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Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Titel: Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)
Autoren: Kera Jung
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geschwächten Zustand.
    Keine vier Stunden später hielt er das unscheinbare Fläschchen mit dem künstlichen Schlaf in der Hand.
    Es kostete ihn ein müdes – oh ja, ein äußerst müdes – Lächeln, das Geknurre des DS zu ignorieren. Der hatte seine Schwierigkeiten nie ernst genommen, schimpfte ihn einen Schlappschwanz, wann immer Andrew drohte, an seiner Müdigkeit zu zerbrechen. Doch er half ihm auch nicht und er litt auch nicht darunter.
    Andrew schon. Und so legte er sich am kommenden Abend, nachdem er zwei von den winzigen Tabletten geschluckt hatte, um Mitternacht erwartungsvoll in sein Bett.
    Er schlief sofort ein. Das war nicht verwunderlich.
    Das Erwachen hingegen schon.
    Als er siegessicher auf die Uhr blickte, zeigte die 2:05 am. Satte zehn Minuten weniger Schlaf, als er ohne das Mittel hinbekommen hätte.
    Das war der erste Schock. Es blieb nicht der Einzige:
    Denn auch wenn die starken Präparate ihm keinen Schlaf bescherten, sorgten sie dennoch für anhaltende Müdigkeit. Also nicht die, die Andrew seit etlichen Jahren gewöhnt war. Jetzt endlich ahnte er, wie die Antwort auf die Frage lautete, die er sich vor so vielen Jahren stellte:
    Es ging noch müder. Sogar noch viel, viel müder.
    In Wahrheit konnte man so müde sein, dass alles, was man bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte, einem wahrem Spaziergang glich. Inzwischen gelang es Andrew kaum noch, den Kopf zu heben. Wie in Trance schleppte er sich durch den Tag. Kaum war er unbeobachtet, lag sein Schädel entweder in den Händen oder gleich auf der Tischplatte. Er arbeitete nicht mehr, trainierte nicht mehr, lernte nicht mehr, aß nicht mehr. Andrew tat überhaupt nichts mehr.
    Und er überhörte das Gebrüll des DS, das ohnehin immer verhaltener wurde.
    Trotzdem sich die Lage mit jedem neuen Erwachen zuspitzte, hielt Andrew eine ganze Woche durch, bevor er die Schlaftabletten in seinen Badschrank verbannte und nie wieder ansah.
    Diesen einzigen Ausflug in die Welt der Drogen behielt er in bleibender, negativer Erinnerung. Er beseitigte jedoch auch die letzte Hoffnung, sich irgendwann einmal aus der Falle seiner Schlaflosigkeit befreien zu können. Weitere zwei Wochen benötigte er, um wieder halbwegs körperlich auf den altbewährten Stand zu gelangen. Während dieser Zeit strafte der DS ihn mit Nichtachtung.
    Andrew ertrug seine Strafe wie ein Mann, auch wenn ihm die Zeit ohne seinen Ratgeber verdammt zusetzte.
    Er wusste, wann er Abbitte zu leisten hatte.

10.
    Noch in einer anderen Angelegenheit setzte Andrew seinen Kopf durch.
    Diesmal nachhaltig. Wenn sich auch dies zunächst als Fiasko herausstellte.
    Frauen.
    Er mochte sie. Das ging ihm bereits mit vierzehn auf. Doch mit Hilfe des DS gelang es ihm noch zwei weitere Jahre erfolgreich, das weibliche Geschlecht zu ignorieren.
    Dann offenbarte ihm ausgerechnet die Frau des Gemeindepfarrers eine Seite des Lebens, die ihm bis dato völlig fremd gewesen war.
    Sex.
    Es war nicht sein Verhältnis zu ebenjener Dame, das dafür sorgte, dass die Geschichte beinahe in einer Katastrophe endete, sondern das Verhalten dieser Frau danach . Denn sie hielt sich nicht an die Regeln.
    Andrew, der bereits nach kurzer Zeit begriffen hatte, wie interessant die Angelegenheit war, pflegte dieses Hobby mit beiläufigem Interesse und totaler Emotionslosigkeit. Er konnte dabei vergessen, selbst seine Müdigkeit – wenn auch nur für einige, selige Minuten. Im Grunde interessierte ihn die Identität seiner Partnerin nicht, solange sie nur hübsch war und sich bei Andrews Wünschen kooperativ zeigte. So verhielt es sich auch bei seinem ersten Verhältnis.
    Magdalena – die Pfarrersgattin, ja, er fand sogar Zeit, einmal trocken aufzulachen - beging jedoch den Fehler und verliebte sich in den damals sechzehnjährigen, völlig unerfahrenen Jungen. Andrew, nun, es war der DS, um bei der Wahrheit zu bleiben, erkannte die Gefahr leider zu spät. Denn als er sich von ihr zurückzog, war sie bereits der felsenfesten Überzeugung, ihren Mann zu verlassen und mit Andrew zur Not nach Australien auszuwandern, um dort mit ihm ein neues Leben aufzubauen.
    Er versuchte sie abzuschütteln, was sich leider als gar nicht so einfach herausstellte, denn sie stalkte ihn nach allen Regeln der Kunst. Mit jedem Tag, den er ihrem Drängen nicht nachgab, wurde sie aufdringlicher. Mehr und mehr ähnelte ihr Verhalten dem einer geistig verwirrten Person.
    Sie lauerte ihm an der Schule auf, rief zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten in
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