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Colombian Powder

Colombian Powder

Titel: Colombian Powder
Autoren: Simone A. Siegler
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steif wie ein Besenstiel war.
    »Ich habe bereits mit deinem Vater gesprochen. Er ist einverstanden. So frage ich dich nun: Willst du meine Frau werden?«

    Nach dem Ausflug war ich demonstrativ noch in der Sattelkammer beschäftigt; trödelte herum, um Gustav aus dem Weg zu gehen. Nachdem wir wieder aufgebrochen waren, ohne dass ich seine Frage beantwortet hatte, herrschte verbissenes Schweigen zwischen uns. Mit undurchsichtiger Miene hatte Gustav sein Pferd versorgt und war dann grußlos im Haus verschwunden. Ich hockte rittlings auf einem Holzbock und rieb meinen Sattel mit Politur ein, als die alte Hannah angeschlurft kam.
    »Nina, die Herrschaften erwarten dich im Kaminzimmer. Du solltest dich besser beeilen!«, meinte sie mit einem Blick auf meine von der Politur dunkelbraunen Finger. Alarmiert horchte ich auf. Die Herrschaften. Diese Anrede gebrauchte Hannah immer dann, wenn der Haussegen schief hing.

    Das Kaminzimmer war Vaters Reich, in dem er neben einem riesigen Eichenschreibtisch seine Jagdwaffen-Sammlung beherbergte. Warum zitierte er mich ausgerechnet dorthin? Ich erwartete, auch meinen Verehrer anzutreffen, war er in den letzten Wochen doch beinahe ein Teil der Familie geworden. Doch es saßen nur meine Eltern einträchtig auf der Ofenbank, zwischen ihnen eine Flasche Portwein. Das war keineswegs alltäglich.
    »Setz dich zu uns, Nina«, forderte Vater mich auf. »Wie macht sich Iris im Parcours? Kommst du mit dem Training voran?«
    Ich war es nicht gewohnt, dass er so präzise Fragen an mich stellte. Meistens sah ich ihn nur beim Abendessen, und dann drehte sich die Unterhaltung bei Tisch fast immer um wirtschaftliche Angelegenheiten. Es kam äußerst selten vor, dass er von sich aus das Gespräch mit mir suchte, und das erregte mein Misstrauen.
    Ich erzählte von dem Trainingsplan, den ich ausgearbeitet hatte, um rechtzeitig zu den großen Turnieren im Sommer startklar zu sein. Vater wirkte jedoch nicht so, als würde ihn das tatsächlich interessieren.
    »Wie ich gehört habe, reitest du häufig mit Gustl aus«, wechselte er unerwartet das Thema. »Hast du dich mit ihm angefreundet?«
    »Es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten. Er hat mir von seinem Missionarseinsatz in Mosambik erzählt.«
    Vater nickte zufrieden. »Er ist ein guter Junge.«
    Es entstand eine längere Pause, bis sich Mutter räusperte.
    »Wie findest du Gustl?«
    »Ganz okay. Er würde sich gut als älterer Bruder eignen«, versuchte ich einen Scherz zu machen.
    Die Eltern wechselten einen raschen Blick.
    »Was hältst du davon, Gustl tatsächlich in unsere Familie aufzunehmen?«, ließ Vater schließlich die Katze aus dem Sack.
    Ich kapierte natürlich, stellte mich jedoch unwissend. »Was meinst du damit?«
    Noch ein verstohlener Blick zwischen den Eltern.
    »Wenn Gustl nun für immer hier auf dem Gut bleiben würde?«, versuchte es Mutter.
    Hilflos schüttelte ich den Kopf. Schließlich stand Vater auf und trat an das große Bogenfenster. Er wandte mir den Rücken zu, als er den Satz aussprach: »Gustl wird dein Ehemann werden.«
    Keine Frage, nicht einmal ansatzweise, eine Feststellung, um nicht zu sagen ein Befehl. Darauf folgte Stille. Mutter starrte zu Boden, während die Worte ganz langsam in mein Gedächtnis sickerten. Ich musste mich beherrschen, um nicht laut herauszuplatzen.
    »Das ist nicht dein Ernst«, brachte ich schließlich heraus.
    Vater bewegte nicht einen Muskel.
    »Du willst mich verheiraten? Wie im Mittelalter?«
    Mutter legte beschwichtigend eine Hand auf meine. »Wäre der Gedanke denn so schrecklich für dich?«
    »Was meinst du, das Mittelalter oder Gustav? Was heißt schon schrecklich!« Ich zog meine Hand weg. »Ich bin noch nicht bereit für eine Ehe. Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt. In diesem Alter heiratet doch heutzutage niemand mehr! Und auf Zuruf erst recht nicht!«, legte ich nach.
    »Was kümmern uns die anderen?«, gab Vater am Fenster von sich.
    »Außerdem habe ich nicht die leiseste Absicht, Gustav zu heiraten. Weder jetzt noch in zehn Jahren!« Allmählich geriet ich in Rage. »Was denkt ihr euch dabei?«
    Das war das Stichwort für meinen Vater. Wie von der Tarantel gestochen fuhr er herum. »Ich werde dir sagen, an was ich dabei denke. An dein, an unser aller zu Hause. An die vier Wände, die dich wärmen, die deinem edlen Ross Unterstand gewähren, und dank denen du den lieben langen Tag tun und lassen kannst, was du willst.«
    Er holte tief Luft und starrte mich ungnädig
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