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Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Titel: Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz
Autoren: emons Verlag
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schüttelte den Kopf.
    »Wieso denkst du überhaupt an Mord, Bernstein?«
    »Glaubst du, Serkan hat freiwillig ein nächtliches Bad genommen?«
    »Man darf nicht zu schnell schlussfolgern, sonst sieht man nur noch die Ergebnisse der eigenen Logik und nicht mehr die Dinge, wie sie sind. Es könnte ein Unfall gewesen sein.«
    »Das ist so wahrscheinlich wie ein päpstliches Bekenntnis zur Empfängnisverhütung während der Ostermesse.«
    »Aber nicht unmöglich.«
    »Glaubst du tatsächlich, der Zufall, dieser alte Schwerenöter, könnte uns den Toten in den Brunnen gelegt haben, vielleicht damit die Touristen beim Wasserzapfen eine kleine Abwechslung von ihrem Kurbetriebstrott bekommen?«
    Bernstein ging weiter auf und ab, umkreiste gezielt jede Pfütze. Plötzlich ging er tief in die Hocke, so tief, dass sein Kopf sich auf Brusthöhe mit dem Toten befand.
    Rubin ging gleichfalls in die Hocke, gleich neben Bernstein. Freitag gesellte sich zu ihnen. Rubin schärfte seinen Blick.
    »Der rechte Arm ruht auf dem Absatz des Mittelstückes, er ist ausgestreckt wie ein Zeiger. Diese Haltung ist nicht natürlich.«
    »Vielleicht will er uns etwas mitteilen, eine geheime Botschaft«, sagte Bernstein. »Stell dir vor, der Marktplatz wäre eine gigantische Uhr mit römischen Ziffern und verschnörkelten Zeigern, dann stünde der Kopf auf zwölf Uhr, die Füße auf sechs und der Zeiger der rechten Hand auf elf. Elf Uhr, das ist es! Um diese Zeit wurde die Tat verübt!«
    Rubin legte seine Stirn in Falten. »Das überzeugt mich nicht.«
    »Gut, dann eben anders: Der ausgestreckte Arm gibt uns einen Hinweis auf den Mörder: Hassan aus dem Mini-Supermarkt!«
    »Der eigene Bruder?«
    »Ja, warum denn nicht? Ich sehe schon die Schlagzeile: ›Brudermord in Bad Löwenau! Die Brüder Kain und Abel aus dem Mini-Supermarkt‹ – das könnte eine heiße Story werden!«
    Rubin beobachtete Bernstein, der begeistert und selbstzufrieden eine Siegerfaust machte. Plötzlich fragte er sich, warum sein Schulkamerad gerade jetzt, im exakt richtigen Moment, am Brunnen aufgetaucht war. War er vielleicht nur auf der Suche nach einer reißerischen Geschichte, die er in seiner nächsten Kolumne als exklusive Sensation bringen konnte?
    Bernstein erhob sich wieder aus der Hocke und streckte kraftvoll seinen Rücken. Rubin musterte ihn. Der Journalist schien gut im Training zu sein.
    Rubin löste sich gleichfalls aus der Hockstellung, aber weit weniger mühelos. Seine Knie machten beim Aufrichten ein Geräusch wie zerbrechendes trockenes Holz. Sie mussten beide grinsen.
    Endlich überquerten Peng Ching und Polizeiobermeister Schwarze mit einer Bahre den Marktplatz.
    Rubin betraute Schwarze mit der Aufgabe, die Leiche aus dem Brunnen zu bergen. Der Polizeiobermeister fragte verwirrt, ob man nicht zunächst die Spurensicherung abwarten und die Obduktion der Gerichtsmedizin überlassen sollte. Schließlich entspreche das den Vorschriften.
    Doch Rubin antwortete: »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Also bitte!«
    Rubin beobachtete genüsslich, wie Schwarze Schuhe und Socken auszog, die Hosenbeine hochkrempelte und missmutig in den Brunnen stieg.
    Hinter dem Absperrband hatte sich jetzt der Rest der Schaulustigen versammelt, die beim Anblick des Polizisten unruhiger und lauter wurden. Ein leichtes Entsetzen machte sich breit: Es war nach dem toten Serkan und dem gewissenhaften Peng Ching nun schon die dritte Entweihung des kostbaren Heilwassers.
    Rubin konnte sich ein innerliches Grinsen nicht verkneifen. Er nahm mit diesem außergewöhnlichen Bergungsauftrag insgeheim Rache an seinem Kollegen. Ihm war sehr wohl bewusst, dass Schwarze bei dem morgendlichen Scherz, der neben einer Platzwunde auf der Stirn ein leichtes Schädelbrummen bei Rubin hinterlassen hatte, nicht nur die Rolle des unschuldigen Zuschauers innegehabt hatte.
    Schwarze machte eine Miene wie jemand, der gerade in eine bittere Zitrone gebissen hat. Zunächst versuchte er, den toten Serkan von vorne unter den Armen zu fassen, ließ ihn aber erschrocken wieder ins Wasser zurückfallen.
    Er war offenbar nicht darauf vorbereitet gewesen, plötzlich Auge in Auge mit einem Toten zu sein.
    Die Leiche Serkans rutschte vollständig unter Wasser.
    »Du solltest ihn besser von hinten packen!«, rief Jana Cerni.
    Schwarze beugte sich vor, um die Leiche im Wasser zu drehen.
    Nach einigen Fehlversuchen bekam er, mittlerweile völlig durchnässt, Serkan tatsächlich von hinten unter den Armen zu fassen. Mit
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