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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch
Autoren: Hans Rath
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simpel wie logisch an. Vielleicht sollte ich wirklich nicht versuchen, um jeden Preis eine
     gute Figur zu machen, zumal ich ja auch keine Vorstellung davon habe, wie eine gute Figur in den Augen der von Beutens aussähe.
    Da ich Schamski nicht länger als unbedingt nötig davon abhalten möchte, mit Professor Neuberger zu schlafen, mache ich es
     kurz: «Danke, Guido. Du hast mir sehr geholfen.»
    «Gern geschehen», erwidert Schamski. «Ach, und du sollst übrigens Günther anrufen.» Ich höre, wie Schamski Zigarettenrauch
     in die Luft bläst. «Und zwar über eine gesicherte Verbindung.»
    «Aha», erwidere ich tonlos. Keine Ahnung, was Günther mir damit sagen will. «Was meint er denn mit einer gesicherten Verbindung?»
    «Weiß ich doch nicht», erwidert Schamski. «Du kennst doch Günther.»
    Allerdings. Günther ist mein ältester Freund, ein herzensguter Mensch und ein begnadeter Computerfachmann. |36| Leider wird seine Herzensgüte nur noch übertroffen von seiner Naivität, weshalb Günther sich zu Zeiten des Internetrausches
     um Firmenanteile im Wert von mehreren Millionen hat prellen lassen und nun arm ist wie eine Kirchenmaus. Immerhin hat er anderweitig
     Glück gehabt. Vor ein paar Monaten ist es Günther gelungen, in den Hafen der Ehe einzulaufen. Daran habe selbst ich in schwachen
     Momenten nicht mehr geglaubt, denn Günther war Ende der Neunziger schon länger Single als Helmut Kohl Bundeskanzler. Als
     Günthers einziger und damit wichtigster Berater in Herzensangelegenheiten habe ich aber nie aufgehört, ihm Mut zu machen.
     An dem Tag, als Günther seine Auserwählte Iggy vor den Traualtar führte, fühlte ich mich deshalb ein bisschen wie Mahatma
     Gandhi, weil wir beide ähnlich lange gebraucht haben, um unsere Lieben in ein unabhängiges Leben zu führen.
    Günther und Iggy sind für ein halbes Jahr nach Kansas gezogen, wo Günther die amerikanische Regierung in Sachen Computersicherheit
     beraten soll. Angeblich hat die CIA höchstpersönlich Günther angeheuert, aber es ist gut möglich, dass er da wieder was
     falsch verstanden hat. Ich vermute, aus ganz ähnlichen Gründen möchte er jetzt nur noch über gesicherte Telefonleitungen
     kommunizieren. Ich werde ihn einfach mal auf seinem Handy anrufen, und dann wird sich ja zeigen, ob wir beide wegen Plaudereien
     am Telefon in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis landen.
    «Was gibt’s? Schamski hat gesagt, ich soll mich bei dir melden.»
    «Ist deine Leitung sicher?»
    «Günther, ich hab keine Ahnung, ob die Leitung sicher |37| ist. Ich ruf dich von meinem Handy aus an. So wie immer.»
    «Ruf mich wieder von einem öffentlichen Fernsprecher aus an», sagt Günther. Er klingt betont sachlich. «Und du musst deine
     Mails ab jetzt verschlüsseln.»
    «Günther, ich werde sicher keine Agentenausbildung machen, um mit dir übers Wetter zu plaudern. Also lass den Quatsch.»
    Indigniertes Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    «Paul, du sollst einfach nur deine Mails verschlüsseln», erwidert Günther nach einer Weile ein bisschen beleidigt. «Wo ist
     denn da das Problem?»
    «Das Problem ist, ich hab nicht die leiseste Ahnung, wie man Mails verschlüsselt.»
    «Ach so! Sag das doch! Mit Kryptographie-Programmen», erklärt Günther und klingt jetzt etwas zugänglicher. «Ich mail dir
     gleich mal eins.»
    So langsam finde ich die Unterhaltung amüsant.
    «Dann denk aber bitte dran, es auch zu verschlüsseln», sage ich.
    «Aber dann kriegst du es ja nicht auf», erwidert Günther leicht irritiert.
    Ich atme durch. «Günther, wenn uns jemand abhören will, dann hatte er dazu gerade alle Zeit der Welt. Möchtest du mir also
     nicht einfach erzählen, was los ist?»
    «Ruf wieder an, wenn die Leitung sicher ist», sagt Günther nachdrücklich.
    Dann wird das Gespräch weggedrückt.
    Während ich den Nachmittag damit verbringe, mich auf die Sitzungen im Hause von Beuten vorzubereiten, denke ich über Schamskis
     Ratschlag nach. Schließlich bin ich davon überzeugt, dass er recht hat.
    |38| Ich lasse also Anzug und Krawatte im Schrank und ziehe zum Abendessen ein legeres Hemd und eine Jeans an. Ich bin zuversichtlich,
     dass die Familie von Beuten es zu schätzen wissen wird, dass der neue Verlagsleiter ein unkomplizierter Typ ist. Ein Irrtum,
     wie ich etwas später feststelle.

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    |39| Ich finde das keine gute Idee
    Als ich die Terrasse betrete, ist die Familie bereits um den Tisch versammelt. Nur Elisabeth fehlt
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