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Chronos

Titel: Chronos
Autoren: Robert Charles Wilson
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»Fleisch« betrachtet. Gegrillte Rippchen. Es reizte ihn zum Lachen, aber er hatte Angst vor dem Lärm, den sein Gelächter in diesem leeren Tunnel erzeugen konnte.
    In diesem Durchgang durch die Zeiten. Es war kein Tunnel unter der Erde; es war etwas Seltsameres. Ein merkwürdiger Ort, um dort mit einer möglicherweise tödlichen Wunde neben dem Mann zu liegen, der sie einem zugefügt hatte.
    Er sah, wie der Eindringling sich bewegte. Entsetzt hob Tom den Kopf. Aber der Eindringling war nicht feindlich gesonnen, sondern er hatte nur Angst, und er versuchte, mit seinem zerbrochenen Körper zurückzuweichen: vor der plötzlichen Erscheinung.
    Vor diesem Lichtkranz in Form eines menschlichen Wesens.
    Die Erscheinung kam mit unglaublichem Tempo auf den Eindringling zu.
    Ein Zeitgespenst, dachte Tom, der zu schläfrig war, um Angst zu haben. Doug hatte es so genannt. Ein Geist von etwas, das in diesem Riss in der Welt geboren worden war. Der Geist einer Spezies, die aus dem Leben gerissen wurde.
    Etwas, das zu groß war, um von seiner Vorstellung erfasst zu werden. Er spürte seine Ausmaße, während es nur wenige Meter entfernt schwebend ausharrte. Es war groß – von einer Dimension, die er nicht erfassen konnte. Es bestand aus vielen, während es trotzdem als Einzelwesen erschien.
    Er spürte seine Wärme, die über sein Gesicht strich.
    Er spürte, wie es über ihn nachdachte ... und an ihm vorüberging.
    Er sah es über dem Eindringling schweben, sah, wie es den verängstigten Mann in einen Schleier unerträglichen Lichts einwickelte.
    Und dann verschwand es, und der Eindringling war nicht mehr vorhanden.
    Tom hörte Stimmen, die seinen Namen riefen. Joyces Stimme war darunter. Er drehte sich mit fiebriger Dankbarkeit zu dem Geräusch um und wäre sicherlich aufgestanden, wenn die Dunkelheit ihn nicht in diesem Moment mit sich gerissen hätte.

 
    TEIL DREI
    ZEIT
     
    24
    Als er erwachte, war von seiner Wunde nicht mehr übrig als rosige neue Haut und ein gelegentlicher Phantomschmerz. Die kybernetischen Helfer hätten ihn geheilt, erklärte Ben. Er habe dreieinhalb Wochen tief und fest geschlafen.
    Das Haus war ebenfalls repariert worden. Keine Spur war mehr von dem Qualm und dem Feuer vorhanden. Die Fensterrahmen waren ausgetauscht und neue Scheiben waren eingesetzt worden. Das Haus befand sich in einem makellosen Zustand.
    Genauso, wie ich es vorgefunden habe, dachte Tom. Neu und alt. Einen halben Schritt außerhalb der Zeit.
    »Da ist jemand, den Sie unbedingt kennenlernen müssen«, sagte Ben.
    Sie wartete in der Küche auf ihn.
    Noch etwas benommen von seiner Genesung und von den Ereignissen, die in seinem Gedächtnis noch zu frisch waren, erkannte er sie zuerst nicht.
    Er spürte nur eine seltsam starke Vertrautheit, eine Art Déjà-vu-Gefühl. Dann sagte er: »Sie waren in dem Wagen ... Sie haben den Wagen gefahren, der ihn erwischt hat.« Er erinnerte sich an das Gesicht, das er für einen kurzen Moment über den Scheinwerfern gesehen hatte.
    Sie nickte. »Das stimmt.«
    Sie hatte graue Haare, war um die fünfzig Jahre alt und ein wenig breit um die Hüften. Bekleidet war sie mit Jeans und einer blauen Baumwollbluse. Dazu trug sie eine Brille, deren dicke Gläser ihre Augen sehr groß erscheinen ließen.
    Er betrachtete sie eingehender, und die Welt schien um ihn herum zu versinken. »Oh mein Gott«, stieß er hervor. »Joyce!«
    Ihr Lächeln war offen und aufrichtig. »Wir begegnen uns immer unter den seltsamsten Umständen, nicht wahr?«, sagte sie.
    Er verbrachte ein paar Tage im Haus und unterzog sich, wie Doug es nannte, einer »emotionalen Dekompression«, aber er konnte nicht dortbleiben. Das Haus war im wahrsten Sinne des Wortes wieder von seinem Vorbesitzer übernommen worden. Die Zeitreisestation war repariert worden. Für Tom war dort kein Platz mehr.
    Er war sozusagen heimatlos, aber er war nicht arm. Eine Summe, die dem Preis entsprach, den er für das Haus gezahlt hatte, war plötzlich auf dem unter seinem Namen geführten Konto bei der Bank of America aufgetaucht. Tom wollte von Ben wissen, wie es zu diesem glücklichen Zufall hatte kommen können – dabei war er sich nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte –, und Ben erwiderte: »Ach, Geld ist kein großes Problem. Die richtige Elektronik und entsprechende Berechnungen können wahre Wunder wirken. Am erstaunlichsten ist es, dass man so etwas per Telefon erledigen kann.«
    »Das ist ja fast genauso wie das, was Hacker am Computer
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