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Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis

Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
Autoren: A. J. Lake
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gerannt. Der Schuppen brannte bereits lichterloh. Versuche, das Feuer mit Eimern voller Meerwasser zu löschen, blieben vergeblich. Noch in der Nacht griff das Feuer auch auf den anderen Schuppen über – schlimmer als ein Sturm habe es gewütet, sagte die Frau des Häuptlings mit düsterer Genugtuung – und dann auf das Bootshaus. Dort lag eins der beiden Passagierschiffe, mit dem die Männer des Dorfes Reisende zum Festland übersetzten.
    »Alle haben geheult!«, rief ein Junge. Es war klar, dass der Trockenfisch, von dem das Dorf im Winter lebte, mitverbrannt sein musste und außerdem die für den Lebensunterhalt der Dörfler unentbehrlichen Fischernetze. Das Boot, ihr schönstes, ermöglichte ihnen den Kontakt mit der Außenwelt und in den Sommermonaten ein zusätzliches Einkommen. Jetzt drohte es ebenfalls zu verbrennen. Dann schlug auch noch der Wind um und ein Eckpfosten auf der anderen Seite des Bootshauses fiel um und rollte brennend auf die Hütten zu.
    »Alles brüllte und lief durcheinander!«, rief ein Zuhörer.
    »Ich hielt uns zu dem Zeitpunkt schon für so gut wie tot und begraben.«
    »Aber dann … kam er.«
    Aus dem Nichts war ein Fremder aufgetaucht. Sie waren zu ihren Häusern gerannt, um ihre Kinder und die wichtigste Habe zu retten. Da ertönte hinter ihnen eine laute, befehlsgewohnte Stimme und ein von Flammen umzüngelter Mann stand vor ihnen. Über der Schulter hing ihm ein Sack voller Fische, in den Armen hielt er Netze.
    »Er war schön wie ein Engel«, seufzte eine junge Frau.
    Einige sagten, er sei ohne sich zu verbrennen durch das Feuer geschritten, andere, er habe sich so schnell bewegt, dass das Feuer ihm nichts habe anhaben können. Fest stand, dass er die Dörfler vor dem Hungertod gerettet hatte. Er hatte ihnen geholfen, den brennenden Pfosten zu löschen, der ihre Hütten bedrohte, und er hatte die über den Boden züngelnden Flammen persönlich ausgetreten. »Das Feuer ging aus, als hätte es Angst vor ihm«, sagte ein Mann. Und anschließend hatte der Fremde ihnen geholfen, das Boot aus dem brennenden Bootshaus zu retten. Mit der Kraft von einem Dutzend Männer hatte er selbst an dem Seil gezogen. Er hatte nicht geruht, bis das Feuer eingedämmt war und Hütten und Habe nicht mehr in Gefahr waren. Das Feuer war ausgebrannt und er hatte mit ihnen gefeiert.
    Seinen Namen hätte er nicht genannt, sagte die Frau des Dorfvorstehers, auch eine Belohnung habe er nicht annehmen wollen. Er sei ein Reisender, habe er gesagt, auf der Suche nach einer Fahrtmöglichkeit nach Süden zum Festland.
    Sonst machten sie die Überfahrt im Winter nur selten, aber diesmal … Das Dorfoberhaupt, ihr Mann, habe das Schiff persönlich gesteuert, die jungen Männer hätten sich darum gerissen, rudern zu dürfen. Heute Morgen seien sie mit dem Boot aufgebrochen, das der Held aus den Flammen gerettet habe.
    Auf die Worte der Frau folgte Schweigen. Adrian wagte nicht, Elsa anzusehen, zu deutlich sah er das Bild vor Augen: wie der Feuerball, der eben noch die Eishöhlen verwüstet hatte, in den Schuppen eingeschlagen hatte, wie der Betrüger Loki sich in einen schönen Helden verwandelt und geholfen hatte, die Katastrophe abzuwenden, die er selbst herbeigeführt hatte. Denn welcher Sterbliche konnte über das Feuer gebieten wie er? Adrian sah, dass Cathbar und Cluaran zu demselben Schluss gelangten, doch Cathbar warf ihm einen warnenden Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Adrian hätte die leichtgläubigen Dorfbewohner am liebsten aus ihrem Irrglauben gerissen. Loki war es, Loki, das Ungeheuer, das Feuer gelegt hat! Er hat schon Hunderte wie euch ermordet. Wie konntet ihr so blind sein? Doch er wusste die Antwort auf seine Frage bereits, er brauchte nur in die strahlenden Gesichter um sich herum zu blicken. Die Dörfler hatten ein Wunder erlebt und keines seiner Worte würde sie eines Besseren belehren.
    »Eine wahrhaft schöne Geschichte«, sagte Cluaran schließlich ehrerbietig. An die Frau gewandt, fuhr er fort: »Auch wir sind Reisende, wenngleich keine Helden, und auf der Suche nach einer Überfahrt nach Süden. Die Jahreszeit ist dafür schlecht gewählt, gewiss. Aber Eure Geschichte hat in mir den Wunsch entfacht, jenen heldenhaften Mann selbst kennenzulernen. In den Gesichtern meiner Gefährten lese ich, dass es ihnen genauso geht. Zu welchem Hafen haben Eure Männer ihn gebracht?«
    Das Gesicht der Frau leuchtete. »Ich verstehe Euch vollkommen. Nicht viele Menschen können von sich
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