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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
Autoren: Andrea Camilleri
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Weile über diese Erkenntnisse nach. Dann sah er auf die Uhr. Es war schon zwei! Kein Wunder, daß er einen solchen Hunger hatte. Er rief Fazio an.
    »Ich geh' zu Calogero zum Essen. Wenn Augello inzwischen kommt, schick ihn zu mir. Ach ja, noch was: Stell einen zur Wache vor der Wohnung des Toten ab. Er soll sie nicht reinlassen, bevor ich nicht zurück bin.«
    »Wen?«
    »Die Witwe, Signora Lapecora. Sind die beiden Piccirillos noch da?«
    »Sissi, Dottore.«
    »Schick sie nach Hause.«
    »Und was soll ich ihnen sagen?«
    »Daß wir weiter ermitteln. Die sollen ruhig ein bißchen Schiß haben, diese anständigen Leute.«

Drei
    »Was darf ich Ihnen heute bringen?«
    »Was gibt's denn?«
    »Als ersten Gang was Sie wollen.«
    »Als ersten Gang gar nichts, ich muß auf meine Linie achten.«
    »Als zweiten hätte ich alalonga in agrodolce und nasello in sarsa d'acciughi.«
    »Hast du's jetzt mit der Haute Cuisine, Calo?«
    »Manchmal überkommt es mich.«
    »Bring mir eine ordentliche Portion nasello. Ach ja, und bis der fertig ist, nehme ich noch einen großen Teller antipasto di mare.«
    Ihm kamen Zweifel. Handelte es sich bei einem antipasto di mare um leichte Kost? Er überging die Antwort und warf einen Blick in die Zeitung. Die kleine Haushaltskorrektur, die die Regierung mal wieder vornehmen wollte, sollte sich nicht auf fünfzehn, sondern auf zwanzig Billionen belaufen. Bestimmt würde manches teurer werden, unter anderem Benzin und Zigaretten. Die Arbeitslosigkeit im Süden hatte eine Quote erreicht, die man besser nicht publik machte. Die Lega Nord hatte nach dem Steuerstreik beschlossen, als ersten Schritt auf dem Weg zur Spaltung die Prefetti abzusetzen. Dreißig Jungen aus einem Dorf bei Neapel hatten ein äthiopisches Mädchen vergewaltigt, das ganze Dorf verteidigte die Jugendlichen, die Negerin sei nicht nur eine Negerin, sondern auch eine Hure. Ein achtjähriger Junge hatte sich erhängt. Drei Dealer, im Durchschnitt zwölf Jahre alt, waren verhaftet worden. Eine Zwanzigjährige hatte Russisches Roulette gespielt und sich das Gehirn zerfetzt. Ein Achtzigjähriger hatte aus Eifersucht… »Bitte sehr, Ihr antipasto.«
    Montalbano war Calogero dankbar: Noch ein paar solcher Nachrichten, und der Appetit wäre ihm vergangen. Dann kamen acht Stücke nasello, von denen leicht vier Personen hätten satt werden können. Die Nase-Stücke machten kein Hehl aus ihrer Freude darüber, daß sie nach allen Regeln der Kunst zubereitet waren. Montalbano schnupperte, und das Gericht offenbarte ihm seine Perfektion, die von der richtigen Menge Semmelbrösel und dem genau abgestimmten Verhältnis von Sardelle und verquirltem Ei herrührte.
    Er führte den ersten Bissen zum Mund, schluckte ihn aber nicht gleich hinunter. Er wartete, bis sich der Wohlgeschmack sanft und gleichmäßig über Zunge und Gaumen verteilt hatte, bis Zunge und Gaumen sich des Geschenks, das ihnen dargeboten wurde, wirklich ganz und gar bewußt waren. Als er den Bissen hinunterschluckte, stand plötzlich Mimi Augello an seinem Tisch. »Setz dich.«
    Mimi Augello setzte sich.
    »Ich glaube, ich esse auch was«, sagte er. »Mach, was du willst. Aber halt den Mund, das sage ich dir in aller Freundschaft und in deinem eigenen Interesse, halte unter allen Umständen den Mund. Wenn du mich unterbrichst, während ich diesen nasello esse, drehe ich dir den Hals um.«
    »Bringen Sie mir spaghetti alle vongole«, sagte Mimi, ganz und gar nicht eingeschüchtert, zu Calogero, der gerade vorbeiging.
    »In bianco oder al sugo?«
    »In bianco.«
    Um die Wartezeit zu überbrücken, nahm Augello die Zeitung des Commissario an sich und begann zu lesen. Die Spaghetti kamen zum Glück erst, als Montalbano seinen nasello schon fertig gegessen hatte, denn Mimi streute einen Haufen Parmesan darüber. Gesù! Selbst eine Hyäne - eine Hyäne, die sich von Aas ernährt - würde sich bei der Vorstellung von pasta alle vongole mit Parmesan übergeben!
    »Wie hast du dich beim Questore benommen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich will wissen, ob du dem Questore in den Arsch gekrochen oder ihm an die Eier gegangen bist.«
    »Spinnst du jetzt?«
    »Mimi, ich kenne dich doch. Du hast dir flugs die Geschichte mit dem erschossenen Tunesier geschnappt, um dich in Szene zu setzen.«
    »Ich habe nur meine Pflicht getan, du warst nämlich nirgends zu finden.«
    Es war ihm immer noch zu wenig Parmesan; er streute zwei weitere Löffel über seine Spaghetti und gab noch ein bißchen Pfeffer
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