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Chronik einer Trennung (German Edition)

Chronik einer Trennung (German Edition)

Titel: Chronik einer Trennung (German Edition)
Autoren: Tobi Thoy
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solche Mühe gegeben habe. Und jetzt ist sie ohne mich gegangen!“
    Er war wütend. Die verrücktesten Dinge gingen ihm durch den Kopf. Wenn er sie in diesem Augenblick gesehen hätte, dann hätte er ihr alles gesagt, was er übe r sie dachte. Sie hatte nicht auf ihn gewartet! Er fühlte sich wie betrogen. Es war eine dieser Situationen, in denen er daran dachte, was sie ihm schon alles angetan hatte. Das sie nicht auf ihn wartete, war auf jeden Fall fast so schlimm wie ihr verletzender Humor, der kein Thema ausließ: wie z.B. Sexwitze über ihn. Es traf ihn jedes Mal wie ein Stich ins Herz, auch wenn viele davon sicher nur frei erfunden waren, ein Fünkchen Wahrheit mussten sie enthalten.
    Obwohl Christian eigentlich zu Maria fahren wollte, ihr sagen wollte was er gerade über sie  dachte, traute er sich nicht. Stattdessen fuhr er nach Hause, denn sein Vater wartete mit Sicherheit schon.
    Was war nur los mit Maria? Sicher war er Schuld an ihrem sonderbaren Verhalten. Er hatte etwas getan, was sie verärgerte, klar! Was sollte er tun? Da gab es nur eine Möglichkeit: Das tun was sie von ihm verlangte!
    Zu Hause nahm Christian das Telefon und ging in sein Zimmer. Die Nummer seines früheren Therapeuten, der ihm damals geholfen hatte, als er noch ein `Stumm-wie-ein-Fisch` war, hatte Christian schon im Sommer herausgesucht. Doch damals hatte er das seinen Eltern noch nicht antun können. Die Behandlung bei einem Therapeuten hätte das Budget ihres Haushaltes weit überschritten. Jetzt war jedoch alles anders, jetzt war seine Mutter verbeamtet worden, jetzt waren sie privat versichert.
    Doch was würde passieren, wenn seine Eltern erfahren würden, dass er Probleme hatte, depressiv war? Sie würden ihn auslachen, einfach sagen, er solle doch einfach mal raus gehen, an die frische Luft, Sport machen, dann würde das schon besser werden. Sie würden ihn nicht verstehen und es ihm vielleicht nicht erlauben.
    Das waren Gedanken, die ihm jetzt durch den Kopf gingen, während er mit den Fingern auf das Telefon trommelte . Dann stand er noch einmal auf und ging in die Küche. Mit zitternden Händen öffnete er die Kaffeedose, den Inhalt ließ er auf den Boden rieseln. Mit der leeren Kaffeetasse in der Hand ging er wieder zurück in sein Zimmer.
    Ein Buch im Regal stand leicht gekippt, Christian rückte es zurecht.
    Er schaute auf ein Foto in seinem Portmonee: seine Freundin und er, in glücklichen Zeiten, die doch so selten waren, vor allem in den letzten Monaten, in denen sie immer weniger Zeit mit ihm alleine verbringen wollte, weil er dauernd schlechte Laune hatte und sie sich immer öfter stritten. Schon seit Monaten waren sie nicht mehr wirklich alleine gewesen. In den Pausen saßen immer auch Andreas und Sören neben ihnen und zu Hause waren nun mal seine Eltern und beobachteten sie auf Schritt und Tritt.
    Er nahm seinen Mut zusammen und wählte die Nummer.
    „Praxis Dr. Markus Mixa, hallo? “
    „ Mein Name ist Christian Pech. Ich hätte gerne einen Termin bei Dr. Mixa, es ist relativ dringend“, zitterte er in den Hörer, der Sprechstundenhilfe entgegen.
    „Privat oder Kasse?“, fragte sie ohne Zögern.
    „Ich bin ü ber meine Mutter privat versichert.“
    Einige Sekunden hörte er nur das umblättern von Seiten.
    „Herr Pech?, Dr. Mixa hat nächste Woche Dienstag einen Termin frei.“
    „Ja, okay.“
    Erleichtert hatte er wieder aufgelegt. Er hatte sich getraut anzurufen, einen Termin zu machen. Er hatte es sich getraut!
    Jetzt würde alles gut werden. Vielleicht war nun auch der der Zeitpunkt gekommen um mit jemand anders zu reden: seinem Vater! Jetzt würde er ihm sagen, dass er vorhatte mit Maria zusammenzuziehen. Seine Zeit war gekommen, obwohl es ihm noch einige Überwindung kosten würde.
    H eute war sein Tag!
     
     
    Der Todesstoß
     
    Christian durchquerte zum zehnten Mal sein Zimmer und schnipste dabei nervös mit den Fingern. Für einen Augenblick lehnte er sich an die Tür und lauschte aufmerksam. Es schien, als würde er alle Geräusche die aus dem Wohnzimmer kamen, einsaugen. Es war nichts zu hören, nichts was er nicht auch an jedem anderen Tag der Woche gehört hätte. Sein Vater, vor dem Fernseher eingeschlafen schon bevor Christian nach Hause gekommen war, schnarchte laut. Seine Mutter war wahrscheinlich noch bei der Arbeit.
    Christian öffnete leise die Tür seines Zimmers, warf einen Blick auf seinen, auf dem Sofa schlafenden Vater. Da lag er, sein Vater, dem er so dankbar war, für alles
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