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Comin 2 get u

Comin 2 get u

Titel: Comin 2 get u
Autoren: Simon Packham
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18.
    Deshalb wusste ich genau, was passieren würde, als ich wieder von ihm zu träumen begann. Genauso wie ich wusste, dass ich niemals in Frieden würde sterben können, wenn ich niemandem erzählte, was in der Nacht, in der unser Schiff unterging, wirklich geschehen war.
     
    10.40   Uhr
    »Hey, Junge, leg das Ding weg!«
    Ich starrte auf den letzten Absatz und wünschte mir sowohl literarisch als auch sinnbildlich betrachtet, dass das nicht das Ende war.
    »Interessant, was?«, sagte Mr Catchpole.
    Jetzt, wo ich Großvaters Geschichte zu Ende gelesen hatte, überkam mich das unangenehme Gefühl, dass das Einzige, was mir wirklich in den Genen lag, das Weglaufen war. Alles, was ich herausbrachte, war ein benommenes »Ja, Sir«.
    »Hörst du das, Bryony?«, sagte Mr Catchpole und tastete in der Gepäckablage nach seiner Tesco-Tüte. »Ein St-Thomas’s-Schüler, der ein ernsthaftes Interesse am Lesen verkündet.«
    »Ja, nett«, entgegnete Peel, zwinkerte Miss Stanley zu und drückte seinen Kaffeebecher zusammen. »Ich dachte,
du
wärst derjenige, der für die Unterhaltung sorgt, Colin.«
    Der Großteil der Klasse befand sich schon auf dem Bahnsteig und drückte die Nasen gegen das Fenster unseres Abteils   – wie eine Galerie leichenfressender Dämone. Und einer davon   – wenn ich nur gewusst hätte, wer   – hatte in den Staub geschrieben.
    »Na los, Samuel, du lässt alle warten«, sagte Miss Stanley. »Warum gehst du nicht zu deinen Freunden?«
    »Oh, das ist keine so gute Idee«, sagte Mr Catchpole. »Wir wollen ihn doch nicht wieder herumirren lassen, oder? Du kommst besser mit Miss Stanley und mir   – und keine lustigen Spielchen mehr.«
    Mir machte das Gequäke und der Schwall von Beschimpfungen,die mir entgegenschlugen, als ich in Begleitung meiner beiden finster dreinblickenden Aufpasser auf den Bahnsteig trat, nichts aus, denn zumindest für die nächsten zehn Minuten war ich sicher.
    »Bringt mich nicht dazu zu schreien«, schrie Mr Catchpole. »Und bleibt um Himmels willen einen Moment stehen, während Miss Stanley durchzählt.«
    »Passen Sie lieber auf Sam Tennant auf, Miss«, sagte Pete Hughes, hielt sich einen imaginären Revolver an den Kopf und drückte ab. »Ich denke, er könnte kurz davor sein, seinen zu verlieren.«
     
    Mr Catchpole führte die Gruppe den Weg am Fluss entlang, vorbei an Schwärmen von verschwitzten Joggern, coolen Londoner Kids auf Skateboards, die selbst Pete Hughes wie einen Trottel aussehen ließen, Sushi-Restaurants mit Aluminiumtischen, und an einem alten Mann und seinem Hund, der hinter einem mit Filzstift beschriebenen Stück Pappe lag: Bitte helfen Sie mir. Ich bin verzweifelt.
    Ich wusste genau, was er meinte. Während ich auf die trostlose Silhouette des Tower of London blickte, fühlte ich mich wie dieser arme Mann. Anne Boleyn hatte immerhin
gewusst
, dass sie enthauptet werden würde. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mich erwartete.
    »Warum sind sie so ruhig?«, flüsterte ich. »Was werden sie als Nächstes tun?«
    Dumbo war zwei Schritte hinter mir und pellte eine Orange. »Das scheint niemand zu wissen. Sie warten auf ein Zeichen vom Imperator.«
    »Was?«
    »Keine Sorge, ich habe eine Vermutung, wer es sein könnte.«
    »Du sagtest, du hättest nicht die leiseste Ahnung.«
    »Ich bin sicher, dass du Sherlock Holmes’ Theorie kennst«, sagte er recht süffisant. »Das, was bleibt, wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast   – ist es auch noch so unwahrscheinlich   –, muss die Wahrheit sein.«
    »Okay, wer ist es?«
    »Ich muss erst noch etwas überprüfen, aber ich werde es dir sagen, sobald ich mir absolut sicher bin.«
    »Gut, dann mach nicht lange rum. Bis dahin könnten sie mich schon getötet haben.«
    Ein ironisches »Ohhhhh« ertönte, als wir vor der
Belfast
stehen blieben. Doch auch wenn sie ziemlich beeindruckend war (sechs enorme Geschütze zeigten gen Himmel), widmete ich ihr keinen zweiten Blick, sondern starrte nur in das trübe grüne Wasser und fragte mich, wie ich noch vor zwei Wochen Lust auf diesen Ausflug gehabt haben konnte.
    12.30   Uhr
    Ich traute mich nicht zu essen, doch nachdem die anderen ihre Lunchpakete verdrückt und wir uns eine unter normalen Umständen interessante Präsentation über die D-Day Landings angesehen hatten, führte uns Mr Catchpole auf das Achterdeck, um »letzte Instruktionen« zu erteilen.
    »Okay«, sagte er. »Kann mir jemand sagen, warum wir eigentlich hier sind?«
    »Um ein
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