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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
Autoren: Anne Rice
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bist stark.«
    Die Worte kamen für Thorne vollkommen unerwartet. Er schwankte, konnte kaum das Gleichgewicht halten. Er hätte den gedankenlosen Jüngeren am liebsten geschlagen. Er war kurz davor, die Faust zu heben. Aber Marius hielt seinen Arm fest. Bilder drängten sich in Thornes Kopf. Die Zwillinge – seine geliebte Schöpferin und ihre verschollene Schwester. Er sah sie ganz deutlich vor sich. Die Königin der Verdammten. Und der hilflose Bluttrinker Lestat in seinen Ketten. Eiserne Ketten hätten ihn unmöglich halten können. Woraus waren diese Ketten nur beschaffen? Er mühte sich, diese Gedanken zu vertreiben und wieder festen Halt im Heute zu fassen.
    Marius hielt immer noch seinen Arm fest, während er zu Daniel sagte: »Lass mich dir helfen, wenn du jagen möchtest.«
    »Ich habe jetzt nicht das Bedürfnis danach«, antwortete Daniel. Er hatte sich schon wieder über seine Arbeit gebeugt. Er zog ein größeres Paket unter dem Tisch hervor und hielt es Marius hin. Auf den Deckel gemalt – oder gedruckt, Thorne konnte es nicht sagen – war die Abbildung eines dreistöckigen Hauses mit vielen Fenstern.
    »Ich möchte dieses Haus zusammensetzen«, sagte Daniel. »Es ist viel schwieriger als die anderen hier, aber ich denke, mit meinem Vampirblut wird es einfach für mich sein.«
    »Dann lassen wir dich jetzt allein«, sagte Marius. »Aber geh bitte nicht ohne mich aus.«
    »Ich käme gar nicht auf die Idee«, sagte Daniel, der schon an der Umhüllung der Schachtel zerrte.
    Diverse hölzerne Einzelteile kamen zutage. »Morgen Nacht werde ich mit dir jagen, dann kannst du mich behandeln wie ein Kind, das machst du ja so gern.«
    Marius löste seinen freundschaftlichen Griff nicht von Thornes Arm. Er führte ihn aus dem Zimmer und schloss die Tür.
    »Wenn er allein losgeht, kommt er immer in Schwierigkeiten«, erklärte Marius. »Er verläuft sich, oder er kann nicht mehr jagen, weil sein Durst übermäßig groß ist. Dann muss ich ihn suchen. So war er schon als Mensch, bevor er ein Bluttrinker wurde. Das Blut veränderte ihn nur für kurze Zeit. Und jetzt ist er ein Sklave dieser winzigen Welten, die er erschafft. Er verlangt nichts anderes als Platz dafür und für die Schachteln mit den Häusern und Bäumen und was sonst noch, die er alle per Computer bestellt.«
    »Ah, du besitzt diese merkwürdigen, verstandbegabten Maschinen«, sagte Thorne.
    »Ja, ich habe sehr gute Computer im Haus. Ich habe alles Notwendige«, erwiderte Marius. »Aber du bist müde. Deine Kleider sind alt. Du brauchst eine Stärkung. Über alles andere reden wir später.« Er führte Thorne über eine kurze Holztreppe in einen großen Schlafraum. Das Holz der Wände und Türen war gelb und grün gestrichen, und das Bett war in eine mit Schnitzwerk versehene Nische eingepasst und nur zu einer Seite offen. Dieser merkwürdige Raum, in dem jede, aber auch jede Oberfläche von Menschenhand bearbeitet war, gab ihm ein Gefühl von Sicherheit. Selbst der Holzfußboden war auf Hochglanz poliert. Durch eine breite Tür traten sie in ein riesiges, mit unebenen Holzpaneelen verkleidetes Badezimmer mit Steinfußboden, das von vielen Kerzen erhellt wurde. Das weiche Licht verlieh dem Holz einen wunderbar warmen Farbton, und Thorne merkte, wie ihm leicht schwindelig wurde.
    Aber am meisten staunte er über das Bad. Vor einem weiteren wandgroßen Glasfenster stand eine riesige, mit dampfendem Wasser gefüllte Wanne in der Form eines großen Bottichs, in der problemlos mehrere Leute gemeinsam baden konnten. Auf einem kleinen Hocker daneben war ein Stapel Tücher aufgehäuft, wohl zum Abtrocknen. Und auf anderen Hockern standen Schalen mit getrockneten Blumen und Kräutern, deren Aroma Thorne mit den scharfen Sinnen des Bluttrinkers auffing, und mit Ölen gefüllte Flaschen und Tiegel, in denen Salben zu sein schienen. Dass Thorne sich hier waschen sollte, schien ihm wie ein Wunder. »Zieh die schmutzige Kleidung aus«, sagte Marius. »Ich werfe sie weg, ja? Willst du irgendetwas davon behalten, außer deiner Halskette?«
    »Nichts«, antwortete Thorne. »Wie kann ich das wieder gutmachen?«
    »Aber das hast du doch schon«, sagte Marius. Er zog seinen Ledermantel aus und anschließend den Wollpullover. Seine nackte Brust war ganz unbehaart. Er war bleich wie alle sehr alten Bluttrinker. Und sein Körper war kraftvoll und von natürlicher Schönheit. Das Blut war ihm in der Blüte seiner Jahre gegeben worden, das stand fest. Aber wie alt er
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