Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack
Autoren: Mario Giordano
Vom Netzwerk:
bisschen Übung gelang es ihm, alle Finger einzeln zu bewegen. Sie fühlten sich noch etwas steif und taub an, aber immerhin fühlten sie sich nach etwas an. Er konnte Druck spüren und nach einem Versuch mit einer Büroklammer, die er in einer Ritze fand, sogar Schmerz. Dr. Tanaka und Nakashima Industries hatten wirklich ganze Arbeit geleistet. Allerdings hatte die Hand auch ihre Macken, wie er schnell feststellte. Nach dem Versuch, sich mit der Büroklammer zu pieken, ließ der Schmerz nicht nach. Im Gegenteil, er flammte als unangenehmer Juckreiz rasch über die ganze Hand und strahlte bald auch auf seinen Kopf aus. Peter hielt die juckende Hand unter kaltes Wasser, schüttelte sie heftig, massierte sie, aber der Juckreiz wich nur langsam. Nicht so der Kopfschmerz, der sich mehr und mehr zu einem pulsierenden Klumpen verdichtete. Peter kauerte sich auf dem Bett zusammen. Seine Haut kribbelte jetzt am ganzen Körper, der Stoff der Kleidung schien sie bei jeder Bewegung weiter aufzuscheuern. Die bekannten Vorzeichen der Migräne. Er überlegte, ob er jemanden rufen sollte, doch in diesem Moment schlug das Raubtier zu. Die Bestie in seinem Kopf, die ihn schon seit Jahren verfolgte. Ein gleißend blaues Licht blähte sich vor seinen Augen auf wie eine explodierende Supernova und füllte alles aus, seinen Kopf, die Kabine, die ganze Welt. Wimmernd krampfte er sich auf dem Bett zusammen, als das Licht ihn von innen heraus auffraß. Als es mit einem Schlag dunkel wurde. Peter spürte, wie er aus seinem Körper herausgeschleudert wurde in große Dunkelheit und Kälte, wie sämtliche Körperzellen in einem einzigen Moment zerplatzten. Wie sein Körper von einer gewaltigen Faust zusammengepresst wurde, die ihm den Atem raubte, die Lungen zerquetschte, das Herz, überhaupt sämtliche Eingeweide. Aber die Faust drückte weiter. Unbarmherzig und knirschend quetschte sie ihn auf seine Atome zusammen, verdichtete ihn zu einem winzigen Partikel aus Schmerz und Angst, das vergessen durch die große Leere taumelte.
    Angst. Leere. Schmerz.
    Das Gefühl, aus der Welt zu stürzen.
    Häschen in der Grube, saß und schlief, saß und schlief …
    Das Nächste, was er wahrnahm, als der Schmerz plötzlich von ihm abfiel wie alter Wundschorf, war der Geruch von Weihrauch. Lichter schälten sich aus dem Dunkel, nahmen die Gestalt von Kerzen an. Immer mehr Licht floss durch hohe, bunt verglaste Fenster auf ihn herab wie ein milder Strom tröstlicher Worte. Stimmen. Fernes Verkehrsrauschen. Das Ächzen einer Kirchenorgel. Peter sah sich um: Er stand in der Nische einer Kapelle im Kapellenkranz einer prächtigen, gotischen Basilika, ganz und gar in Licht getaucht. Die Touristengruppen und Pilger, die leise schwatzend durch die Kirche streunten und die hohen gotischen Fenster bewunderten, nahmen keine Notiz von ihm. Hin und wieder perlte helles Lachen von Jugendlichen durch den Raum. Die Kapelle, in der Peter stand, war durch ein hohes, vergittertes Tor vom Altarraum abgetrennt. Gleich dahinter lag der große Hauptaltar.
    Wie bist du hierhergekommen?
    Die Gitterstäbe fühlten sich kühl und fest an. Ganz und gar real. Kein bisschen wie einer seiner üblichen Migräneträume.
    Als er durch das Gitter in die Apsis trat, wusste Peter sofort, wo er war. So viele gotische Kathedralen dieses Ausmaßes gab es nicht auf der Welt. Überhaupt kannte er diese Kathedrale gut. Er hatte das mittelalterliche Triptychon über dem Altar der Marienkapelle gleich erkannt, das in der Mitte die Anbetung des Jesuskindes zeigte, rechts den Heiligen Gereon, links die Heilige Ursula und einige ihrer elftausend Jungfrauen, mit denen zusammen sie später niedergemetzelt worden war. Gereon und Ursula, die C-Promis unter den Heiligen. Aber die wahren Stars, die diese Kathedrale erst zu einem der vier heiligsten Orte der katholischen Kirche gemacht hatten, lagen direkt vor ihm, hinter dem Hochaltar unter einer hohen Panzerglasvitrine in einem goldenen und über und über mit Edelsteinen und Email besetzten Reliquienschrein: die Heiligen Drei Könige.
    Peter wusste genau, wo er war.
    Zuhause.

VI
----
    dZYAN-agent Chat-Protocol 07072011 14:05:24 – 14:16:43 GMT+01:00
    Proxy-Server: ptp.ordislux213.th.net:89
    Encoding-method: AMETH10.1.01
    14:05:24 Client306
    status?
    14:06:32 Client377
    die pforte wurde geöffnet.
    14:08:38 Client306
    warum melden sie sich erst jetzt?
    14:09:02 Client377
    es gab komplikationen. ich musste improvisieren.
    14:09:42 Client306
    welcher
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher