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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
Autoren: Andrea Camilleri
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ich brauche was. Klopf an die Tür hier, da wohnen zwei Frauen, Mutter und Tochter. Unterlassene Hilfeleistung. Bring sie ins Büro, und mach möglichst viel Lärm darum. Alle im Haus sollen glauben, wir hätten sie verhaftet. Wenn ich komme, lassen wir sie wieder frei.«
    Ragionier Culicchia, der Buchhalter, der in der ersten Wohnung im vierten Stock lebte, schubste den Commissario weg, kaum daß er die Tür geöffnet hatte. »Meine Frau darf uns nicht hören«, sagte er und lehnte die Tür an.
    »Ich bin Commissario…«
    »Ich weiß schon. Haben Sie meine Flasche dabei?«
    »Welche Flasche?« Montalbano sah den hageren Sechzigjährigen, der ein verschwörerisches Gesicht machte, erstaunt an.
    »Die neben dem Toten, die Flasche Corvo bianco!«
    »Gehörte sie nicht Signor Lapecora?«
    »Von wegen! Das ist meine Flasche!«
    »Ich verstehe nicht recht, das müssen Sie mir erklären.«
    »Heute früh war ich einkaufen, und als ich zurückkam, habe ich den Fahrstuhl aufgemacht. Da lag Lapecora, tot.
    Das war mir sofort klar.«
    »Haben Sie den Fahrstuhl geholt?«
    »Wozu? Er war ja schon im Erdgeschoß.«
    »Was haben Sie dann gemacht?«
    »Was wohl, mein Sohn? Mein linkes Bein und mein rechter Arm sind beschädigt. Die Amerikaner haben auf mich geschossen. Ich hatte vier Einkaufstüten in jeder Hand, hätte ich die ganzen Treppen vielleicht zu Fuß raufgehen sollen?«
    »Heißt das, daß Sie mit dem Toten raufgefahren sind?«
    »Was denn sonst! Aber als der Fahrstuhl in meinem Stock hielt, in dem auch der Tote gewohnt hat, ist die Weinflasche aus der Tüte gerutscht. Dann habe ich folgendes gemacht: Ich habe meine Wohnung aufgeschlossen und die Tüten reingetragen und bin dann zurückgegangen, um die Flasche zu holen. Aber ich habe es nicht rechtzeitig geschafft, weil jemand im Stockwerk über mir den Fahrstuhl gerufen hat.«
    »Wie ist das möglich? Die Tür stand doch offen!«
    » Nossignore! Ich hatte sie versehentlich geschlossen. Naja, der Kopf. In meinem Alter hat man seine Sinne nicht mehr recht beieinander. Ich wußte nicht, was ich tun sollte; wenn meine Frau erfahren hätte, daß die Flasche weg war, hätte sie mir den Hals umgedreht. Sie müssen mir glauben, Commissario. Die Frau ist zu allem fähig.«
    »Und was war dann?«
    »Der Fahrstuhl ist an mir vorbeigefahren, ins Erdgeschoß. Da bin ich dann zu Fuß runtergegangen. Als ich mit meinem beschädigten Bein endlich ankam, stand da der Nachtwächter, der niemanden näher kommen ließ. Ich habe ihm das mit der Flasche gesagt, und er hat mir versprochen, es an höherer Stelle zu melden. Sind Sie die höhere Stelle?«
    »Gewissermaßen.«
    »Hat der Nachtwächter das mit der Flasche gemeldet?«
    »Nein.«
    »Und was soll ich jetzt tun? Was soll ich machen? Die rechnet doch jede Lira mit mir ab!« jammerte der Ragioniere und rang die Hände.
    Ein Stockwerk weiter oben hörte man das verzweifelte Geheul von Mutter und Tochter Piccirillo und die scharfe Stimme Fazios:
    »Gehen Sie zu Fuß runter! Ruhe! Zu Fuß!«
    Türen gingen auf, laute Fragen flogen von Stockwerk zu Stockwerk:
    »Wer ist da verhaftet worden? Die Piccirillos sind verhaftet? Nehmen sie sie mit? Kommen sie ins Gefängnis?« Als Fazio an ihm vorbeiging, drückte Montalbano ihm zehntausend Lire in die Hand:
    »Wenn du die beiden ins Büro gebracht hast, kaufst du eine Flasche Corvo bianco und gibst sie dem Signore da.«
    Bei der Befragung der übrigen Mieter erfuhr Montalbano nichts von Bedeutung. Der einzige, der etwas Nennenswertes zu sagen hatte, war der Grundschullehrer Bonavia aus dem dritten Stock. Er erklärte dem Commissario, daß sein achtjähriger Sohn Matteo hingefallen war und sich die Nase blutig geschlagen hatte, als er sich auf den Weg zur Schule machen wollte. Weil das Nasenbluten nicht aufhörte, hatte er ihn in die Notaufnahme gebracht. Das war um halb acht, und im Fahrstuhl war keine Spur von Signor Lapecora gewesen, weder lebendig noch tot. Lapecora war als Leiche Aufzug gefahren, soviel stand fest. Außerdem glaubte Montalbano zu wissen, daß der Verstorbene ein anständiger, aber grundunsympathischer Mensch gewesen und offensichtlich zwischen sieben Uhr fünfunddreißig und acht in dem Fahrstuhl umgebracht worden war.
    Wenn der Mörder das Risiko eingegangen war, von einem Hausbewohner mit dem Toten im Fahrstuhl überrascht zu werden, dann bedeutete dies, daß er nicht vorsätzlich, sondern im Affekt gehandelt hatte.
    Das war nicht viel, und der Commissario dachte eine
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