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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch
Autoren: Hans Rath
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nicht», antwortet sie. «Wenn es Gordon gelingt, dich in Amerika zu verklagen, dann halte ich so ziemlich alles
     für möglich.»
    |30| Ich denke kurz nach. «Könntest du vielleicht   …?»
    «…   versuchen, die Sache geradezubiegen?», ergänzt Lisa. «Klar kann ich das versuchen. Aber ich kann dir nichts versprechen.»
    «Danke.»
    «Schon gut. Ich meld mich, wenn ich was weiß.»
    Für den Moment ist meine Laune im Keller, da ich aber sowieso nichts weiter tun kann, als auf Lisas Verhandlungsgeschick
     zu vertrauen, konzentriere ich mich wieder auf den Grund meines Besuches. Ich habe einen Hund, der mich mehr kosten könnte
     als eine Ehe mit einem Topmodel. Nach Lage der Dinge brauche ich den Job als Vorstandsvorsitzender also dringend.
    Ich ziehe das Dossier hervor und lege die Fotos aufs Bett.
    Oben Elisabeth, daneben Karl, darunter deren Kinder Konstantin und Melissa. Unter Konstantin lege ich dessen Kinder Iris,
     Audrey und Alphons. Ein Bild von Timothy fehlt in meinem Dossier. Da er vermutlich mit den Geschäften der Familie wenig zu
     tun hat, kann ich ihn unter strategischen Aspekten erst mal vernachlässigen.
    Vor mir liegt nun die Familie von Beuten. Wenn ich den kleinen Alphons mal außen vor lasse, dann entscheiden sechs Leute
     darüber, ob ich den Job bekomme oder nicht. Mit Timothy wären es sieben.
    Da ich nicht davon ausgehe, dass im Hause von Beuten demokratische Strukturen herrschen, vermute ich, dass letztlich Elisabeth
     allein entscheiden wird. Vielleicht fragt sie Karl nach seiner Meinung, wenn der zwischen zwei Drinks mal eine Minute Zeit
     hat. Mit Sicherheit wird der beflissene Konstantin ein Wörtchen mitzureden haben. Und wahrscheinlich hat auch Melissas Stimme
     Gewicht. |31| Fraglich ist, ob sie sich in die Geschäfte der Familie einmischt, denn wie ich ihrem Lebenslauf entnehme, besitzt sie in
     London mehr als ein Dutzend Sportstudios. Sie hat also genug mit ihrem eigenen Unternehmen zu tun. Nebenbei bemerke ich,
     dass Melissa bei ihrem Alter gemogelt hat. Sie ist zweiundvierzig. Damit bleibt ihr deutlich weniger Zeit für die Familienplanung
     als von ihr behauptet. Ich muss höllisch aufpassen, dass ich nicht vor Ende der Woche mit ihr verheiratet bin.
    Elisabeth wird sich aus Gründen der Höflichkeit anhören, was ihre Enkelinnen von mir halten. Ob Iris und Audrey jedoch Einfluss
     auf die Entscheidung ihrer Großmutter haben, ist ebenfalls fraglich. Und was Iris von mir hält, weiß sowieso der Himmel.
     Vielleicht fungiert Timothy als eine Art neutraler Beobachter. Er kennt die Familie noch nicht so lange, außerdem ist er
     nicht in die Geschäfte der von Beutens involviert. Womöglich verspricht man sich deshalb von ihm eine möglichst objektive
     Einschätzung meiner Person.
    Je länger ich die Fotos betrachte, desto klarer wird mir, dass ich nicht die leiseste Ahnung davon habe, wie ich strategisch
     vorgehen muss. Ich brauche also einen Rat. Einen Rat von einem eiskalten Strategen. Und das heißt: einen Rat von Schamski.
     Da er nicht nur mein Freund ist, sondern außerdem mein Stellvertreter im Vorstand werden soll, kann er sich jetzt schon
     mal als Berater nützlich machen. Ich greife zum Handy, im selben Moment klopft es an der Tür. Rasch packe ich die Fotos zusammen,
     stecke sie zurück in meinen Koffer und sage: «Ja, bitte.»
    Die Tür öffnet sich, Konstantin von Beuten erscheint.
    «Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, Sie nochmal persönlich zu begrüßen, Dr.   Schuberth», beginnt er und |32| bleibt unschlüssig in der Tür stehen. «Mutter war etwas indisponiert, aber wie ich gehört habe, hat meine Schwester sich
     ja um Sie gekümmert.»
    Am liebsten wäre sie mit mir sofort nach Acapulco durchgebrannt.
    «Ja, vielen Dank», erwidere ich und bedeute Konstantin, doch bitte einzutreten.
    Er hebt abwehrend die Hand. «Danke, ich möchte Sie nicht zu lange aufhalten, Dr.   Schuberth, ich wollte mit Ihnen nur kurz die Termine für die nächsten Tage durchgehen.»
    Ich nicke und zücke meinen Terminkalender, einen Ramschartikel mit grünem Plastikeinband, den ich in einer Apotheke beim
     Kauf von Zahnpflegekaugummis geschenkt bekommen habe. Überall ragen Notizzettel aus dem Büchlein hervor, weil mir der Platz
     für Notizen im Kalender selbst nicht ausreicht. Bis vor ein paar Monaten kümmerte sich Frau Hoffmann, meine Sekretärin,
     um sämtliche Termine. Seit sie im Ruhestand ist, mache ich das selbst, allerdings mit mäßigem Erfolg. Ich
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