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Corum 05 - Der gefangene König

Corum 05 - Der gefangene König

Titel: Corum 05 - Der gefangene König
Autoren: Michael Moorcock
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hatte. Es kam ihm vor, als habe er alles nur geträumt, denn zu unerklärlich schien ihm jener Zauber, dessen Zeuge er geworden war. Er träumte jetzt den Traum der Menschen hier, die ihn selbst aus einem anderen Traum zu sich geholt hatten. Und eigentlich war er damit zufrieden. Er hatte Medheb vom Langen Arm (ein Beiname, den sie wegen ihres Geschicks mit Schleuder und Tathlum erhalten hatte), Medheb mit ihrem vollen roten Haar, ihrer wilden Schönheit, ihrer Klugheit und ihrem Lachen. Er war geachtet. Er besaß den Respekt seiner Mitstreiter, der Krieger König Mannachs. Sie hatten sich nun an ihn gewöhnt. Sie akzeptierten sein fremdartiges Aussehen, das Aussehen eines Vadhagh ›elbisch‹ nannte Medheb es. Sie akzeptierten seine künstliche silberne Hand, sein einziges Auge, gelb und purpur, und die Klappe über der anderen Augenhöhle; die Augenklappe, die Rhalina bestickt hatte, die Markgräfin von Mordelsberg, die vor über einem Jahrtausend an Corums Seite gelebt hatte.
    Er wurde geachtet. Er war treu gegenüber seinem Volk und gegen sich selbst. Er besaß Stolz.
    Und er hatte edle Gefährten. Ohne Frage besaß er jetzt mehr, als er auf Burg Erorn zurückgelassen hatte, um dem Ruf seines Volkes zu folgen. Er fragte sich, was wohl aus Jhary-a-Conel, dem Gefährten von Helden, geworden sein mochte. Denn Jhary war nach Corums Wissen der letzte Sterbliche, der sich frei durch alle der Fünfzehn Ebenen bewegen konnte. Einst waren dazu viele Vadhagh in der Lage gewesen und auch die Nhadragh. Aber mit der Vernichtung der Schwertherrscher war ihnen diese Fähigkeit genommen worden.
    Und manchmal rief Corum einen Barden zu sich und bat ihn, ihm die alten Lieder der Tuha-na-Cremm Croich zu singen, denn an diesen Liedern fand er großen Gefallen. Eines dieser Lieder schrieb man dem ersten Amergin, einem Vorfahren des derzeitigen Hochkönigs, zu. Er sollte es zur Ankunft in ihrer neuen Heimat gesungen haben.
     
    Ich bin die Meereswoge;
    Ich bin das Rauschen der Brandung;
    Ich bin sieben Heere;
    Ich bin ein starker Bulle;
    Ich bin ein Adler auf dem Felsen;
    Ich bin ein Strahl der Sonne;
    Ich bin das schönste der Kräuter;
    Ich bin ein tapferer wilder Eber;
    Ich bin ein Lachs im Wasser;
    Ich bin ein See in der Ebene;
    Ich bin ein geschickter Künstler;
    Ich bin ein riesiger, schwertschwingender Held;
    Ich kann meine Gestalt wechseln wie ein Gott.
    Sollen wir unseren Rat im Tal oder auf dem Berggipfel abhalten?
    Wo sollen wir uns niederlassen?
    Welches Land ist besser als die Insel der untergehenden Sonne?
    Wo sollen wir sonst in Frieden und Sicherheit wandeln?
    Wer kann euch klare Wasserquellen finden wie ich es kann?
    Wer kann euch das Alter des Mondes sagen außer mir?
    Wer kann euch die Fische aus der Tiefe des Meeres herauf rufen wie ich es kann?
    Wer kann sie zum Strand locken wie ich es kann?
    Wer kann die Gestalt der Hügel wandeln und die der Küste wie ich es kann?
    Ich bin ein Barde, den die Seefahrer gerufen haben ihnen zu prophezeien.
    Speere sollen geworfen werden unsere Niederlage zu rächen.
    Ich prophezeie Sieg.
    Ich ende mein Lied mit allen guten Prophezeiungen.
     
    Und dann sang der Barde sein eigenes Lied, als wolle er Amergins Lied noch verstärken:
     
    Ich bin in vielen Gestalten gewesen bevor ich die mir gemäße Form erlangte.
    Ich bin die schmale Klinge eines Schwertes gewesen;
    Ich bin ein Tropfen in der Luft gewesen;
    Ich bin ein leuchtender Stern gewesen;
    Ich bin ein Wort in einem Buche gewesen;
    Ich bin ein Buch am Anfang gewesen;
    Ich bin ein Licht in einer Laterne gewesen für ein Jahr und ein halbes;
    Ich bin eine Brücke über drei reißende Flüsse gewesen;
    Ich bin als Adler gereist;
    Ich bin ein Boot auf dem Meer gewesen;
    Ich bin ein Führer in der Schlacht gewesen;
    Ich bin ein Schwert in der Hand gewesen;
    Ich bin ein Schild im Kampf gewesen;
    Ich bin die Saite einer Harfe gewesen;
    Ich bin verwunschen gewesen für ein Jahr, der Schaum des Wassers zu sein;
    Es gibt nichts, worin ich nicht gewesen bin.
     
    Und in diesen alten Liedern hörte Corum das Echo seines eigenen Schicksals, das Jhary-a-Conel ihm offenbart hatte das Schicksal ewiger Wiedergeburt, manchmal schon als gereifter Mann, um als Krieger in allen großen Schlachten der Sterblichen zu kämpfen, ob diese Sterblichen nun Vadhagh waren, Mabden oder zu anderen Rassen gehörten; für die Freiheit der Sterblichen von ihren Göttern zu kämpfen (obwohl manche die Götter für Schöpfungen der Sterblichen selbst hielten).
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