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Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert
Autoren: Ma2
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nicht einmal besonders eilig. Nur das hungrigste von ihnen, das alte Männchen, durch dessen Augen er zuerst geblickt hatte, eilte voraus, begierig, die Beute als Erster zu erreichen.
    Er stolperte schmerzhaft über eine Wurzel und sein Blick kehrte mit einem Ruck wieder in seine eigene Umgebung zurück. Unwillkürlich war er immer schneller gegangen und hatte Cathbar hinter sich hergezogen.
    »Ich sehe schon den Schnee!«, rief Elsa vor ihnen.
    Adrian spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Doch vor ihnen lichteten sich tatsächlich die Bäume und durch sie hindurch sah er eine große sonnenbeschienene Schneefläche und in der Ferne zerklüftete graue Berge. Elsa hatte den Waldrand fast erreicht.
    Hinter sich hörte er, noch ganz leise, das Geheul der Wölfe.

3. KAPITEL
    Ich war schon ein alter Mann. Wie sollte ich die Welt retten? »Ich mache jetzt Pflüge und Kochtöpfe, keine Schwerter mehr«, sagte ich. »Lasst mich bei meiner Frau und meinem Sohn bleiben, sie müssen noch lange genug ohne mich auskommen.« Die Fay altern nicht, heißt es, und meine Frau schien mir seit damals, als sie ihr Volk verlassen hatte, nicht gealtert zu sein, obwohl unser Sohn inzwischen fast achtzehn war. Seine fröhliche Natur und die Schönheit seiner Mutter waren meine ganze Freude. Sollte ich sie verlassen? Denn das Schwert müsse in das kalte Land gebracht werden, sagten meine Besucher. Ohne das Schwert sei alles verloren.
     
    Cluaran schloss rasch die Tür hinter sich. Er hatte nicht mehr viel Zeit bis zu seiner Vorladung und wollte nicht gestört werden.
    Er hob die Laterne hoch und sah sich mit grimmiger Genugtuung in der Kammer um. Sie wirkte in dem flackernden gelben Schein größer, als sie war. Ihr hinterer Teil, wo die Mauern in den nackten Felsen des Berges übergingen, versank im Dunkeln. Das große eiserne Gestell mit den Lederriemen stand noch da, doch Orgrim, der Mann, der seine Opfer daran festgeschnallt hatte, saß jetzt im Gefängnis und war verrückt und blind. Cluaran ließ sich nicht leicht einschüchtern, trotzdem wandte er sich ab, um das Gestell nicht sehen zu müssen.
    Orgrims im Berg versteckte Kammer war ein schlimmer Ort. Der König hatte den Zutritt verboten, doch Cluaran war nicht sein Untertan, er ging, wohin er wollte. Er trat vor das Regal mit Büchern und überflog im Schein der Laterne deren Rücken. Bei seinem letzten Besuch hatte er Orgrims Zauberbücher als Beweise für den Verrat des obersten königlichen Ratsherrn mitgenommen. Doch befand sich in dem Regal noch ein anderes Buch, ein Buch, das Orgrim nie hätte lesen dürfen und das jetzt niemand mehr lesen würde.
    Da stand es: ein dünnes, in Leinen gebundenes Büchlein. Das Leinen war trübrot gefleckt, in der Farbe getrockneten Blutes. Cluaran schlug langsam die erste Seite auf und las die vertrauten Worte. In Gedanken hörte er sie in einer längst verstummten Stimme, einer Stimme, die er auf seinen Wanderungen nie mehr hören würde.
    Abrupt klappte er das Buch zu und verstaute es zuunterst in seinem Ranzen. Jetzt hatte er alles, was er für die bevorstehende Reise brauchte.
     
    Die große Halle König Beotrichs war mit alten Männern in roten Mänteln gefüllt. Erst zwei Tage zuvor war der königliche Rat einberufen worden, und Cluaran stellte sich vor, wie im ganzen Königreich in größter Eile verblichene Roben hervorgekramt worden waren – aus Kisten oder von anderen Orten, wo sie die vergangenen vier Jahre als Decken gedient hatten. Die Söhne und Brüder der von Orgrim hingerichteten Ratsherrn waren noch nicht aus dem Exil zurückgekehrt und der alte Aagard, ihr rechtmäßiger Anführer, war noch aus dem fernen Westen nach Venta Bulgarum unterwegs – doch der Rat tagte wieder.
    Beim Betreten der Halle fühlte Cluaran die Blicke aller Anwesenden auf sich gerichtet. Er trug als Einziger keinen Bart und war dem Aussehen nach zu urteilen der bei Weitem jüngste Mann und mit seiner schmächtigen Gestalt und dem einfachen braunen Kittel ganz sicher der unscheinbarste. Doch als er vor dem Thron stand und sich verbeugte, wurde es still und der König blickte ihm sichtlich erleichtert entgegen.
    »Seid willkommen, Meister Cluaran«, sagte Beotrich leise. An die versammelten Ratsherrn gewandt, fuhr er mit erhobener Stimme fort: »Ich eröffne hiermit die Sitzung des königlichen Rats und fordere ihn auf, Rat zu sprechen.« Die förmlichen Worte fielen ihm sichtlich schwer, und das mit gutem Grund, dachte Cluaran, schließlich war der
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