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CUT

CUT

Titel: CUT
Autoren: Juan Santiago
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Alle sehen zu, wie Jeremy
danach aufsteht und gen Dusche wankt. Sie nehmen an, dass er anschließend
schlafen gegangen ist, weswegen keinem auffällt, dass er nicht zurückkommt.
Nach einer Weile gehen auch sie ins Bett und genießen die Ruhe der viel zu
kurzen Nacht. Am nächsten Morgen soll es laut Drehplan um elf Uhr mit einem
gemeinsamen Frühstück losgehen.
     
    Die Nacht ist allerdings schon um viertel
nach acht abrupt zu Ende, als Kevin Wolf mit seinen Fäusten an Stevies Tür
hämmert. Als dieser öffnet, steht Kevin todesbleich vor ihm und kann seine
Worte kaum sortieren.
    „Du... ich... Du... dieser... ach,
verdammt!“, stößt er hervor und beginnt hysterisch herum zu brüllen. Aus dem
oberen Stockwerk ist ein metallisches Kreischen zu hören. Vermutlich hat
Violette soeben das Gleiche gesehen wie Kevin Wolf.

Kapitel 2
     
    Polizeimeister Vaupel ist nicht
begeistert davon, sein Frühstück unterbrechen zu müssen, aber der Ton der
Kriminalkommissarin war deutlich. So verzichtet er heute darauf, wie gewohnt
seine Frikadelle schon in der Metzgerei zu verzehren, sondern lässt sich von
Frau Becker lieber ein deftiges Lunchpaket zusammenzupacken. Dann fährt er in
die ihm bereits sattsam bekannte Villa, in der gestern „de Jung“ gestorben ist,
und in der heute Morgen irgendwann gegen acht Uhr der nächste Tote entdeckt
wurde. Kriminalkommissarin Klara Werthmann ist bereits vor Ort, die
Spurensicherung hat sie gleich aus Saarbrücken mitgebracht. Was sie von
schwulen Pornoproduktionen hält, hat sie Stevie ebenfalls gleich klargemacht:
Nichts. Von Schwulen hat sie ohnehin genug. Nach der Aufklärung einer Mordserie
unter Schwulen in Frankfurt musste sich sie einer stationären psychiatrischen
Therapie unterziehen, weil ihr Nervenkostüm nicht mehr mitgemacht hat. Daher
hat sie sich nach Saarbrücken versetzen lassen, wo ihr Vater lebt, und wo sie
weniger Stress hat. Und ausgerechnet jetzt sterben schon wieder Schwule in
ihrer Nähe - und es ist ihr Fall.
     
    Nach einer eher missglückten Vernehmung
der Maskenbildnerin und des coolen Kevin Wolf, der in Wirklichkeit ein Student
namens Sebastian Heinrich ist, und der kriminaltechnischen Untersuchung des
Todes von Jeremy Sweet alias Philipp Stern, der tot in der Dusche lag, ist sie
mehr als geneigt, seinen Tod als Unfall zu werten und stattdessen dafür zu
sorgen, dass die Schwulen schnellstmöglich verschwinden, um sie nicht in Gefahr
zu bringen, schon wieder in unerklärliche Todesfälle unter Schwulen verwickelt
zu werden.
     
    „Also, ist ja eigentlich klar“,
schwadroniert die Werthmann.
    „Dieser Stern ist in der Dusche
ausgerutscht - kein Wunder bei dem Saufgelage, das die gestern hier
veranstaltet haben müssen - und ist mit dem Kehlkopf am Duschschlauch hängen
geblieben, wo er sich den Kehlkopf in den Hals gedrückt hat und daran erstickt
ist. Beim Todeskampf hat er sich dann im Schlauch verheddert. Armer Junge“, stellt
sie fest und scheucht die Spurensicherer aus der Villa. Dann geht sie zu
Stevie.
    „Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Packen
Sie Ihre Sachen und verschwinden Sie hier! Umgehend!“, fährt sie ihn an.
    „Das wäre ja noch schöner!“, erwidert
Stevie, der überhaupt nicht begeistert wirkt.
    „Was glauben Sie, wie viel Geld mich
diese Produktion kostet? Da fahre ich nicht einfach wieder weg.“
    „Das war der zweite Unfall in 24
Stunden... wie viele Crewmitglieder wollen Sie noch mit nach Hause nehmen?“,
ruft sie wütend. Fehlt nur noch, dass sie mit ihrem Schuh aufstampft, weil sie
ihren Willen nicht kriegt.
    „Was ich will und was ich bekomme, sind
mittlerweile zwei Paar Schuhe“, regt Stevie sich auf.
    „Mit nach Hause nehmen wollte ich sie
alle!“.
    „Wie sieht’s eigentlich mit Ihren
Finanzen aus? Können Sie denn die Gagen bezahlen?“, erkundigt sich die
Werthmann mitfühlend.
    „Klar kann ich die Gagen bezahlen. Ich
kann mir ja auch das Haus hier leisten“, antwortet Stevie misstrauisch.
    „Gut, dann denken Sie an meinen Rat - und
lassen Sie die Finger weg von irgendwelchen krummen Sachen, das rate ich
Ihnen... Ich meine es ja nur gut mit Ihnen, junger Mann“, verabschiedet sich
die Kommissarin.
    „Wissen Sie, Frau Werthmann, wenn ich
Wert auf unqualifizierte Ratschläge lege, komme ich auf Sie zurück“, sagt
Stevie mit einem hyperfreundlichen Lächeln. Die Kommissarin läuft rot an,
verabschiedet sich mit einem knappen Nicken und stapft wütend aus dem Haus, irgendetwas
von „das muss ich mir nicht
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