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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)
Autoren: H. P. Lovecraft
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werden). Lovecrafts Kenntnis der theosophischen Literatur war nicht sehr tiefgehend. Die mythologiegeschichtlichen Anspielungen treten in ›At the Mountains of Madness‹ jedoch eher in den Hintergrund. Immerhin gibt es an einer Stelle eine lange Liste verschollener mythologischer Länder: »Atlantis und Lemuria, Commorium und Uzuldaroum und Olathoë im Land Lomar (…), Valusia, R’lyeh, Ib im Lande Mnar und die Namenlose Stadt in Arabia Deserta«. Lovecraft spielt hier auf das Erzählwerk seines Freundes und Schriftstellerkollegen Clark Ashton Smith an, dessen Fantasie Commorium und Uzuldaroum entsprungen sind und der auch über Atlantis, Lemuria und Valusia ganze Zyklen von Erzählungen verfasst hat. Smiths »Tsathoggua« wird öfters erwähnt. R’lyeh, Ib, Olathoë und die Namenlose Stadt sind Lovecrafts eigene Schöpfungen aus früheren Erzählungen. Auch das Necronomicon taucht wieder auf, ein wenig versatzstückhaft (warum hat der Paläontologe Lake es gelesen?), denn eine wirkliche Funktion hat es hier nicht.
    »Etwas beklemmend Roerichartiges« lag über den Bergen des Wahnsinns mit ihren (zuerst natürlich nicht als solchen erkannten) Gebäuderesten. Nicholas Roerich (1874–1947) ist in der Tat eine weitere wesentliche Inspiration unseres Textes (sechsmal wird er genannt). Der russische Maler – ein früher Lehrer Chagalls – war Ende 1920 (im Gefolge der Revolution) von Russland in die USA geflohen und fand in New York breite Aufmerksamkeit. Roerich war nicht nur Maler, sondern auch Bühnenbildner, Schriftsteller, Okkultist, Weltreisender und energisch am Thema Verständigung der Völker und Kulturen interessiert. Anfang 1929 war er wegen dieses Einsatzes offiziell von der Universität Paris für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden (den dann aber F. B. Kellogg erhielt). Mehrere Expeditionen führten ihn nach Zentralasien, von wo er Kultgegenstände, Bücher und vor allem Anregungen für seine Kunst mitbrachte. Während er in frühen Jahren eher Themen aus russischer Folklore dargestellt hat, ist sein reifes Werk völlig beherrscht von einer übermächtigen Faszination durch die Berge und Glaubenswelten Zentralasiens. Die schneebedeckten Berge des Himalaja, die Götter und Legenden Tibets sind sein Thema, in immer neuen Variationen, in der Darstellung räumlicher Weite, mit einer starken Aufmerksamkeit für die Farben und Eindrücke des Himmels und der Landschaft. Roerich ist Symbolist und Landschaftsmaler; seine spirituellen Wurzeln liegen ganz in der religiösen Welt Tibets und Nordindiens, als deren Botschafter er sich sah. Dabei ist seine Sichtweise diejenige der klassischen Theosophie; seine Frau war die russische Übersetzerin von Helena Petrovna Blavatskys Secret Doctrine . Seine zahlreichen Bücher (die Lovecraft aber wohl nicht gelesen hatte) sind voll der merkwürdigsten Legenden über Tibet. Lovecraft scheint Roerich nie persönlich kennengelernt zu haben, aber im Mai 1930 besuchte er zum ersten Mal mit Frank Belknap Long das Roerich-Museum in New York, welches diesem schon zu Lebzeiten an der Ecke 103rd Street und Riverside Drive eingerichtet worden war. Dieses Museum befindet sich heute 317 West 107th. Street und ist in der Tat ein New Yorker Geheimtip. (Seit 1993 gibt es auch in Moskau ein sehenswertes Roerich-Museum).
    Lovecrafts letzter Brief (den er nicht mehr zu Ende schreiben konnte, als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde und der nach seinem Tod auf seinem Schreibtisch gefunden wurde) an seinen alten Freund und Weggefährten James F. Morton (datiert: »Der alte Hügel, März 1937«) endet mit einer Evokation Roerichs: »Besser als die Surrealisten ist der gute alte Nick Roerich, dessen Hütte an der Ecke Riverside Drive und 103. Straße eines meiner Heiligtümer in der Peststadt ist. Etwas in seiner Art, mit Perspektive und Atmosphäre umzugehen, suggeriert mir andere Dimensionen und fremde Arten des Seins – oder zumindest den Zugang zu solchen. Solche fantastischen bearbeiteten Felsen in einsamen wüsten Gebirgszügen – jene ominösen, zerklüfteten Felsgipfel, die wirkten, als könnten sie einen ansehen – und vor allem jene merkwürdigen würfelförmigen Gebäude, die da an Steilabhängen haften und sich hin zu den verbotenen nadelspitzen Berggipfeln hinaufziehen!«.
    Dies sind tatsächlich, abgesehen von ein paar Notizen im Krankenhaus, die letzten Worte, die Lovecraft zu Papier gebracht hat. Die Begegnung mit Roerichs Kunst war für den Schriftsteller offenbar
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