhafte Gestalt
huschte durch den Spalt, schloss die Tür hinter sich und schlich
dann gebückt weiter in die Mitte des Raumes.
    „Du
brauchst nicht leise zu sein, ich bin schon wach“, erklang
Keevas amüsierte Stimme aus Richtung ihres Bettes – und
die Gestalt richtete sich auf.
    Keeva
schaltete ihre Nachttischlampe ein und blickte in das blinzelnde
Gesicht ihres Großvaters, Robert Paddock. Er hielt ein kleines,
in Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen in der Hand und Keevas
Augen begannen zu leuchten.
    Großvater
hielt das Paket hoch.
    „Nochmal
alles Gute zu deinem Geburtstag“, sagte er und grinste sie an.
„Hier ist mein Geschenk für dich.“
    Keeva
sprang aus dem Bett und lief zu ihm hinüber. Sie trug nur ihren
Schlafanzug und der Holzboden war kalt unter ihren nackten Füßen,
aber sie bemerkte es nicht. Wenn Großvater ihr sein Geschenk
nicht in Gegenwart ihres Vaters übergab, dann konnte das nur
eines bedeuten!
    Der
alte Mann setzte sich auf einen Stuhl und sah lächelnd zu, wie
Keeva aufgeregt das Papier von dem Paket riss und den Karton öffnete,
der darunter zum Vorschein kam.
    „Oh!“,
hauchte sie entzückt, als sie sah, was sich darin befand. Sie
zog es heraus und bestaunte das Geschenk. Es handelte sich um eine
kaum handtellergroße Armbrust, filigran gearbeitet und mit
glänzenden silbernen Beschlägen.
    „Ist
das...?“
    Er
nickte.
    „Ja,
das ist meine. Ich habe sie komplett überholt, jedes Teil, das
nicht mehr vollkommen in Ordnung war, ausgetauscht. Jetzt ist sie wie
neu. Und sie soll nun dir gehören.“
    Keeva
fiel ihrem Großvater um den Hals.
    „Danke,
danke, danke!“
    Sie
küsste ihn auf die Wange und wandte sich dann sofort wieder
ihrem Geschenk zu. Im Karton befand sich noch ein weiteres Bündel
und sie zog es heraus.
    „Die
Bolzen sind genau für die Armbrust gearbeitet“, erklärte
er. „Sie sind aus Silber und haben an einer Seite eine schmale
Rinne.“
    Keeva
sah ihn begeistert an.
    „Für
Gifte!“, stellte sie fest und ihr Großvater nickte.
    „Du
kannst bis zu drei Bolzen gleichzeitig einlegen.“
    Sie
stellte sich neben ihn und ließ sich jedes Detail der
handgearbeiteten Waffe erklären. Aufgeregt zog sie ein ziemlich
mitgenommenes Holzbrett unter ihrem Bett hervor. Normalerweise diente
es als Zielscheibe für ihre Wurfmesserübungen, doch nun
benutzte sie es, um sich mit der Armbrust vertraut zu machen. Die
Waffe verschoss die Bolzen mit unglaublicher Präzision und
Geschwindigkeit und Keevas Wangen röteten sich vor Freude über
ihren neuen Besitz.
    Robert
Paddock betrachtete seine Enkelin liebevoll. Sie sah so glücklich
aus. Ihre schulterlangen schwarzen Haare standen ungekämmt in
alle Richtungen ab, ihre hellgrauen Augen leuchteten und sie wirkte
fast wie ein kleines Kind, nicht wie eine junge Erwachsene, während
sie einen Bolzen nach dem anderen auf die Zielscheibe schoss. In
seinem Innersten kämpften die widersprüchlichsten Gefühle
miteinander: Stolz und Sorge, Trauer und Glück.
    Keeva
konzentrierte sich vollkommen auf ihre Schussübungen, und nicht
zum ersten Mal stellte Robert fest, dass seine Enkelin eine perfekte
Schützin war. Sie hätte einen fantastischen Dämonenjäger
abgegeben – wenn sie ein Mann, aber keine Frau gewesen wäre.
    Etwas
atemlos ließ Keeva sich neben ihn auf einen Stuhl fallen und
betrachtete die Armbrust auf ihrem Schoß.
    „Danke“,
sagte sie noch einmal aus vollem Herzen. Dann sah sie zu ihm hinüber
und Robert Paddock ahnte schon, was jetzt kommen würde.
    „Heute
wäre eigentlich der Tag für das Ritual gewesen“,
sagte Keeva auch prompt und wirkte auf einmal höchst
unglücklich.
    Robert
Paddock nickte ernst.
    „Aber
du weißt auch, warum du dafür nicht infrage kommst“,
stellte er fest.
    Keeva
blickte trotzig nach vorne und schloss unbewusst ihre Hand um das
Amulett, das sie um den Hals trug.
    „Ja“,
erwiderte sie. „Frauen dürfen das Ritual für die
letzte Stufe der Dämonenjägerausbildung nicht durchführen,
weil sie diese bekloppte Schwachstelle haben.“
    Sie
war wütend, aber ihr Großvater wusste, dass sie nicht
wütend auf ihn war. Ihre Erbitterung galt vielmehr der Tatsache,
dass sie eine Frau war.
    Während
des Rituals, von dem Keeva gesprochen hatte, trank ein fertig
ausgebildeter Dämonenjäger einen Schluck
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