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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Autoren: Ada Blitzkrieg
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Testläufen mit dem Gespenstersauger raus, die wir mit den feingliedrigen dürren Spinnen durchführten, einfach mehr Fun beim Einsaugen versprachen. Die großen Spinnen waren viel schneller und bewegten sich animalischer, was uns in Hinblick auf einer spannende Jagd ein bisschen mehr anmachte. Wir fühlten uns wie eine mutierte Mischung aus
Crocodile Hunter
und
Dr. Egon Spengler
. Die Geisterjagd konnte beginnen.
    Wir betraten den Kartoffelkeller mit der Saugvorrichtung, die durch das Klebeband fest mit mir verwachsen war. Wir waren ein entschlossenes Team, mein Bruder, der Sauger und ich. Hier lebten, das wussten wir sehr genau, die meisten der dunklen Fettspinnen in vollkommener Finsternis, genau wie diese unförmigen und beängstigenden Tiefseefische, von denen es die unmöglichsten Ausprägungen gibt. Eine richtige kleine Parallelwelt, die wir nur erahnen konnten. Tausende Spinnen wohnten in diesem düsteren Kellerverlies, abgeschieden von der warmen und hellen Welt unserer Wohnräume und wurden nur dann und wann, alle Jubeljahre mal aufgescheucht, wenn Mutter an Weihnachten eines der pekigen Einmachgläser mit Rotkohl oder Quittenkompott aus dem vermoderten Kartoffelkeller, in die Oben-Welt beförderte.
    Das Licht ließ sich nur mit einem alten Drehschalter bedienen. Drrrrrrrrrrt! Schnappp. Es flackerte auf. Die alte Glühbirne beleuchtete den Raum nur spärlich und wir blickten auf das alte morsche Holzregal, das die gesamte Rückwand des Raumes einnahm und dessen Oberfläche grau und staubig war. Die Schatten an den Wänden flackerten und tanzten. Mein Bruder verschob mutig einige Kisten mit alten Holztieren und die Besen an den Wänden, die dort seit Jahren unberührt lagerten und hinter denen wir die Spinnen vermuteten. Wir waren vorbereitet. Jetzt musste alles schnell gehen. Und plötzlich waren sie da! Überall saßen dicke schwarze Spinnen mit vielen Beinen und wuselten mit hektischen Bewegungen zwischen den Regalen und Pappkartons ziellos umher. Ich betätigte den AN-Schalter des
Ghostbuster
-Staubsaugers und saugte Spinne um Spinne um Spinne ein, deren feste Körper im Hals des Haushaltsgerätes dumpfe Geräusche machten. Plonk! Plonk! Plonk! Das war irgendwie alles kein richtiger Spaß mehr und ich wollte einfach nur noch die Treppe zur Wohnung empor steigen und mich schöneren Dingen widmen. Es gab ja so viele. Vielleicht könnte ich vor der warmen Heizung sitzen und etwas mit Filzstiften malen oder die Amseln auf der Terrasse beobachten, wie sie sich am runden Futterhäuschen trafen und den neusten Gossip über die Gentrifizierung durch Scheißelstern mitteilten. Aber solange mein Bruder nicht das Signal zum Rückzug gab, durfte ich emotional nicht einknicken. Besonders nicht als jüngeres Geschwisterkind. Mut musste erst bewiesen werden. Ich hielt mit aller Mühe die Tränen zurück und saugte weiter Spinnen ein. Inzwischen hatten wir circa fünfzig Spinnenbiester in das elektrische Massengrab zwangsumgesiedelt und waren uns zum Glück einig: Das sollte für heute reichen. Außerdem wurde es auch langsam Zeit für das Abendbrot und Mutter hatte uns versprochen heute Rührei mit Salami zu machen. Das wollten wir nicht verpassen. Erleichtert atmete ich auf.
    Eilig kletterten wir die steile Treppe zu den beheizten Wohnräumen empor und hörten sie auch schon aus der Küche nach uns rufen: „Essen!“ Mit jedem Schritt nach oben wuchs die Erleichterung und ich war noch niemals im Leben so froh eine Treppe zu steigen. Endlich waren wir oben angelangt. Aber was nun? So schnell würden wir den neuen Staubsauger nicht vom Gaffa-Tape befreit bekommen und die Neuanschaffung in diesem Zustand zu sehen, würde Mutter bestimmt traurig und wütend zugleich machen. Ein neuer Plan musste also her. Ich schlug meinem Bruder vor das mit Klebestreifen bombardierte Etwas erst einmal unter meinem Kinderbett zu lagern und später in der Sicherheit der schützenden Nacht, heimlich, in aller Ruhe wieder von den Klebestreifen zu befreien und zu reinigen. „Ein tierisch guter Plan!“, befand mein älterer Bruder. Gesagt, getan! Wir räumten den Staubsauger samt seinem morbiden Inhalt unter das Bett und gingen in die Küche.
    Das Abendessen war so großartig, dass wir prompt den Staubsauger vergaßen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wir konnten nur noch an die gebratene Saftsalami und Mutters Paprikarührei denken. Salami lenkt ab und ich traue mich bis heute nicht ein Kraftfahrzeug zu steuern, wenn ich vorher Salami gegessen
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