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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac
Autoren: Jules Verne
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weniger eintönig, als ich voraussetzte ….
    – Und dann haben Sie sich, fällt der Major ein, wenn ich nicht irre, unterwegs auch noch verheiratet!
    – Wait a bit
! erwidert der Yankee in merkwürdigem Tone. – Um Verzeihung … wir haben Eile ….
    – Und wir wollen Sie auch nicht aufhalten, Herr Ephrjuell, antworte ich, Sie werden uns aber doch gestatten, der Frau Ephrjuell und Ihnen selbst ein Auf Wiedersehen! zuzurufen.
    – Auf Wiedersehen!« stößt die amerikanisirte Engländerin hervor, die mir bei der Ankunft hier noch trockner erscheint als bei der Abfahrt.
    Dann wendet sie sich schnell um.
    »Ich habe keine Lust zu warten! Herr Ephrjuell ….
    – Ich auch nicht, Madame,« erwidert der Yankee.
    Herr … Madame! … Was der Kuckuck, sie nennen sich schon nicht mehr Fulk und Horatia!
    Ohne daß er ihr den Arm geboten hätte, begeben sich dann Beide nach dem Ausgange. Er geht sogar an der rechten Seite und läßt die schönere Hälfte zur Linken einhertrotten. Doch, das ist ja ihre Sache.
    Blieb noch meine Nummer 8, die stumme Persönlichkeit, die im ganzen Stücke … während der ganzen Reise, wollt’ ich sagen, kein Wort gesprochen hat. Und doch möcht’ ich den Ton seiner Stimme, wär’s auch nur auf eine Secunde … einmal hören.
    Täusche ich mich nicht, so wird sich jetzt dazu Gelegenheit bieten.
    Da steht der phlegmatische Gentleman und läßt den verächtlichen Blick über die Wagenreihe schweifen. Er hat seinem gelben Maroquin-Etuis eine Cigarre entnommen. Doch beim Schütteln des Schächtelchens mit Zündhölzern bemerkt er, daß keines mehr darin ist.
    Meine Cigarre – eine vorzügliche Londres – brannte dagegen und ich rauche mit der glücklichen Befriedigung des Liebhabers und auch mit dem Bedauern des Mannes, der diese Sorte in ganz China nicht wieder finden wird.
    Sir Francis Trevellyan hat den Glutschein an der Spitze meiner Cigarre bemerkt und kommt auf mich zu.
    Ich denke, er wird mich um Feuer bitten oder vielmehr um »Licht«, wie die Engländer sagen, und ich erwarte das herkömmliche »some light«.
    Der Gentleman begnügt sich aber den Arm auszustrecken, und mehr maschinenmäßig reich’ ich ihm meine Cigarre hin.
    Er nimmt sie zwischen Daumen und Zeigefinger, klopft das weiße Aschenköpfchen ab, zündet die seinige an, und nun bild’ ich mir doch ein, statt des nicht gehörten »some light« wenigstens ein »thank you, Sir!« zu hören.
    Nichts dergleichen! Nachdem er einige Züge aus seiner Cigarre gethan, wirst Sir Francis Trevellyan die meinige achtlos auf den Perron. Dann wendet er sich, steif wie ein echter Londoner, nach links und verläßt gemessenen Schrittes den Bahnhof.
    Wie? Und da haben Sie dazu geschwiegen? … Ja, ich war gar zu verblüfft, ich konnte kein Wort hervorbringen und mich nicht von der Stelle rühren …. Ich war wie vom Donner gerührt durch diese ultra-britannische Unverfrorenheit, während der Major Noltitz vor Lachen bersten wollte.
    Ah, wenn ich ihn wieder treffe, diesen Herrn …. Ich habe aber Sir Francis Trevellyan von Trevellyan-Hall, Trevellyanshire, niemals wiedergesehen!
    Eine halbe Stunde später sind wir im »Hôtel der Zehntausend Träume« einquartiert. Hier setzt man uns ein Diner vor, das nach den ganz unglaublichen Vorschriften der chinesischen Kochkunst zugerichtet ist. Nach eingenommenem Mahle, zur Zeit der zweiten Wache – um mich der chinesischen Bezeichnung zu bedienen – schlummern wir trotz der schmalen Betten in den wenig comfortabeln Zimmern dennoch – nicht den Schlaf der Gerechten, doch den der Erschöpften, und das ist am Ende ebenso gut.
    Vor zehn Uhr bin ich nicht wieder erwacht, und vielleicht hätt’ ich den ganzen Vormittag verschlafen, wenn ich mich nicht der Erfüllung meiner Pflicht erinnerte. Und welcher Pflicht! Mich nach der Cha-Chuastraße zu begeben, ehe der traurige Kasten an seine Adressatin, Fräulein Zinca Klork, abgeliefert worden war.
    Ich stehe also auf. Ja, wenn Kinko nicht umgekommen wäre, hätt’ ich mich nach dem Bahnhofe zurückbegeben, ihm, wie versprochen, bei der Entladung des kostbaren Collos beigestanden … ich hätte darüber gewacht, daß er vorschriftsmäßig auf den Rollwagen gesetzt wurde … hätte ihn bis zur Cha-Chuastraße begleitet … ihn sogar ins Zimmer des Fräulein Zinca Klork hinaustragen helfen! … Und dann, welcher Jubel, wenn der Verlobte durch die Vorderseite des Kastens herausgesprungen und der wunderhübschen Rumänin in die Arme gestürzt wäre
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