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Cotton Malone 04 - Antarctica

Cotton Malone 04 - Antarctica

Titel: Cotton Malone 04 - Antarctica
Autoren: Steve Berry
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nicht zu schätzen.
    »Schwere Entscheidung, Charlie? Bisher haben Sie immer selbst bestimmt, wann Sie töten wollten. Es war Ihre Entscheidung. Aber diesmal nicht.«
    »Seien Sie sich da nicht so sicher. Gehen Sie wieder da rüber.«
    Sie tat wie geheißen, konnte der Versuchung aber nicht widerstehen. »Und wer hat Ramsey weggeschleppt?«
    »Halten Sie endlich Ihre verdammte Klappe«, sagte Smith und warf weiter kurze Blicke aus dem Fenster.
    »Ich lass ihn nicht weg«, knurrte Davis.
    McCoy wälzte sich auf den Rücken, und Stephanie sah den Schmerz im Gesicht ihrer Kollegin.
    Mantel … tasche, formte McCoy lautlos mit den Lippen.
     
    Malone stieg die Stufen auf der anderen Seite des Portals hinunter und fühlte sich dabei, als ginge er zu seiner eigenen Hinrichtung. Angstschauer liefen ihm den Rücken hinunter, was für ihn ganz untypisch war.
    Unten erstreckte sich eine riesige Höhle, deren Wände und Decke zum größten Teil aus Eis bestanden und das vertraute bläuliche Licht auf einen orangefarbenen U-Boot-Turm warfen. Der Rumpf war kurz, abgerundet und oben mit einem flachen Aufbau versehen. Das ganze Boot war von Eis überzogen. In einem Bogen von der Treppe bis zur anderen Seite der Höhle zog sich in knapp zwei Meter Höhe über dem Eis ein gekachelter Steg.
    Es musste sich um eine Art Werft handeln.
    Vielleicht hatte sich dieser Hafen ja einmal zum Meer hin geöffnet?
    Eishöhlen gab es in der ganzen Antarktis, und diese hier war lang genug, um Platz für viele U-Boote zu bieten.
    Von einem gemeinsamen Impuls getrieben gingen Malone und Dorothea los. Sie hielt ihre Waffe in der Hand und er ebenfalls, auch wenn im Moment nur sie selbst noch eine Bedrohung füreinander darstellten.
    Der felsige Teil der Höhlenwand war glatt poliert und wie die Felswände zuvor mit Symbolen und Schrift bedeckt. Am Fuß der Wand standen Steinbänke. Auf einer davon saß eine dunkle Gestalt. Malone schloss die Augen und hoffte, dass es sich nur um eine Erscheinung handelte. Doch als er sie wieder aufschlug, war die unheimliche Gestalt immer noch da.
    Wie die anderen saß sie aufrecht mit geradem Rücken da. Der Mann trug ein khakifarbenes Navy-Hemd, die Hose steckte unten in Schnürstiefeln und auf der Bank neben ihm lag eine orangerote Kappe.
    Malone trat langsam näher.
    Ihm wurde schwindlig. Er konnte kaum mehr etwas sehen.
    Es war dasselbe Gesicht wie auf dem Foto in Kopenhagen, das neben der Glasvitrine mit der Fahne hing, die die Navy seiner Mutter bei der Gedächtnisfeier überreichen wollte und deren Annahme sie verweigert hatte. Eine lange, kräftige Nase. Hervorstehende Wangenknochen. Sommersprossen. Angegrautes, blondes Haar, kurz geschnitten. Die Augen waren geöffnet und sahen ins Leere wie in tiefer innerer Einkehr.
    Ein Schock durchfuhr Malone und er war wie gelähmt. Sein Mund war ausgetrocknet.
    »Ihr Vater?«, fragte Dorothea.
    Er nickte, von Selbstmitleid ergriffen – es war, als wäre ihm ein scharfer Pfeil durch die Kehle in die Eingeweide gedrungen, als wäre er aufgespießt worden.
    Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    »Sie sind einfach gestorben«, sagte Dorothea. »Keine Mäntel. Sie haben sich nicht gegen die Kälte geschützt. Als hätten sie sich hingesetzt und den Tod willkommen geheißen.«
    Er wusste, dass sie genau das getan hatten. Es wäre sinnlos gewesen, die Qual zu verlängern.
    Er bemerkte Papier, das auf dem Schoß seines Vaters lag, die Schrift so frisch und klar, wie sie es vor achtunddreißig Jahren gewesen sein musste. Die rechte Hand lag auf den Seiten, als hätte der Sterbende dafür sorgen wollen, dass sie nicht verloren gingen. Langsam streckte Malone die Hand aus und zog die Seiten heraus, wobei er sich fühlte, als entweihte er eine heilige Stätte.
    Er erkannte die kräftige Schrift als die seines Vaters.
    Seine Brust blähte sich auf. Die Welt erschien ihm gleichzeitig wie ein Traum und wie die Realität. Er kämpfte gegen das Aufsteigen von altem, verdrängtem Kummer an. Nie zuvor hatte er geweint. Weder bei seiner Hochzeit noch bei Garys Geburt, noch als seine Familie zerfallen war, noch als er erfahren hatte, dass Gary nicht sein leiblicher Sohn war. Um den Drang, jetzt in Tränen auszubrechen, zu unterdrücken, rief er sich in Erinnerung, dass die Tränen gefrieren würden, bevor sie aus seinen Augen rollten.
    Er zwang sich, sich auf die Seiten zu konzentrieren, die er in der Hand hielt.
    »Würden Sie das bitte laut vorlesen?«, fragte Dorothea.
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