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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: Elizabeth Corley
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weniger weiten Umkreis auf.«
    Sie spürte ein ganz leichtes Zittern in der Kehle. Trotz ihrer Therapie kam jetzt der schwierigste Teil der Aussage. Erinnerungen an den Angriff holten sie im Schlaf ein, lösten lebhafte Albträume aus, in die sich Bilder von seinen anderen Opfern mischten. Sie verlor den roten Faden und wartete auf die nächste Frage.
    »Sie haben eine auffällige Ähnlichkeit mit den Opfern der Angriffe, die Sie als Polizistin untersuchten. Hat Sie das besonders beunruhigt?«
    »Nein.«
    Nightingale spürte, dass er seine Taktik änderte. Vielleicht war Stringer nicht sicher, ob er die Geschworenen davon überzeugen konnte, dass die Polizei seinen Mandanten mit THE GAME zu einer Straftat anstiften wollte, deshalb würde er jetzt ihre Darstellung der versuchten Vergewaltigung in Zweifel ziehen. Vor diesem Augenblick graute ihr. Abgesehen von dem Polizeibericht über den Überfall auf sie und den Spuren, die unter ihren Fingernägeln gefunden worden waren, gab es keinerlei Sachbeweise. Der Vergewaltiger hatte an seinen Opfern niemals Sperma, Speichel oder auch nur ein Haar hinterlassen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung, die wie geleckt gewesen war, hatte die Spurensicherung weder Fingerabdrücke noch irgendetwas gefunden, das ihn mit den Straftaten in Verbindung gebracht hätte. Angesichts der schlechten Beweislage hatte die Staatsanwaltschaft beschlossen, die Anklage auf drei Vergewaltigungen zu konzentrieren, die nach der gleichen Methode abgelaufen waren wie der Angriff auf Nightingale. Vier weitere, einschließlich einer, bei der das Opfer zu Tode gekommen war, waren vorläufig auf Eis gelegt worden. In diesen Fällen waren die Frauen bei sich zu Hause, nicht im Freien, überfallen worden, und keine von ihnen hatte den Angeklagten bei einer polizeilichen Gegenüberstellung wiedererkannt.
    »Kommen wir auf den ›Angriff‹ zu sprechen, bei dem der Angeklagte übrigens nicht unerhebliche Verletzungen davongetragen hat. Ist es richtig, dass Sie auf den Angeklagten zugegangen sind und ihn zu einer Umarmung ermuntert haben, um ihn dann mit körperlicher Gewalt zurückzuweisen?«
    »Nein, das ist nicht richtig.«
    »Treiben Sie regelmäßig Sport?«
    »Wie bitte?« Sie war perplex über die Frage. Er wiederholte sie knapp. »Ich jogge.«
    »Haben Sie Selbstverteidigungskurse besucht?«
    »Nur im Rahmen der Polizeiausbildung.«
    »Aber Sie sind fit und kräftig, nicht wahr? Durchaus imstande, es mit einem Mann im Kampf aufzunehmen.«
    Er versuchte, sie zu provozieren, und wenn sie emotional reagierte, würde er das zu seinem Vorteil ausnutzen. Der Gedanke machte sie wütend, aber dadurch wurde ihr Verstand geschärft und jedes aufwallende Gefühl unter die Oberfläche gedrängt.
    »Ich habe den Angeklagten nicht angegriffen. Er hat mich angesprungen und zu Boden gerissen. Es gibt Beweise dafür, dass er mir in den Büschen aufgelauert hat.«
    »Wie groß sind Sie?«
    »Einen Meter achtundsiebzig.«
    »Wie viel wiegen Sie?«
    »Das weiß ich wirklich nicht.«
    »Ach, kommen Sie, Sergeant, alle Frauen kennen ihr Gewicht bis aufs Gramm genau.«
    »Ich nicht.«
    »Verstehe.« In seinem Tonfall schwang mit, dass sie der Frage ausweichen wollte.
    »Würden Sie den Angeklagten bitte anschauen.«
    Nightingale leckte sich die trockenen Lippen. Sie hatte seinen Blick die ganze Zeit gemieden. Mit einer leichten Drehung des Kopfes richtete sie die Augen auf die Brust des Angeklagten. Sein Kinn und sein Mund waren genau am oberen Rand ihres Gesichtsfeldes, und sie senkte den Blick noch ein wenig.
    »Wie groß würden Sie ihn schätzen?«
    Riesengroß, dachte sie. »Ich weiß nicht.«
    Wieder ein ungehaltenes Seufzen.
    »Er ist einen Meter fünfundsiebzig, kleiner als Sie.« Er machte eine bedeutungsschwangere Pause. »Wohl kaum ein unbezwingbarer Gegner für eine durchtrainierte, groß gewachsene Frau wie Sie.«
    »Wenn man auf dem Boden liegt, mit einem Messer an der Kehle, sehen alle Männer groß aus … Sir.« Einige Frauen auf der Geschworenenbank nickten verständnisvoll, und Nightingale nutzte ihren Vorteil weiter aus. »Und ich befand mich nicht gerade in einem geeigneten Zustand, um ihn anzugreifen. Ich hatte eine Gehirnerschütterung – die Röntgenbilder zeigen eine schwere Prellung an meinem Hinterkopf«, sie spürte wieder das Knacken im Kopf, als sie auf die Steine aufgeschlagen war, »ein verstauchtes Handgelenk und eine ausgekugelte Schulter, Blutergüsse im Gesicht und an den Oberschenkeln«, er
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