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Cut

Cut

Titel: Cut
Autoren: Amanda Kyle Williams
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ein.
    Aber heute war Rauser nicht wegen des Kaffees gekommen. Er hatte etwas auf dem Herzen. Ich sah, wie er an seiner Unterlippe nagte, als er sich einen Becher einschenkte. Ohne Jackett, mit dem Schulterholster über einem schwarzen T-Shirt , unter dem sich sein Bizeps abzeichnete, und den grauen Hosen sah er nicht übel aus. Ich betrachtete ihn mit Wohlgefallen, solange er mich nicht anschaute. Rauser war kein glatter, aber ein ziemlich gutaussehender und männlicher Typ, der sich jeden Morgen bis zum Schlüsselbein hinunter rasieren musste. Eher Tommy Lee Jones als Richard Gere.
    Als Rauser die übriggebliebenen Feigen entdeckte, sah er mich fragend an und aß sie dann alle auf. Die Lust auf Süßes war nur eine Eigenschaft, die wir teilten.
    Er holte sich noch einen Kaffee aus der Küche, die im Grunde nur eine Ecke des umgebauten Lagerhauses war, eine Nische mit den nötigen Geräten, einer Spüle und roten Marmorplatten. In dem weiten, offenen Raum direkt dahinter waren große, bauschige Sitzelemente aus Leder strategisch angeordnet, dazu Lederwürfel in Rot, Lila und Minzgrün. Die Wände waren in einem hellen Salbeiton gestrichen, die längste und freistehende Wand war jedoch dunkelgrün und in der Mitte mit einer grellhellgrünen Linie verziert, einer Mischung aus Blitz und EK G-Kurve . Ich hatte die Gestaltung einer Innenarchitektin mit gutem Ruf anvertraut, eine fragwürdige Entscheidung, wie ich später dachte.
    «Fehlt nur noch ein rosaroter Dinosaurier!», lautete meine erste Reaktion, als ich unser fertiges Loft zum ersten Mal sah. Die Innenarchitektin stand, eine Hand in die Hüfte gestemmt, vor ihren ehrfurchtsvoll aufgereihten Untergebenen und erklärte mir alles sehr ausführlich und mit zusammengebissenenZähnen, so als wäre ich unfähig zu erkennen, wie modern und aufregend ihre Gestaltung war. Gut. Meinetwegen. Ich mag es modern und aufregend. Hey, ich hatte eine Menge Geld ausgegeben, um von ihr ins 21.   Jahrhundert katapultiert zu werden, und, bei Gott, ich würde es zu schätzen wissen. Ein breiter Flachbildfernseher, der sich bei Bedarf aus seiner Halterung heruntersenkte, war mein Highlight. Er begeistert mich immer wieder. Neil, Rauser, ich, Diane und manchmal auch Charlie haben hier schon einige Abende verbracht und Spiele oder Filme geschaut. Oder Kicker gespielt an einem Tisch, den Neil extra bestellt hatte. Allerdings musste er dann jemanden zum Zusammenbauen engagieren. Wir waren uns bei dem Versuch zweimal in die Haare geraten, ehe uns klarwurde, dass uns schlicht das Werkzeug dazu fehlte. Das verfluchte Ding war in bestimmt fünfhundert Einzelteilen geliefert worden.
    Rauser kam zu uns zurück, blies den Dampf von seinem Kaffee und beobachtete uns mit hochgezogenen Augenbrauen. Neil und ich alberten gerade herum, und das schien ihn zu ärgern.
    «Ja», sagte er, laut genug, um uns zu unterbrechen. «Die intellektuelle Stimulation hier, genau deswegen komme ich so gerne her.»
    «Warum bist du sonst hier?», fragte Neil grinsend.
    «Um zu sehen, ob du genauso gut Schwanz lutschen kannst wie Kaffee kochen», entgegnete Rauser.
    «Das hättest du wohl gern», meinte Neil, ohne Rauser anzuschauen. Er war auf seinen Bildschirm konzentriert, auf dem ein Durcheinander aus Buchstaben, Zahlen und Zeichen zu sehen war. Vielleicht hackte er sich gerade bei der CIA ein, jedenfalls hatte er das schon einmal getan und dabei das Wort
Intelligence
in ihrem Logo durch ein anderes ersetzt, das ihm besser gefiel.
    Er drehte seinen Stuhl herum, verschränkte die Arme und musterte Rauser einen Moment. «Ich habe heute Morgen übrigens ein leichtes Halluzinogen in den Kaffee getan.»
    Neil und Rauser schienen sich ständig in einer Art Wettstreit zu befinden. Da meine Anwesenheit das nur zu verschlimmern schien, drehte ich mich zu meinem Büro um, bevor die beiden aufeinander losgingen. Ich hatte Arbeit zu erledigen, aber Rauser war mir sofort auf den Fersen.
    Er folgte mir in die linke hintere Ecke des Lagerhauses, die mein Büro ist. Es hat weder Wände noch sonst irgendwelche Abgrenzungen, hinter denen man seine Ruhe hätte. O nein, das wäre zu einfach gewesen. Stattdessen hatte die Innenarchitektin einen riesigen Drahtzaun aufstellen lassen. Er ist ungefähr drei Meter hoch und wird von dunkelblauem Licht angestrahlt, sodass man sich an Ostberlin zu Zeiten des Kalten Krieges erinnert fühlt. Wirklich etwas Besonderes und, das muss ich zugeben, auf eine abstruse Art schön.
    Rauser knallte seinen
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