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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack
Autoren: Mario Giordano
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Griff um die Kehle und stieß den Mann vor sich her. »Wenn du einen Laut machst oder es Alarm gibt, dann bring ich dich um.«
    Er hasste sich dafür, solche Dinge zu sagen, aber im Augenblick hatte er außer platten Sprüchen und einer schwer zu kontrollierenden Cyber-Hand nicht viel mehr aufzubieten.
    Den Mann im blauen Overall schien es jedenfalls zu beeindrucken. Ohne Gegenwehr ließ er sich in den Aufzug stoßen.
    »Nach oben oder unten?«, fragte Peter.
    Der Mann nickte ängstlich. Peter schloss die linke Hand fester um seine Kehle.
    »Was nun?«
    Der Mann deutete zitternd nach oben.
    Der Junge ist doch niemals von der Security! Was soll das alles hier?
    Der Fahrstuhl trug sie drei Etagen aufwärts. Als sich die Tür mit einem freundlichen Bing wieder öffnete, spannte Peter sich an und erwartete ein Empfangskomitee aus Sicherheitskräften. Doch statt Knüppeln oder Elektroschocks schlug ihm nur eine salzige Windböe entgegen. Überrascht ließ Peter den Jungen los und trat auf die Plattform.
    »Ach du Scheiße!«
    Tiefhängende Sturmwolken sprühten ihm Regen ins Gesicht und durchnässten ihn schon nach wenigen Augenblicken bis auf die Knochen. Die Luft roch nach Salz, Rost und Altöl. Etwa dreißig Meter unter ihm brandete das Meer gegen die Stahlkonstruktion. Über sich erkannte Peter die typischen stählernen Aufbauten von Kränen, Kontrollkabinen, Lagerplätzen für die Rohre – und den Bohrturm. Er stand auf einer kleinen kreisrunden Stahlplattform mit einem leuchtend gelben »H«, die über dem Abgrund zu schweben schien und über die der Wind ungebremst hinwegfegte, bis er sich pfeifend im Gestänge und den Stahlseilen des Bohrturms verfing.
    Die Verblüffung, unerwartet ausgebremst zu werden.
    Die Ernüchterung darüber, dass der Weg hier endet.
    Die schale Genugtuung, es immerhin geahnt zu haben.
    Peter sah verwitterte Beschriftungen an den Anlagen und verrostete Warnschilder mit Sicherheitshinweisen auf Englisch. Vorsichtig machte er noch einen Schritt auf den Rand des Hubschrauberlandeplatzes zu und drehte sich einmal um sich selbst. Kein Horizont zu erkennen. Übergangslos verschmolz das Bleigrau des Meeres mit dem Wolkenbrei. Kein Land, so weit man sehen konnte, kein Schiff, kein Licht. Nur Wasser und Wolken. Peter hatte sich eine Bohrinsel immer größer vorgestellt. Tatsächlich wirkte die offenbar stillgelegte Anlage geradezu winzig und zerbrechlich in dieser See, die mit meterhohen Wellen gegen die vier Pfeiler unter ihm brandete. Endstation.
    »Sind wir nicht alle Gefangene, Mr. Adam?«
    Mit einem Schirm in der Hand trat Nakashima neben Peter und sah über das Meer. »Ich liebe diesen Anblick.«
    »Was ist das für ein Ozean?«, fragte Peter.
    »Der Nordatlantik. Vierundsechzigster Breitengrad, zwischen Island und Norwegen. Aber Sie würden diese Anlage ohnehin auf keiner Karte finden und auch auf keinem Satellitenbild. Was halten Sie jetzt von einer Tasse Tee, Mr. Adam?«
    »Was sollte mich daran hindern, Sie jetzt gleich ins Meer zu werfen?«, erwiderte Peter.
    Nakashima zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ihre Skrupel. Ihre Dankbarkeit, dass ich Ihnen einmal das Leben gerettet habe. Oder einfach nur Ihre Neugier.«
    Peter wandte sich zu ihm um. »Was wollen Sie von mir?«
    »Wir brauchen Ihre Hilfe.«
    »Wir?«
    Nakashima wandte sich ab und ging zurück zum Aufzug. »Kommen Sie. Sie müssen hungrig sein.«
    Immer noch etwas wackelig auf den Beinen, folgte Peter dem alten Mann zurück in den Aufzug, der sie eine Etage tiefer brachte, direkt in einen eleganten, im traditionellen japanischen Stil gestalteten Flur mit Tuschzeichnungen an den Wänden. Nakashima führte ihn in einen großzügigen Empfangsraum, dessen Metallfenster mit Reispapierwänden verkleidet waren, und wies auf einen großen Konferenztisch, auf dem eine Auswahl von Sushi und verschiedenen Gerichten in alten, wertvollen Porzellanschälchen bereitstand. Peter griff ohne Zögern zu. Nakashima setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.
    »Es ist auch kein Wunder«, begann er wieder. »Sie haben sehr lange nichts mehr gegessen.«
    »Wie lange?«, nuschelte Peter kauend.
    »Sechs Wochen. Wir haben heute den 3. Juli.«
    Peter betrachtete seine Hand. »So etwas ist also in sechs Wochen möglich …«
    »Denken Sie nicht, dass Sie der Einzige mit einer solchen Hand sind. Aber wir hängen unsere Technologien nicht an die große Glocke. Unsere Kunden bestehen auf Diskretion.«
    Peter ersparte sich die Frage nach Nakashimas
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