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Da haben wir den Glueckssalat

Da haben wir den Glueckssalat

Titel: Da haben wir den Glueckssalat
Autoren: Gemma Burgess
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VP für Konzepte und Gastronomie sowie die jeweiligen VP s für Hotel- beziehungsweise Restaurantgewerbe.« Ich weiß nicht einmal, wofür die meisten Abkürzungen stehen. » Okay, ich hole uns einen Kaffee. Möchten Sie einen Milchkaffee? Fein.«
    Während Lina aus dem Raum flitzt, starre ich ausdruckslos vor mich hin. All diese wichtigen Leute. Die ganze Erfahrung, die ganze Kompetenz.
    Und ich.
    Mein Mund ist so trocken, dass ich nicht schlucken kann, mein Brustkorb schnürt sich zusammen, als würde mich etwas zerdrücken, o Gott, warum heißt das eigentlich nicht Schmerzattacke statt Panikattacke, wenn es so wehtut…
    Ich muss mich übergeben.
    Irgendwie schaffe ich es gerade noch rechtzeitig quer durch den Raum zum Papierkorb und fange an zu würgen. Kaffee schmeckt rückwärts nicht so doll. Dann rutscht ein nicht besonders gut gekautes Bagelstück an der Plastiktüte herunter, mit der der Papierkorb ausgekleidet ist.
    Ich richte mich auf und zwinge mich, tief durchzuatmen. Ich werde nicht umkippen. Ich werde nicht Linas Vertrauen in mich enttäuschen. Ich werde nicht versagen.
    Ich schaffe das.
    Ich nehme eine Wasserflasche aus meiner Handtasche, spüle mit einem Schluck den Mund aus und spucke dann in den Korb, wobei ich mich im Geiste bei dem armen Hausmeister entschuldige, der sich darum kümmern muss. Dann schiebe ich mir rasch sechs Stück Kaugummi in den Mund.
    Wenige Sekunden später, gerade als ich wieder auf meinem Stuhl Platz genommen habe und versuche, einen gelassenen Eindruck zu machen, kehrt Lina mit dem Kaffee zurück.
    » Okay«, sagt sie. » Wir werden für Sie ein grobes Manuskript zusammenstellen, an dem Sie sich orientieren können, und ich werde Ihnen hinterher bei den Fragen und Antworten helfen. Das ist einfach. Das können Sie im Schlaf. Okay?«
    » Okay«, sage ich. » Dann mal los.«

33
    Knapp eine Stunde später habe ich das Gefühl, gerade einen Crashkurs im Einmaleins der Business-Präsentationen gemacht zu haben.
    Zappeln Sie nicht herum. Legen Sie den Stift weg.
    Stehen Sie gerade. Schwanken und wackeln Sie nicht herum wie ein betrunkener Seemann.
    Sehen Sie allen in die Augen, einem nach dem anderen, langsam und fest.
    Seien Sie selbstbewusst genug, eine Pause zu machen. Sie brauchen sich nicht zu beeilen: Jeder ist an jedem einzelnen Wort interessiert, das Sie sagen.
    Reden Sie lauter … Nein, nicht gleich schreien.
    Hören Sie auf, an Ihren Haaren herumzuspielen. Das lenkt nur ab.
    Zeigen Sie mehr Enthusiasmus … Okay, jetzt erinnern Sie eher an einen Cheerleader.
    Lächeln Sie. Sie sollen den Eindruck vermitteln, dass Sie sich wohlfühlen … Nicht so. Sie sind hier nicht bei einem Schönheitswettbewerb.
    Lina ist so streng mit mir, dass ich kurz davor stehe, alles hinzuwerfen, aber ich mache weiter. Ich schaffe das. Auch wenn ich herumstammle und vor Panik meine Magensäure hochsteigt und ich meine Sätze in einem superleise geflüsterten, hilflosen Nichts ausklingen lasse, mache ich weiter.
    Um zehn vor vier gibt Lina mir die Namen und eine kurze Beschreibung von allen. Ken. Charlie. Judy. Louis. George. Cassandra. Mike. Jennifer. Die kann ich mir unmöglich alle merken… Dann bombardiert sie mich wahllos mit unglaublich schwierigen Fragen. Ihre aggressive Trainingsstrategie geht auf: Ich bin tougher und selbstbewusster, als ich mich jemals gefühlt habe. Es hat den Anschein, als würde Lina viel Aufwand betreiben für einen kleinen Food Truck, für den sie ihre Firma als Sponsor gewinnen möchte. Aber ich habe nicht vor, mich zu beschweren.
    Dann machen wir uns auf und fahren hoch in die dreiundvierzigste Etage, wo alle schon im großen Konferenzraum warten. Lina geht zuerst hinein, gefolgt von mir.
    Ich sage » Raum«. » Amphitheater« wäre wohl zutreffender.
    Der Konferenzraum ist viermal so groß wie das gemütliche Besprechungszimmer, in dem wir geübt haben. An dem langen Konferenztisch hätten fünfzig Leute Platz. Vitrinen mit Auszeichnungen säumen eine Wand. Die andere Seite ist komplett verglast, von der Decke bis zum Boden, mit Blick auf Manhattan. Ich versuche, nicht mit offenem Mund zu staunen, und konzentriere mich darauf, einen selbstsicheren Eindruck zu machen.
    Am anderen Ende der Tafel sitzen acht Männer und Frauen, die gerade Kaffee und Gebäck serviert bekommen haben. Sie tragen alle Anzüge und sind zwischen vierzig und diesem seltsamen Großstadtalter um die sechzig, das in Wirklichkeit auch um die achtzig sein könnte, um das jedoch immer
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