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Chronik einer Trennung (German Edition)

Chronik einer Trennung (German Edition)

Titel: Chronik einer Trennung (German Edition)
Autoren: Tobi Thoy
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schwer aufzubleiben: in der Nacht hatte er wenig geschlafen, mal wieder. Es war der Schmerz in seiner Brust, der ihn wach gehalten hatte. Stumm aß er widerwillig sein Steak. Sein Magen rebellierte bei jedem Bissen den er hinunterwürgte.
    „ Lernst du heute für die Schule? Morgen Vor-Abi-Klausur, ne? Weist schon, wie wichtig die Bildung heutzutage ist, ne? Hätte ich damals die Möglichkeit gehabt Abitur zu machen, hätte ich es locker geschafft!“
Christian nickte.
„Als ich in deinem Alter war, da konnte ich nicht so einfach zur Schule gehen, da musste ich eine Lehre machen. Da habe ich 1985 als Schlosser dreihundert Mark im Monat verdient. Meine Eltern haben mich nicht unterstützt, so wie ich dich… Dankbarkeit…“, Uwe Pech wedelte mit einem Stück Steak vor den Augen seines Sohnes. Blut tröpfelte auf dessen Teller.
    „ …Dankbarkeit für unsere Unterstützung, denn ohne Kohle kann man heute nichts machen, ne?“
Christian starrte wortlos auf seinen Teller.
„Bist heute aber nicht wieder mit dieser Polin verabredet?“
„Russin“, nuschelte Christian erneut und diesmal reagierte sein Vater auf seine Worte und schnaufte wiehernd:
„Polen, Ukraine, Usbekistan, Pakistan, Klingonistan“, er gluckste über seinen eigenen Witz. „…ist doch alles dieselbe `Ost-Scheiße`: Kommen nach Deutschland, ohne Staatsbürgerschaft, ohne nichts, und warten bis ein Trottel auf sie reinfällt. Denk an meine Worte, wenn sie dich ausgenommen hat wie eine Weihnachtsgans.“
Vierzehn Monate und sechs Tage waren vergangen, seit er mit Maria zusammengekommen war. Nicht einen Tag hatte sein Vater seit dem keine Hetztiraden gehalten. Christian wusste daher genau, dass es noch nicht vorbei war.
„Ich sag dir ja nicht, dass du dich nicht mit ihr rumtreiben darfst. Auch ich war mal in deinem Alter und wollte nur Spaß haben, dagegen sag ich nichts. Doch Bildung ist nun einmal das Wichtigste. Ein guter Abschluss ist das A und O in diesem Land. Solche `Billig-Frauen` wirst du in deinem Leben noch dutzende treffen, aber einen guten Abschluss machen kannst du nur jetzt!“, nun war es wieder still, denn Uwe Pech trank einen Schluck aus einer Bierflasche und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus.
    Christian blieb stumm, auch wenn alles in ihm kochte. So vieles hätte er seinem Vater gerne in diesem Moment an den Kopf geworfen: dass er vorhatte mit Maria zusammenzuziehen, weit weg, ganz weit weg von seinen Eltern, mit ihr zusammen studieren wollte, einen Bund fürs Leben schließen. Doch er konnte es nicht, nicht heute, nicht an diesem Sonntag.
    „Weißt du, ich habe mir überlegt, es wäre nur gut für dich, w enn du nach deinem Abitur einfach deine Handynummer wechselst, dann wirst du auch nicht mehr belästigt. Ich meine damit nicht nur diese `Freundin`, auch deine anderen `Freunde`, die dir ständig irgendwelche E-Mails schreiben, die haben einen schlechten Einfluss auf dich. Wegen denen wirst du noch auf die schiefe Bahn geraten.“
    Christian schürzte die Lippen, blieb aber weiter stumm. Er wollte keinen Streit, nicht wenn er schon Schmerzen hatte.
    Er wartete bis sein Vater zu Ende gegessen hatte, dann stand er auf und ging in sein Zimmer.
     
    Im Mülleimer neben der Tür zu seinem Zimmer lag ein säuberlich gefaltetes Blatt Papier : `Bitte nicht stören – Klopfen`, stand darauf. Es war sein letzter verzweifelter Versuch gewesen, seine Eltern davon abzuhalten einfach sein Zimmer zu betreten. Vergeblich, sie hatten den Zettel einfach ignoriert, also hatte er ihn wieder entfernt.
    Neben dem Mülleimer stand sein Kleiderschrank. Sorgfältig gefaltet und nach Farbe, Größe und Kleidungsart sortiert, lagen dort drin seine Klomatten.
    Neben de m Kleiderschrank stand auf dem Schreibtisch sein Computer. Er ging darauf zu und machte den Knopf vorne an.
    Er hatte einmal ein Passwort für seinen Computer gehabt, doch sein Vater hatte sich heimlich hinter ihn gestellt, während er es eingab, danach hatte er auch das aufgegeben.
    Keine neuen E-Mails - bis jetzt.
    Er starrte auf seine Facebookseite. Er hatte sich bei Facebook angemeldet um neue Freunde kennen zu lernen. Übers Internet war das doch deutlich leichter, als im `Real-Life`.
    Sie war nicht online , immer noch nicht. Warum war sie noch nicht online? Warum hatte sie noch nicht auf seine Nachricht geantwortet, die er ihr noch vor dem Frühstück geschrieben hatte? Sorgenvoll sah er auf ihr Profilbild. Unerwünschte Gedanken schossen durch seinen Kopf. Etwas
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