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CUT

CUT

Titel: CUT
Autoren: Juan Santiago
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erhält, weiß er nicht, nicht umsonst wird in dieser Firma nie über Geld
gesprochen. Also zieht er Charles ordentlich durch. Dieser beginnt zu stöhnen,
und nach ein paar tiefen Stößen schreit Charles vor Lust. So wundert es keinen,
dass Charles nach ein paar weiteren Stößen seine Atmung nicht mehr unter
Kontrolle bekommt und nach Luft schnappt. Dass er plötzlich zu krampfen
beginnt, merkt auch Raffael erst, als Charles blau anläuft und nicht mehr
stöhnt, sondern unkontrolliert zuckt. Noch während Stevie nach einem
Krankenwagen telefoniert, stirbt Charles auf dem Beckenrand.
     
    Die herbeigerufene Polizei entpuppt sich
schon bald als gewöhnungsbedürftig. Polizeimeister Bernhard Vaupel ist ein
zirka fünfzigjähriger, untersetzter Mann mit grauem Haarkranz, dessen
Aufklärungsquote in Steinwalden nahezu einhundert Prozent beträgt. Das ist auch
kein Wunder, wenn man davon ausgeht, dass in diesem kleinen Ort mitten in einem
verschlafenen Hochtal im Herzen des Saarlands, sämtliche Verbrechen in 2005 aus
einem verschwundenen Kasten Bier im örtlichen Supermarkt, dem verlorenen Pudel
der Gattin des Grundschullehrers Hannemann und einem Benzindiebstahl an der
Esso in der Saarbrücker Straße bestanden. Ansonsten ist hier tote Hose, und es
ist nur der Sicherheitspolitik des Saarbrücker Innenministers zu verdanken, dass
der Polizeiposten Steinwalden nicht schon längst geschlossen ist. Außer
Bernhard Vaupel ist heute noch genau ein Polizeianwärter im Dienst, ein
gewisser Andreas Michael, der aber in der Wache am Telefon geblieben ist. Wenn
es sich um einen größeren Einsatz handelt, so muss Vaupel Verstärkung aus der
zehn Kilometer entfernten Kreisstadt herbeitelefonieren. Aber das scheint heute
nicht nötig zu sein, denn der ebenfalls aus der Kreisstadt erschienene Notarzt
hat soeben den Tod von Rudolf Oliver alias Charles Olivier festgestellt. „Herzversagen“
steht in seinem Bericht, also handelt es sich wohl um einen tragischen Zufall.
     
    Vaupel ist auch weniger an der Tatsache
interessiert, dass ein junger Mann auf dem Beckenrand eines Pools an einer
Herzschwäche gestorben ist, sondern vielmehr daran, was diese vielen jungen,
teilweise nur mit einem Handtuch bekleideten Männer an einem warmen
Junivormittag ausgerechnet in Steinwalden tun - und wofür man dafür drei
Kameras braucht. Deswegen macht er sich auf die Suche nach dem Verantwortlichen
und findet  diesen in Stevie Rumble, der vor einem geöffneten Koffer sitzt und
in irgendwelchen Papieren kramt.
    „Guten Tag, mein Name ist Vaupel, ich bin
hier der Dorfpolizist“, biedert er sich an.
    „Angenehm, Scott“, antwortet Rumble.
    „Ich han emol ene Fraach“, verfällt
Vaupel fast umgehend in den Slang der Steinwaldener.
    „Wat san Se eigentlich? Ene Jugendgrupp?“
    „So in etwa... wir sind hier für
Filmaufnahmen“, erklärt Rumble.
    „Wat für en Film machen Se denn? Ene
Krimi?“, fragt Vaupel interessiert nach. Klar, der freitägliche Tatort ist
Pflichtprogramm für den allein stehenden Polizeimeister.
    „Wir sind eine
Hardcore-Porno-Produktionsfirma“, lächelt Rumble. Vaupel schaut sich verdattert
um. In genau diesem Moment kommt Violette ins Zimmer, die Maskenbildnerin der
Firma, die genauso breit wie hoch ist und deren Körbchengröße irgendwo zwischen
„E“ wie „Euter“ und „Z“ wie „Zeppeline“ variiert. Ihr „Guten Morgen“ klingt wie
eine Mischung aus verrosteter Kreissäge und Fran Drescher. Vaupels Blick
wandert von Rumble zu Violette und wieder zurück. Dann räuspert er sich.
     
    „Ahja, enee, ja so iss des halt“, gibt er
von sich.
    „Han se nur die ee Fraa debei? Iss des
net e bissel wenich?“, staunt Vaupel.
    „Glauben Sie mir, die reicht völlig“,
erwidert Rumble grinsend.
    „Haja gut, sachen Se mol, Fraa, wo warn
Se denn, als der Jung gestorben iss?“, fragt Vaupel. Eigentlich eine sinnlose
Frage, aber gut. Violette schaut ihn erstaunt an.
    „Ich habe telefoniert“, antwortet sie
ihm.
    „Un da iss de Jung einfach so gestorben? Hajo,
iss ja schun Sommer. Gut, dann han Se ja noch genuch Jungs für de Fraa, kann
aber sin, dass de Kripo noch Fraache han, mir han hier ene Neue aus Frankfurt,
des iss en strenges Frolleinsche, des kann ich Ihne saache“, plaudert Vaupel
aus dem Nähkästchen, während er seine Dienstmütze in der Hand hin und herdreht.
Violette stemmt ihre Hände in die Hüften, sofern sie drankommt.
    „Was denn für eine Frau, und was soll die
Frau mit den Jungs
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