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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac
Autoren: Jules Verne
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genanntes Dampfschiff in demselben Augenblicke die Mündung des Peï-Ho verließ und ins offene Meer hinaussteuerte.
    Unglückseliger Reisender! Wer kann sich wundern, daß unser armer Zug mit einer ganzen Sündfluth teutonischer Flüche überschüttet wurde, die der Baron »von Backbord und von Steuerbord« – wie Herr Caterna gesagt haben würde – hinausdonnern läßt. Und, offen gestanden, er hat ja am Ende ganz Recht, sich in seiner kräftigen Muttersprache auszutoben.
    In Tien-Tsin sind wir nur eine Viertelstunde geblieben. Die Leser des »XX. Jahrhundert« mögen mir also verzeihen, daß ich diese Stadt von fünfmalhunderttausend Seelen nicht besucht habe, die chinesische Stadt mit ihren wunderlichen Tempelbauten, das europäische Viertel, wo der sehr lebhafte Handel seinen Sitz hat, und auch nicht die Quais des Peï-Ho, auf dem Hunderte von Dschonken stromauf-und stromabwärts segeln …. Die Schuld dafür fällt auf Farnsklar, und schon allein, daß er mir meine Reporterthätigkeit unterbunden hat, verdient, daß er von dem phantasiereichsten Henkersknechte Chinas vom Leben zum Tode befördert werde!
    Die letzten Strecken unsrer Reise wurden durch keinen Zwischenfall gestört.
    Am tiefsten schmerzt mich nur, daß ich Kinko nicht mitbringe und daß sein Kasten leer ist …. Und er hatte mich doch ersucht, ihn zu Fräulein Zinca Klork zu begleiten! … Wie soll ich dem unglücklichen jungen Mädchen nun mittheilen, daß ihr Verlobter im Bahnhofe zu Peking nicht mit eingetroffen ist? …
    Schließlich nimmt in dieser Welt doch Alles einmal ein Ende, selbst eine Fahrt über sechstausend Kilometer auf der Groß-Transasiatischen Eisenbahn, und nach einer Reise von dreizehntägiger Dauer hält unser Zug an den Pforten der Haupt-und Residenzstadt des großen Himmlischen Reiches.
Sechsundzwanzigstes Capitel.
    »Peking! Alles aussteigen!« ruft Popos.
    Herr Caterna antwortet mit richtig schnarrendem Parisisch:
    »Glaub’s Dir, alter Junge!«
    Alle Welt hat die Wagen geräumt.
    Es ist um vier Uhr Nachmittags.
    Für Leute, die durch eine dreihundertzwölf Stunden lange Fahrt erschöpft sind, ist’s jetzt nicht an der Zeit, durch die Stadt – was sag’ ich? … durch die vier ineinander geschachtelten Städte zu laufen. Dazu hab’ ich ja Muße genug, da sich mein Aufenthalt in dieser Hauptstadt auf mehrere Wochen erstrecken wird.
    Vorläufig empfiehlt es sich, ein Hôtel auszuspähen, in dem ich einigermaßen erträglich wohnen kann. Nach eingeholter Erkundigung heg’ ich die Hoffnung, daß das in der Nähe des Bahnhofs gelegene »Hôtel der Zehntausend Träume« ein Unterkommen bieten dürfte, das unsre abendländischen Gewohnheiten nach Möglichkeit befriedigt.
    Die dem Fräulein Zinca Klork zugedachte Visite denk’ ich am folgenden Tage abzustatten. Ich werde mich zu ihr noch eher begeben, als der Kasten in ihre Wohnung geschafft worden ist, und ach! immer zu zeitig, weil das nur den Zweck hat, ihr das Ableben ihres Verlobten mitzutheilen.
    Der Major Noltitz wird mit mir dasselbe Hôtel bewohnen. Ich brauche von ihm nicht Abschied zu nehmen, so wenig wie von Herrn und Frau Caterna, die vor ihrer Weiterreise nach Shangaï ebenfalls vierzehn Tage hier zu verweilen denken. Pan-Chao und der Doctor Tio-King werden von einem Wagen abgeholt, der sie nach dem, von der Familie des jungen Chinesen bewohnten Yamen entführt. Wir werden uns jedoch wiedersehen. Freunde scheiden nicht mit einem einfachen Lebewohl von einander, und der Händedruck, den ich mit ihm beim Verlassen der Waggons gewechselt, wird nicht der letzte gewesen sein.
    Herr und Frau Ephrjuell wollen eiligst vom Bahnhof verschwinden, um sich ins Geschäft zu stürzen, was sie zur Aufsuchung eines Hôtels im Handelsviertel der Stadt, innerhalb der chinesischen Umfassungsmauer, nöthigt. Sie werden aber nicht fortkommen, ohne daß ich mich von ihnen empfohlen habe.
    So treten wir, der Major Noltitz und ich, auf das liebenswürdige Paar zu, wobei es zum Austausche der landläufigen Höflichkeiten kommt.
    »Endlich, red’ ich Fulk Ephrjuell an, sind die zweiundvierzig Frachtstücke des Hauses Bulbul and Co. im sichern Hafen angelangt! Freilich hätte nicht viel daran gefehlt, daß die Explosion unsrer Locomotive Ihre künstlichen Zähne zerstörte ….
    – Ganz richtig, Herr Bombarnae, antwortet der Amerikaner, meine Zähne sind bei der Geschichte gut weggekommen. Was haben wir seit der Abfahrt von Tiflis für Abenteuer erlebt! … Wahrlich, die Fahrt war
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