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Daemonen in London

Daemonen in London

Titel: Daemonen in London
Autoren: Nathan R. Corwyn
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Sie mich für völlig verrückt
halten: weder noch.“
    Edward
blickte erstaunt auf. Erstaunt und beunruhigt. Der alte Mann schien
seinen Blick falsch zu interpretieren, wahrscheinlich glaubte er,
Edward hielt ihn tatsächlich für verrückt, denn er
setzte zu einer Erklärung an.
    „Wenn
in der Neujahrsnacht jemand, ob jetzt Mann oder Frau, hier im Park
herum brüllt oder schreit, dann ist das für mich noch lange
kein Grund, die Polizei zu informieren. Das kommt hier ständig
vor, glauben Sie mir. Aber das war es diesmal nicht.“
    Edward
nickte knapp, unterbrach jedoch jetzt mit einer freundlichen
Handbewegung den Redefluss des Mannes.
    Er
wandte sich an die junge Beamtin, die schräg hinter dem alten
Herrn stand und mit dem Finger eine unmissverständliche Geste an
ihrer Stirn machte. Sie hielt den Mann offensichtlich tatsächlich
für irre – aber Edward tat das nicht. Ganz und gar nicht.
    „Würden
Sie mir vielleicht doch bitte eine Tasse Tee besorgen?“, bat er
die junge Frau.
    Diese
nickte und verschwand sogleich im Nebel.
    „Könnten
Sie mir das Gebrüll genau beschreiben?“, forderte Edward
den alten Herrn nun auf.
    „Sie
glauben mir also doch?“, sagte dieser und sah Edward
misstrauisch an.
    Edward
nickte und diesmal schien der Mann ihm das auch abzunehmen.
    „Also
gut. Es war um ungefähr halb vier Uhr in der Nacht, vielleicht
ein wenig später. Ich war gerade auf dem Weg zur Toilette, als
ich draußen dieses grässliche Geräusch hörte.
Ich bin sofort zum Fenster gerannt und habe auf den Park geschaut.
Der Nebel war noch nicht so dicht, aber ich konnte trotzdem nichts
sehen. Es ist einfach zu dunkel hier.“
    Plötzlich
wirkte der Mann alt und hilflos und Edward wurde klar, dass er große
Angst hatte. Er legte beruhigend eine Hand auf dessen Schulter.
    „Keine
Sorge“, sagte er. „Was immer hier gewesen sein mag, es
ist jetzt weg.“
    Hoffentlich
täusche ich mich jetzt nicht, dachte er. Aber er glaubte nicht,
dass der Verursacher dieses Gebrülls noch hier war. Seine
eigentliche Sorge galt jedoch etwas ganz anderem. Der in ihm
aufkeimende Verdacht erhärtete sich, als der Mann weitersprach:
    „Und
dieses – Gebrüll. Ich weiß nicht, wie ich es
beschreiben soll. Es hatte auf keinen Fall etwas Menschliches an
sich. Am ehesten klang es noch wie das Brüllen eines
Dinosauriers. Oder dem, was sich die Typen in Hollywood eben darunter
vorstellen. Sie wissen schon, wie der Tyrannosaurus Rex in Jurassic
Park. So ähnlich.“
    Edward
Skeffington nickte langsam. Sein Blick schweifte in die Ferne und
sein Magen krampfte sich zusammen.
    Konnte
es sein, dass es wieder passierte? Nach so vielen Jahren? Ehe er Liam
deswegen aufsuchte, musste er sich jedoch ganz sicher sein. So nett
der alte Mann ihm gegenüber auch war – vielleicht war er
doch schon ein wenig debil. Er musste also nach weiteren Beweisen für
seinen Verdacht suchen.
    „Darf
ich jetzt nachhause gehen?“, fragte der alte Mann zaghaft.
    „Aber
natürlich“, beeilte Edward sich zu sagen. Er
verabschiedete sich von ihm und gab dann der jungen Beamtin, die
gerade wieder zu ihnen gestoßen war, ein Zeichen, dass sie sich
um den Herrn kümmern sollte. Die Tasse mit Tee, die sie ihm
hinhielt, ignorierte er. Stattdessen wandte er sich ab und ging zum
blinkenden Blaulicht des Spurensicherungsfahrzeuges.
    Er
war noch nicht weit gekommen, als er eine Unruhe im hinteren,
finstersten Bereich des Parks bemerkte. Sofort schwenkte er um und
folgte den aufgeregten Stimmen. Nach ungefähr fünfzig
Metern schälte sich vor ihm der Rand eines kleinen Wäldchens
aus dem Nebel. Davor stand eine Traube von Beamten und blickte mit
Gesichtern, die nicht nur vom winterlichen Zwielicht so blass waren,
auf den Boden.
    Edward
folgte ihrem Blick – und erstarrte.
    Vor
ihm, von Taschenlampen angestrahlt, lag der abgetrennte Kopf einer
jungen Frau. Und nicht weit dahinter hielt einer der Beamten den
besonders dicht bewachsenen Ast eines großen Busches beiseite –
und machte so die Sicht frei auf den restlichen Leib der Toten. Oder
das, was von diesem Körper noch übrig geblieben war. Der
Boden war dunkel von dem eingesickerten Blut, ein Arm lag –
verstümmelt und anschließend achtlos zur Seite geworfen –
neben dem kopflosen Rumpf. Große Fetzen waren aus dem Bauch und
den Beinen gerissen worden und einem der Beamten drehte es den Magen
um. Er rannte ein paar Meter weg und entleerte sich geräuschvoll
in das Gebüsch.
    Edward
schloss die Augen. Jetzt war
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