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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: T. M. Goeglein
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Capone-Garagentore?
    Ich sprang aus dem Ferrari und berührte die Mauer. Nichts. Dann lehnte ich mich dagegen. Nichts. Als ich schließlich mit einer verzweifelten Bewegung meine Schulter gegen die Wand stemmte, hörte ich ein Knirschen und Rumpeln, und langsam, langsam hob sie sich und gab den Blick auf einen breiten, dunklen Tunnel frei. Im Bruchteil einer Sekunde war ich wieder im Wagen neben dem bewegungslosen Doug und dem zitternden Harry, und ich hielt nur ganz kurz inne, um mich schnell noch einmal umzusehen. Der arme Kevin zerquetschte Ratten, biss nach Ratten, schlug und fuchtelte und trat nach ihnen, und dann stürzte ein weiteres Dutzend von Antonio und Cleopatras Nachkommen von der Decke, fauchte und zischte und krallte und kratzte seinen maskierten Kopf, seine nackten Finger, und ihnen folgte noch ein Rudel und noch eins und noch eins, bis der Verrückte aussah wie ein mit Ratten dekorierter Weihnachtsbaum, der wimmelnd um sich biss. Das Quietschen der Tiere war kaum von Kevins Kreischen zu unterscheiden.
    Ich hatte versucht, ihn in die Luft zu sprengen, dann seinen Kopf als Punchingball benutzt, er war von einem Hund angefallen worden, und jetzt bissen und knabberten Hunderte von Ratten an ihm, aber er kämpfte noch immer mit wilder Entschlossenheit. Mir fiel wieder ein, was Elzy über ihren Bruder gesagt hatte, dass man einen Panzer bräuchte, um ihn aufzuhalten – und dann trat ich heftig aufs Gaspedal und schoss in den Tunnel. Der Weg wand sich und stieg an, und uns umgab ein kalter Geruch nach Erde, bis ich hörte, dass die Reifen über Beton rollten und eine laute LKW-Hupe erscholl, als ich mit einer hektischen Lenkbewegung auf den Lower Wacker Drive hinausschoss. Der Lincoln meines Vaters ist schon ein schneller Wagen, aber der Ferrari ist noch einmal etwas ganz anderes, irgendwo zwischen Auto und Flugzeug, und ich flog über den Straßenbelag dahin. Wir rasten über die Congress Street auf den Eisenhower Expressway, und dann fuhr ich einfach, ohne Ziel, nur bestrebt, so weit wie möglich vom armen Kevin wegzukommen. Ein heftiger Weinkrampf schüttelte mich, als wir über die dunkle, leere Schnellstraße fegten, und reinigte mich von der verbliebenen Angst und der Wut. Ich hörte auf, und dann fing es wieder an, und dann war es vorbei.
    In diesem Augenblick klingelte mein Prepaid-Telefon mit der unregistrierten Nummer.
    Ich ging ran, und eine Stimme sagte: »Hey, hier ist Tyler. Rufe ich gerade zu einem schlechten Zeitpunkt an?«
    »Wo … wie hast du diese Telefonnummer herausbekommen?«, fragte ich.
    »Ich bin ich, schon vergessen? Der Typ, der auch mit Leuten Kontakt hält, die gar nicht erreichbar sind. Sag mal, was machst du denn heute Abend? Warst du schon mal in Rom?«
    Ich war mir nicht sicher, ob er »in Rom« oder »im Rom« gesagt hatte und erkundigte mich daher: »Ist das ein Restaurant?«
    »Das ist eine Stadt in Italien. In einer Stunde fliege ich mit dem Firmenjet dorthin, und ich möchte, dass du mitkommst.«
    »Italien«, raunte ich und dachte an dieses goldene Land, in das ich so gern hatte reisen wollen, in einer Zeit, so weit von all dem hier entfernt, wobei all das hier leider mein Leben war. »Ich würde schrecklich gern«, antwortete ich, »aber ich kann nicht. Heute Abend … heute ist es ganz schlecht. Aber …«
    »Aber was?«, fragte er hoffnungsvoll.
    »Aber … gute Reise.«
    »Ich reise immer gut.«
    »Tyler?«, sagte ich noch. »Rom … ist es eine schöne Stadt? Ich meine, das klingt jetzt vielleicht blöd, aber … schimmert sie wie aus Gold?«
    Er lachte leise und sagte: »Das Essen dort ist sehr gut.« Dann legte er auf.
    Mein Herz krampfte sich zusammen, ich blickte auf das Telefon, dessen Display wieder erlosch, und warf es aus dem Fenster. Bevor ich seine Stimme gehört hatte, war ich ohne Ziel durch die Nacht gerast, ohne Plan, ohne Möglichkeiten.
    Aber jetzt erinnerte ich mich an den Schlüssel, den er mir für den Bird Cage Club gegeben hatte.
    Unter der Erde hatte ich gerade fast mein Leben verloren.
    Heute Nacht würde ich hoch oben über Chicago in den Wolken schlafen.

23
    Wenn die Morgensonne über der Innenstadt von Chicago aufgeht, dann ist das, als ob sich kilometerlange Schatten von grauen in rote und schließlich in hell erleuchtete Kästen, Vierecke und Obelisken verwandeln. Flöckchen watteähnlicher Wolken ziehen vorüber, verändern ihre Form und lösen sich auf, und dahinter erstreckt sich der Michigansee bis zum Horizont, erst blassgrün,
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