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Chronik einer Trennung (German Edition)

Chronik einer Trennung (German Edition)

Titel: Chronik einer Trennung (German Edition)
Autoren: Tobi Thoy
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sie bei dir?“
     
    Eine halbe Stunde.
    E ine Stunde.
    Wut stieg in ihm auf, unerklärbare Wut, die ihn übermannte.
     
    „ Du kannst mir nicht weismachen, dass du heute kein einziges Mal auf Facebook warst!“
     
    Das schrieb er Andreas. Er muss das doch gelesen haben?! Wieso antwortete er nicht? Wollte Christian es überhaupt wissen? Die Wahrheit würde ihn sicher nur noch mehr aufregen.
    Es ware n doch nur seine Gedanken. Nein, es war die Realität, seine unfehlbare Intuition, auf die er sich immer verlassen konnte. Er wusste dass sie bei ihm war.
     
    „Andy, ich habe keine Ahnung was mit Maria und dir abgeht, warum ihr mir nicht mehr schreibt und ich will es auch gar nicht wissen, aber es gefällt mir nicht.“
     
    Nein, es gefiel ihm ganz und gar nicht. Oder lernten sie etwa beide nur, unabhängig voneinander? Morgen war eine äußerst wichtige Vor-Abi-Klausur. Sicher, sie lernten beide nur. Jetzt bereute er die letzte Mail schon wieder.
    Dann endlich kam die erlösende Nachricht von Andreas. Es war nun ca. 22.41 Uhr. Christian hatte den ganzen Tag nur vor dem Computer verbracht.
     
    „Wir schreiben morgen unsere Vor-Abi-Klausur! Hast du nichts Besseres zu tun? Ich habe Angst um jeden Punkt… das habe ich wirklich. Du weißt nicht wie das ist, was ich gerade durchmache.“
     
    Oh nein, er konnte nicht wissen, was Andreas gerade durchmachte.
    „Ich mach e doch noch viel Schlimmeres durch, du Arschloch“, dachte er nur. Doch Andreas hatte ihm wenigstens geschrieben. Aber was war mit Maria?
     
    „Ich kann mich nicht konzentrieren. Maria hat mir den ganzen Tag nicht geschrieben und deswegen kann ich mich nicht konzentrieren. Und es ist ja durchaus möglich, dass sie sich mit dir verabredet hat und den ganzen Tag mit dir verbringt, oder nicht?
    A ußerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich wegen der Vor-Abi-Klausur so einen Stress macht und mir deswegen den ganzen Tag nicht schreibt.“
     
    Dies war seine letzte Mail an diesem Tag, auf die keine Antwort mehr kam.
    In dieser Nacht konnte Christian wieder nicht schlafen. Er hatte Angst, Angst vor der Klausur, für die an diesem Sonntag nicht gelernt hatte, und Angst um Maria. Die Schmerzen in seinem Herzen waren nun erträglich und dies war die schlimmste Angst, sie wuchs wie ein bösartiges Geschöpf in seinen Gedanken: vor allem hatte er Angst, dass er am nächsten Morgen nicht mehr aufwachte, weil sein schmerzendes Herz in der Nacht einfach aufhörte zu schlagen.
     
     
    Wo ist Maria?
     
    Der nächste Tag begann für Christian als sein Wecker wie immer um 6.07 Uhr klingelte.
    Er lag schon vorher wach im Bett.
    Duschen – eiskalt – den schmerzenden Kopf gegen die kühlende Tür der Duschkabine gehalten, danach Sachen packen: Pädagogik zurück in den Ranzen, zwischen den Englisch und Spanischordner, alphabetisch sortiert.
    S ein Vater hatte ihm wie üblich ein Salami-Nutella-Brötchen geschmiert, was Christian weder essen wollte noch mochte. Wie immer würde er das Brötchen an der Bushaltestelle in einen Mülleimer werfen. Er musste nur darauf achten, dass sein Vater ihn nicht dabei erwischte. Essen wegschmeißen durfte Christian auf keinen Fall, denn reich war seine Familie nicht, im Gegensatz zu Andreas, der irgendwie immer Geld hatte.
     
    Christian und seine Eltern wohnten schon seit einigen Jahren in einer kleinen Wohnung außerhalb der Stadt.
    Nach seiner schrecklichen Zeit in der Grundschule war Christian zuerst auf die Reals chule in der Nähe gegangen, bis der Schulleiter seinen Eltern ans Herz gelegt hatte, ihren Sohn woanders unterzubringen, da dieser nach Monaten nicht auch nur ein Wort gesprochen hatte.
    So kam Christian auf die integrierte Gesamtschule in der Innenstadt, wo ihm eine dringend notwendig gewordene extra Betrauung zu Teil werden konnte. An dieser neuen Schule hatte Christian allmählich den Kontakt zu anderen Menschen wieder gefunden, sich getraut zu reden.
    Sein bester Freund und lange auch sein einziger Freund, wurde Sören. Es hieß sie beide gegen den Rest der Welt. Natürlich war auch Sören nicht perfekt und hatte sicher den oder anderen Makel, aber er war immer für Christian da gewesen. Selbst als Sören sich auch andere Freunde suchte, wie Elton und Jonas aus ihrem Jahrgang, war Christian immer noch sein bester Freund.
    Vor zwei Jahren, sieben Monaten und dreizehn Tagen dann hatte Christian Andreas kennengelernt, als dieser neu in ihren Jahrgang kam.
    Andreas: erfahren, klug, gutaussehend, witzig,
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