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Corum 06 - Das gelbe Streitross

Corum 06 - Das gelbe Streitross

Titel: Corum 06 - Das gelbe Streitross
Autoren: Michael Moorcock
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der Dunkelheit. Und über die Brandung des Meeres hinweg glaubte Corum eine Stimme zu hören, die ihn von den Mauern Caer Mahlods aus rief. War das Medheb, die nach ihm rief?
    Er ignorierte die Stimme. Er stand da und war in die Betrachtung der alten, verfallenen Mauern von Burg Erorn versunken. Er erinnerte sich, wie Mabden seine Familie getötet hatten und ihn selbst danach verstümmelt; ihm die Hand und das Auge nahmen. Wieder fragte er sich, warum er den Mabden so lange gedient hatte. Es schien, eine besondere Ironie darin zu liegen, daß es in beiden Fällen hauptsächlich wegen der Liebe zu einer Mabden-Frau geschehen war. Aber es gab einen Unterschied zwischen Rhalina und Königin Medheb, den er nicht verstand, obwohl er sie beide liebte, und sie ihn beide liebten.
    Er hörte eine Bewegung hinter sich in den verfallenen Mauern und trat näher. Würde er jetzt dem Jüngling mit dem goldenen Gesicht und der Harfe begegnen, den man Dagdagh nannte. Er sah einen Schatten, der sich näherte. Etwas schimmerte scharlachrot im Mondlicht. Corum rief:
    »Wer ist da?«
    Er erhielt keine Antwort.
    Langsam trat er näher, bis seine ausgestreckte Hand das von der Zeit zerfressene Portal der alten Halle berührte. Zögernd blieb er stehen. Dann ging er weiter und rief wieder:
    »Wer ist da?«
    Und etwas zischte wie eine Schlange. Und etwas knirschte. Und etwas rasselte. Und Corum sah gegen das Licht aus einem verfallenen Fenster die Gestalt eines Mannes. Und der Mann wandte Corum das Gesicht zu.
    Es war Corums eigenes Gesicht. Es war Calatins Schattenwesen, der Karach, der noch nach Salzwasser roch. Und der Karach lächelte und zog sein Schwert.
    »Ich grüße dich, Bruder«, sagte Corum. »Ich habe in meinen Knochen gespürt, daß die Prophezeiung sich heute nacht erfüllen wird. Ich glaube, deshalb bin ich hierher gekommen.«
    Der Karach sagte nichts. Er lächelte nur. Und aus der Ferne hörte Corum jetzt die süßen, sinisteren Töne der Dagdagh-Harfe.
    »Aber was«, wollte Corum wissen, »ist die Schönheit, die ich fürchten muß?«
    Und er zog sein Schwert Verräter.
    »Erinnerst du dich, Karach?« fragte er.
    Aber das Lächeln des Karach wurde nur noch breiter und enthüllte weiße Zähne, die genau denen Corums glichen.
    »Ich denke, ich werde mir jetzt meinen Mantel zurückholen«, sagte Corum. »Ich weiß, daß ich mit dir darum kämpfen muß.«
    Und dann entbrannte der Kampf. Funken sprühten von deSchwertern, die in der Dunkelheit des Burginneren aufeinander prallten. Wie Corum geahnt hatte, waren sie beide gleichwertige Kämpfer, Geschicklichkeit gegen Geschicklichkeit, Stärke gegen Stärke.
    Sie kämpften durch alle Räume der verfallenen Burg. Sie kämpften durch eingestürzte Fenster und über halb verfallene Treppen. Sie kämpften eine Stunde und länger, jeder den Hieb des anderen schon im Ansatz parierend. Aber Corum begriff, daß der Karach einen Vorteil hatte. Das Schattenwesen ermüdete nicht.
    Je müder Corum wurde, um so mehr Energie schien dem Karach zuzufließen. Der Doppelgänger sagte nichts. Vielleicht konnte er nicht sprechen. Aber sein Lächeln wurde immer breiter und höhnischer.
    Corum sah sich immer mehr in die Verteidigung gedrängt. Der Karach trieb ihn zum Tor von Burg Erorn hinaus, trieb ihn bis an den Rand des Abgrundes, bis Corum all seine Kraft zusammennahm und in einem überraschenden Ausfall nach dem Arm des Schattenwesens hieb. Verräter drang tief in das Fleisch.
    Der Karach schien die Wunde nicht zu spüren. Er verdoppelte die Wucht seiner Hiebe nur noch.
    Dann stolperte Corum über einen Steinbrocken und fiel nach hinten. Mit elender Stimme rief er aus:
    »Das ist ungerecht! Das ist ungerecht!«
    Und wieder begann die Harfe zu spielen, und sie schien ein Lied zu singen. Und er glaubte zu hören:
    »Ah, war die Welt nicht immer so? Wie traurig sind Helden nach vollbrachten Taten...«
    Als würde er seinen Sieg genießen, kam der Karach langsam näher und hob sein Schwert.
    Corum fühlte, wie etwas an seinem Handgelenk zog. Es war die silberne Hand, und sie erwachte zu einem eigenen Leben. Er sah, wie sich die Riemen öffneten, und die Stifte abfielen. Die silberne Hand erhob sich und schwebte dorthin, wo Verräter lag und im Mondlicht schimmerte.
    »Ich bin verrückt«, sagte sich Corum. Doch dann erinnerte er sich, daß Medheb einen Zauber über die Hand gesprochen hatte. Etwas, das er inzwischen längst vergessen zu haben schien, wie Medheb zweifellos auch.
    Nun griff die
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