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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa
Autoren: Jude Deveraux
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anzunehmen, die nicht von dir stammt, dann werden es zornige Worte sein — und der Zorn wird uns scheiden. «
    Ihre Blicke berührten sich eine lange schweigende Minute.
    »Überlege dir sorgfältig, was du sagtst«, sagte Raine leise. »Wir haben schon früher wegen dieser Sache gestritten. «
    »Raine, siehst du nicht ein, wie sehr dich dieser Haß verzehrt? Selbst Stephen fiel auf, wie stark du dich verändert hast. Vergiß Roger Chatworth. Geh zum König, bitte ihn um Verzeihung, und laß uns leben. Sprich nicht dauernd von Tod und Sterben. «
    »Ich bin ein Ritter. Ich habe geschworen, Unrecht zu rächen. «
    »Dann tu etwas gegen die Einfriedungsgesetze! « schrie sie. »Sie sind ein Unrecht. Aber beende diese scheußliche Fehde mit Roger Chatworth. Seine Schwester wird einen Montgomery zur Welt bringen. Ein neues Leben für Marys Leben. Was kannst du mehr verlangen? «
    Draußen erschollen abermals die Trompeten, und das Geräusch ging Clarissa durch und durch.
    »Ich muß mich wappnen«, sagte er. »Wirst du mir dabei helfen? «
    »Nein«, sagte sie leise. »Ich bringe es nicht fertig. «
    »So sei es«, flüsterte er. Mit einem letzten Blick auf sie wandte er sich seiner Rüstung zu.
    »Du wählst zwischen mir und Roger Chatworth«, sagte sie.
    Er gab ihr keine Antwort, sondern beschäftigte sich mit seinem Harnisch. Clarissa verließ das Zelt.
    »Geh zu ihm, Jocelin«, sagte sie draußen. Zu Joan gewandt, befahl sie: »Komm, wir müssen packen. Ich reite zu meiner Tochter. «
    Clarissa hatte die Absicht, den Wald zu verlassen, ehe der Zweikampf begann. Natürlich konnte Raine gewinnen, überlegte sie, aber vermochte sie Zeuge zu sein, wie Stück für Stück sein Körper in Stücke gehackt wurde? Sie war überzeugt, daß Roger Chatworth genauso von Haß getrieben wurde wie Raine.
    Es dauerte zwei Stunden, ehe sie die ersten Geräusche von Schwertern hörte, die aufeinanderprallten. Langsam legte sie das Gewand, das sie zusammenfalten wollte, zur Seite und verließ ihr Zelt. Was er auch tat, mit wem er auch kämpfte, welche Gründe ihn dazu bewegten — er war ihr Mann.
    Sie hatten schon fast die Lichtung erreicht, wo die Männer kämpften, als Joan sie zurückhielt.
    »Schaut nicht hin«, sagte Joan. »Chatworth ist erbarmungslos. «
    Clarissa starrte ihre Magd einen Moment an und lief dann nach vorn.
    »Joss«, rief Joan, »halt sie zurück! «
    Jocelin packte Clarissas Arme und hielt sie fest. »Das ist ein Schlachten«, sagte er, ihr in die Augen sehend. »Vielleicht war Rogers Wut größer und hat ihm übermenschliche Kräfte verliehen. Was auch der Grund sein mag — Raine verliert den Kampf. «
    Clarissa stieß Joss von sich weg. »Raine gehört mir — im Tod wie im Leben. Laß mich gehen! «
    Mit einem Blick auf Joan ließ Jocelin sie los.
    Auf den Anblick, der sich nun Clarissa auf der Lichtung bot, war sie durch nichts vorbereitet. Die beiden Männer kämpften zu Fuß, und Raines Rüstung war so mit Blut bedeckt, daß die goldenen Leoparden, das Wappenzeichen der Montgomerys, kaum noch zu erkennen waren. Sein linker Arm schien nur noch an einem Faden zu hängen; doch er kämpfte wacker weiter mit seinem rechten Arm. Roger Chatworth schien mit dem geschwächten, blutigen Mann zu spielen, während er ihn umkreiste.
    »Er stirbt«, sagte Clarissa. Raine hatte immer so großes Vertrauen in seine Ehre gesetzt, doch nun starb er wie ein Tier in einem Käfig, hing von Chatworth’ Gnade ab, wurde von ihm gedemütigt.
    Sie wollte zu ihm rennen; doch Joss fing sie noch rechtzeitig ein. »Raine! « schrie sie.
    Roger Chatworth drehte sich um, sah sie an, und obwohl sein Gesicht unter dem Visier nicht zu erkennen war, schien er ihr Elend zu begreifen. Er beschrieb noch einen Halbkreis und hieb dann die Schneide seiner Streitaxt in Raines Kreuz.
    Raine stand still und fiel dann mit dem Gesicht nach vorne wie ein gefällter Baum, während Roger schweigend über ihm stand.
    Sogleich riß sich Clarissa von Joss los und rannte auf die Lichtung. Langsam kniete sie neben Raines zerschmetterten Körper nieder und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Sie hatte keine Tränen, nur ein Gefühl tiefer Betäubung, als versickerte ihr eigenes Blut im Boden.
    Mit großer Ehrfurcht hob sie den Kopf an und entfernte den Helm.
    Der keuchende Laut, den sie von sich gab, veranlaßte Roger Chatworth, sich noch einmal umzudrehen. Nach einem langen ungläubigen Moment warf er den Kopf in den Nacken und stieß einen entsetzlichen
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