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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Autoren: Ada Blitzkrieg
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der
Angelo
„Daaaaaangeeeeeer in theee Air!“ trällerte, konnte ich in der gleichen Tonlage, wenn nicht sogar noch höher, wiedergeben. Der Stimmbruch hat dem kleinen Engel dann einige Jahre später diese Gabe wieder entzogen. Vom Wunderkind der Familie zu einem talentlosen Klumpen monotone Geschwistermasse. Nur noch einer von vielen. Ein gefallener Engel. Bei mir war es nicht der Stimmbruch, sondern der Tabak und die unzähligen schlaflosen Nächte auf der Dorfkirmes, in denen ich aus Sweetness-Gründen auf meine Übergangsjacke verzichtete, die mich ein für alle Mal verstummen ließen.
    Später hörte ich beim Schaukeln nur noch Rap. Aha, Geschlechtsverkehr haben, im Kinderzimmer im Schlafanzug schaukeln und Rap-Lieder mitsingen? Es war eine harte Jugend. Ich ratterte den ganzen Tag Mixtapes meiner coolen und teilweise zehn Jahre älteren Freunde, bei denen ich mich nie fragte, warum sie eigentlich mit jemand in meinem Alter rumhingen, statt Arbeiten zu gehen oder mit Gleichaltrigen zu verkehren, auf dem kleinen Kassettenrekorder mit den schlechten Boxen.
Der Tobi und das Bo
,
KKS
,
Taktloss
,
Too Strong
,
Tupac Shakur
und
The Notorious B.I.G.
. Vorspulen und zurückspulen. Ich schaukelte wie eine Wahnsinnige. Das Leben war zu diesem Zeitpunkt wild und meine Laune war ekstatisch. Wir feierten damals viele Sturmfreipartys in den Häusern unserer nichtsahnenden Eltern, die gerade auf Mallorca oder in Kenia irgendwas mit Erholung und Halbpension durchzogen, auf denen wir dann Lebensmittel hinter Einbauschränken versteckten und Eimer rauchten, bis wir nicht mehr laufen konnten. Es war einfach eine gute Zeit.
    An einem Sommerwochenende lud eine meiner besten Freundinnen in das elterliche Haus zu einer "kleinen" Feier ein. Jeder konnte kommen, denn es gab wie immer keinen Türsteher, sondern nur ein naives vierzehnjähriges Mädchen, das sich mit dieser Feier möglichst viele Freunde machen wollte. Am Abend fanden sich hunderte Jugendliche in dem kleinen Einfamilienhaus ein, das nur wenige Meter Luftlinie von der örtlichen Polizeistation entfernt stand. Blöderweise hatte die unachtsame Mutter der Gastgeberin die Schlüssel des silbernen
BMW
liegen gelassen und noch dümmer war vermutlich nur, dass sie sogar den silbernen
BMW
in der Einfahrt vergessen hatte.
    Wir stiegen also in das Auto. Meine Freundin drehte den Schlüssel im Zündschloss um und gab ordentlich Gas. Aber nichts passierte, außer einem Innenraum der plötzlich nach verkokeltem Gummi und jugendlicher Unvernunft roch. Aber das war kein wirkliches Event für zwei beratterte Teenies. Das Ausbleiben eines Adrenalinschubs schien uns noch mehr Antrieb zu verleihen und wir fummelten so lange an den Schaltern und Knöpfen in dem neuen Wagen herum, bis wir irgendwann doch los brausten. Hurra, wir bewegten uns! Wir heizten im ersten Gang und mit einem Bombenlärm über den großen Parkplatz vor dem Supermarkt, der sich direkt vor den Fenstern der hell beleuchteten Polizeistation befand. Die Beamten schien das aber alles gar nicht mal so zu interessieren. Was haben die sich wohl damals gedacht? Ui, da probiert mal jemand seinen Motor richtig aus. Im ersten Gang. Eine halbe Stunde. Auf dem Supermarktparkplatz. An einem Samstag nach Mitternacht. Bestimmt ist es jemand mit Führerschein. Ja, muss ja! Sonst würde er nicht mit diesem Auto fahren, denn es ist ja verboten ohne Führerschein zu fahren und deshalb muss der Fahrer bestimmt einen haben. Dann wurde weiter Kaffee getrunken.
    Während der Spritztour muss ich in ein tiefes Suffkoma gefallen sein, denn ich wurde erst spät in der Nacht auf dem bierschwangeren Sofa im Wohnzimmer wieder wach, als die aufgebrachte Großmutter der Gastgeberin die Party durch ihr Erscheinen sprengte. Sie hätte laute Musik gehört und wolle hier nur mal nach kurz dem Rechten sehen. So eine blöde Spielverderberin! Alte Menschen hatten nie Lust zu feiern und dann machten sie alles kaputt. Musik leiser! Hier wird nicht geraucht! Sofort die Schuhe ausziehen und sowieso, wir sollten gefälligst dort im Einfamilienhaus bleiben und die ganze scheiß Zerstörung aufräumen. Sonst noch Wünsche, Lady?
    Meine Freundin war schon damals der coolste Mensch der Welt und ließ sich von der Wut ihrer keifenden Großmutter keineswegs einschüchtern. Sie packte schnell, noch bevor die erboste Furie das obere Stockwerk erreicht hatte, ihr weniges Hab und Gut in einen dunkelblauen
Eastpack
Rucksack, auf den alle ihre Freunde mit
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