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Corum 05 - Der gefangene König

Corum 05 - Der gefangene König

Titel: Corum 05 - Der gefangene König
Autoren: Michael Moorcock
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In diesen Liedern sah er den Ausdruck der Träume, die er manchmal hatte - in denen er das ganze Universum war, und das Universum in ihm war, in denen er Bestandteil des Universums war, und das Universum ein Bestandteil von ihm. Und in denen alles gleich geachtet, ob belebt oder unbelebt, und von gleichem Wert war. Stein, Baum, Pferd und Mensch alles war gleich. Dies war auch der mystische Glaube von vielen aus König Mannachs Volk. Ein Besucher aus Corums Welt würde darin vielleicht eine primitive Anbetung der Natur sehen, aber Corum wußte, daß es viel mehr war als das. Nicht wenige Bauern im Land der Tuha-na-Cremm Croich gab es, die sich höflich vor einem Stein verbeugten und eine Entschuldigung murmelten, bevor sie ihn von einem Platz auf einen anderen trugen, und die ihren Boden, ihr Rind und ihren Pflug mit der gleichen Achtung behandelten wie ihren Vater, ihr Weib und ihre Kinder.
    Daraus ergab sich für das Leben der Tuha-na-Cremm Croich ein wohlgeordneter, würdevoller Rhythmus, der ihm aber weder die Vitalität, den Humor noch gelegentliche Gefühlsausbrüche raubte. Hierin lag auch der Grund für den Stolz, den Corum bei seinem Kampf gegen die Fhoi Myore empfand, denn die Fhoi Myore bedrohten mehr als das Leben. Sie bedrohten die stille Würde und Selbstachtung dieses Volkes.
    Tolerant gegenüber ihren eigenen Schwächen, ihrer eigenen Unzulänglichkeit und ihren eigenen Träumereien, tolerierten die Tuha-na-Cremm Croich auch die Schwächen aller anderen Kreaturen. Für Corum lag eine gewisse Ironie darin, daß seine eigene Rasse, die Vadhagh (von den Mabden jetzt Sidhi genannt) vor ihrem Untergang zu der gleichen Lebenseinstellung gefunden hatte, und von den Vorfahren der heutigen Mabden dieser Einstellung wieder beraubt worden waren. Er fragte sich, ob ein Volk, das zu einer so noblen Lebenshaltung gekommen war, damit zwangsläufig der Vernichtung durch Völker, die noch nicht so weit entwickelt waren, anheim fiel. Wenn dem so war, lag darin eine Ironie von wahrhaft kosmischem Ausmaß. Doch an dieser Stelle pflegte Corum seine Betrachtungen abzubrechen, denn seit seinem Kampf mit den Schwertherrschern war er der kosmischen Proportionen mehr als überdrüssig.
     
    Dann kam König Fiachadh auf Besuch. Er wagte viel mit seiner Fahrt über das Wasser nach Osten. Sein Herold nahte auf einem dampfenden Pferd, das er hart am Rand des Wassergrabens vor den Wällen von Caer Mahlod zügelte. Der Bote war in feines grünes Seidenzeug gekleidet, das sich im Wind bauschte. Er trug einen silbernen Brustharnisch und einen silbernen Helm. Von seinen Schultern flatterte ein Überwurf in Gelb, Blau, Weiß und Purpur. Keuchend rief der Mann seine Botschaft zur Wache auf der Torbefestigung hinauf. Corum betrachtete den Mann von einem Wehrgang neben dem Tor aus und war von der Erscheinung des Neuankömmlings überrascht, denn er hatte in diesem Land noch niemanden gesehen, der ähnlich gekleidet war.
    »König Fiachadh schickt mich!« rief der Bote. »Ich soll Euch melden, daß unser König an Euerem Strand gelandet ist.« Er deutete nach Westen. »Unsere Schiffe liegen dort. König Fiachadh bittet um die Gastfreundschaft seines Bruders, König Mannach.«
    »Wartet«, antwortete ein Wächter, »wir unterrichten den König.«
    »Dann beeilt Euch, bitte ich, denn wir möchten uns bald in der Sicherheit Euerer Mauern wissen. In der letzten Zeit haben wir viele Geschichten von den Gefahren gehört, die hier in Euerem Land drohen.«
    Während Corum den Mann vor dem Tor weiter mit höflicher Neugier beobachtete, wurde König Mannach herbeigerufen.
    Der König hatte seine eigenen Gründe, überrascht zu sein. »Fia-chadh?« murmelte er zu sich selbst. »Warum kommt er nach Caer Mahlod?« Zu dem Boten rief er hinab: »König Fiachadh weiß, daß er in unseren Mauern immer willkommen ist. Aber warum habt Ihr Euch auf die weite Reise vom Land der Tuha-na-Manannan hierher gemacht? Wurdet Ihr angegriffen?«
    Der Bote war noch so außer Atem, daß er zunächst nur den Kopf schütteln konnte.
    »Nay, Sire! Mein Herr wünscht sich mit Euch zu beraten. Erst vor kurzer Zeit erfuhren wir, daß Caer Mahlod vom Winter der Fhoi Myore befreit werden konnte. Daraufhin setzten wir sogleich Segel, ohne unsere Reise angemessen anzukündigen. Hierfür bittet mein Herr um Euere Vergebung.«
    »Erzählt König Fiachadh, daß es der Vergebung nur für unsere bescheidene Bewirtung bedarf. Wir sehen seinem Besuch mit freudiger Erwartung
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