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Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)

Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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weiter?«, frage ich, weil es höchstens noch ein paar Stunden sind, ehe
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Premiere feiert und ich auf dem roten Teppich erwartet werde. Lena reißt mir den Kopf ab, wenn ich mich verspäte.
    »Morgen Nachmittag geht das Band in die Post«, erklärt Uwe seelenruhig.
    »Morgen Nachmittag erst?«, rufe ich entsetzt.
    »Vorher wird der Briefkasten hier gar nicht geleert«, erwidert Bernd. »Und du hast Glück, dass morgen Dienstag ist. Der Postwagen kommt hier nämlich nur einmal die Woche vorbei.«
    Mit detektivischem Scharfsinn kombiniere ich:
    1) Wir sind irgendwo am Arsch der Welt.
    2) Die Premiere wird ohne mich stattfinden.
    3) In den nächsten Stunden habe ich viel Zeit zum Nachdenken.
    Ich bin froh, dass meine Eltern keine Ahnung haben, wo ich bin. Sie würden sich schreckliche Sorgen machen. Aber Anti ist bestimmt viel zu beschäftigt mit Elijah Wood, um Mama und Papa von meinem plötzlichen Verschwinden zu erzählen. Die denken bestimmt, ich liege in meinem Hotelbett und träume von der bevorstehenden Premiere.
    Vielleicht macht Lena sich Sorgen. Das wäre schön.
    Und Opa? Der weiß ja auch nicht, wo ich bin. Wahrscheinlich hat der mich längst vergessen.
    Je mehr Zeit verrinnt, desto klarer wird, dass Alex und Justin hier nicht mehr auftauchen werden. Keine Ahnung, was da schiefgelaufen ist. Vielleicht ist die Autobatterie alle, oder sie liegen im Krankenhaus, weil Oberchecker Ali und Oberchecker Mehmet sie ordentlich verdroschen haben.
    Wenn ich pünktlich zur Premiere erscheinen will, muss ich mir selbst etwas einfallen lassen. Auf Mike Taenner kann ich dabei nicht zählen. Als Uwe die Videokamera ausgeschaltet hat, ist Taenner in sich zusammengefallen wie eine Hüpfburg, aus der man die Luft rauslässt. Der Typ funktioniert nur, wenn die Kamera läuft. Jetzt hockt er neben mir und jammert, und das macht es auch nicht leichter, positiv zu denken.
    Bernd und Uwe haben ihr Unterhaltungsprogramm für heute eingestellt. Bernd ist vornübergesunken und schläft mit dem Kopf auf dem Tisch. Uwe hält Wache. Das heißt, er sitzt auf seinem Hocker und liest in einem Comic. Nur ab und zu wirft er einen Blick zu uns auf das Sofa, um sicherzugehen, dass wir noch da sind.
    Wo sollten wir sonst sein, gefesselt, wie wir sind?
    Na ja, das stimmt nicht ganz, weil zumindest ich schon seit einiger Zeit gar nicht mehr gefesselt bin. Ich habe den Entfesselungstrick benutzt, den ich bei den Dreharbeiten gelernt habe. Das war gar nicht so schwer, aber das müssen Bernd und Uwe ja nicht wissen.
    Wenn ich es genau überdenke, habe ich drei durchaus realistische Möglichkeiten zur Flucht:
    1) Ich werde unsichtbar und laufe einfach unbemerkt an den beiden vorbei durch die Tür nach draußen.
    2) Ich warte, bis ein Erdbeben die Hütte zum Einsturz bringt und ich in der allgemeinen Panik verschwinden kann.
    3) Ich beschwöre die Geister der armen Tiere, die hier überall an der Wand hängen und auf dem Boden liegen, und rufe sie zu einem Rachefeldzug gegen die Nachfahren ihres Mörders auf.
    Die Pläne sind gut. Alle drei. Trotzdem muss es noch einen vierten Weg geben, auch wenn der mir gerade nicht einfällt.

    Es dauert eine Weile, bis ich kapiere, was COOLMAN meint. Eigentlich ist es ganz einfach. Die Kamera liegt auf dem Tisch, etwa eine Armlänge von Uwe entfernt.
    Er ist viel zu überrascht, als ich plötzlich aufspringe. Er hat keine Chance, mich daran zu hindern, mir die Kamera zu schnappen. Ich schalte sie schnell ein und richte das Objektiv auf Taenner. Sofort nimmt der Kinostar Haltung an und starrt erwartungsvoll in die Linse.
    »UND ACTION!«, schreie ich, so laut ich kann. »Die Lage ist aussichtslos, aber nicht für Taenner. Gefesselt stürzt er sich auf seinen Entführer Nummer eins und streckt ihn mit einer Kopfnuss zu Boden!«
    Mike Taenner tut genau, was ich ihm sage, und es ist schon erstaunlich, was eine laufende Kamera bei ihm bewirken kann. Uwe liegt bewusstlos am Boden, und Taenner schaut mich fragend an, weil er nicht weiß, wie es jetzt weitergehen soll.
    Zuerst müssen seine Fesseln weg.
    »Taenner nimmt den Stuhl zwischen die Zähne und schleudert ihn durch das Fenster. An den scharfen Scherben schneidet er sich die Fesseln auf!«, brülle ich, wie ich es von Jonny Pony gelernt habe.
    Okay, ich hätte ihm die Fesseln jetzt auch selbst lösen können, aber so sieht es besser aus.
    Mit seinen Zähnen packt Taenner den Stuhl und rammt ihn durch die Scheibe. Dann läuft er zum Fenster und durchtrennt an
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