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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs
Autoren: Anne Rice
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mir bitte an das genannte Postfach, und ich werde unverzüglich antworten, Merrick, vergib mir. Wenn du die Ältesten oder den Generaloberst von dieser Kontaktaufnahme in Kenntnis setzt, werden sie dir höchstwahrscheinlich verbieten, mich zu treffen. Ehe du also diesen Schritt unternimmst, schenk mir bitte eine winzige Spanne Zeit, damit ich mit dir sprechen kann.
    Dein in der Talamasca für immer, David Talbot
     
    Wie waghalsig und wie egoistisch ich war, dass ich diese Nachricht geschrieben und in den frühen Morgenstunden dem eisernen Briefkasten am Ende der Auffahrt überantwortet hatte!
    Merrick hatte geantwortet, eine Nachricht voller unverdienter Zuneigung und erregender Einzelheiten.
     
    »Ich kann es gar nicht erwarten, mit dir zu sprechen. Welchen Schock auch immer dieses Treffen für mich bereithalten wird, ich versichere dir, ich will hinter das Rätsel sehen und nach dir selbst suchen - nach dem David, den ich immer geliebt habe. Du warst wie ein Vater für mich, als ich dich brauchte, und später warst du immer mein Freund. Und ich habe dich seit deiner Metamorphose schon öfter gesehen, vielleicht häufiger, als du weißt.
    Ich weiß, was dir widerfahren ist. Ich weiß auch von denen, mit denen du zusammenlebst. Das Café zum Löwen. Rue St. Anne. Erinnerst du dich? Vor Jahren, noch ehe wir nach Mittelamerika gegangen waren, haben wir uns dort mal zum Lunch getroffen. Du warst so besorgt, dass wir uns in diesen Dschungel begeben wollten. Erinnerst du dich an deine Argumente? Ich glaube, ich habe einen Hexenzauber angewendet, um dich zu überreden. Ich habe immer gedacht, du wüsstest das. Ich werde jetzt mehrmals hintereinander am frühen Abend dort sein, in der Hoffnung, dass du erscheinst.«
     
    Sie hatte mit der gleichen Floskel unterschrieben wie ich: »Dein in der Talamasca für immer.«
     
    Ich hatte meine eigene Person über meine Liebe zu ihr gestellt, über meine Pflicht ihr gegenüber. Ich war erleichtert, dass ich es hinter mir hatte.
    Damals, als sie die vom Leben gebeutelte Waise war, wäre so etwas undenkbar gewesen. Sie war ein Teil meiner Pflicht, diese kleine Wanderin, die so ganz unberechenbar und allein eines Abends an unsere Tür gepocht hatte.
    »Wir haben die gleichen Motive wie du«, hatte Aaron an jenem Abend in Oak Haven, der schon so weit zurücklag, sehr direkt zu ihr gesagt. Er hatte ihr das weiche braune Haar von den Schultern zurückgestrichen, als wäre er ihr älterer Bruder. »Wir wollen Wissen konservieren. Wir wollen Historisches festhalten. Wir wollen erforschen, und wir wollen verstehen.« Er hatte, sehr untypisch für ihn, leise geseufzt. »Diese weißen Verwandten, die Mayfairs aus dem Garden District, wie du sie ganz richtig nennst - nun, wir wissen von ihnen«, gab er zu meinem Erstaunen zu, »aber wir behalten unsere Geheimnisse für uns, bis uns die Pflicht veranlasst, sie zu enthüllen. Was bedeutet ihre lange Geschichte gerade jetzt für dic h? Ihre Leben sind miteinander verflochten wie die Arme dorniger Schlingpflanzen, die sich unaufhörlich um denselben Baum winden. Dein Leben hat vielleicht gar nichts mit diesem bitteren Kampf zu tun. Für uns hier ist im Moment nur wichtig, was wir für dich tun können. Wenn ich sage, dass du dich immer auf uns verlassen kannst, ist das nicht nur so dahergesagt. Du gehörst jetzt, wie David schon feststellte, zu uns.«
    Sie dachte nach. Es fiel ihr nicht leicht, das alles so zu akzeptie ren, sie war zu sehr daran gewöhnt, mit der Großen Nananne allein zu sein - und doch hatte irgendein starker Impuls sie gezwungen, uns zu vertrauen, noch ehe sie überhaupt hierher gekommen war.
    »Die Große Nananne vertraut euch«, erklärte sie schließlich, als hätte ich danach gefragt. »Die Große Nananne hat gesagt, ich soll zu euch gehen. Sie hatte, wie so oft, einen ihrer Träume. Sie erwachte noch vor dem Morgengrauen und klingelte nach mir. Ich hatte draußen auf der Veranda geschlafen, und als ich ins Haus ging, trat sie mir in ihrem weißen Morgenmantel aus Flanell entgegen. Wissen Sie, sie friert immer, deshalb trägt sie stets Flanell, selbst in den heißesten Nächten. Sie sagte, ich solle mich zu ihr setzen und mir ihren Traum anhören.«
    »Erzähl mir davon, Kind«, bat Aaron. Hatten sie das vor meiner Ankunft noch nicht durchgesprochen?
    »Sie hatte von Mr. Lightner geträumt, von Ihnen«, sagte Merrick, indem sie ihn ansah, »und in dem Traum kamen Sie zu ihr, zusammen mit Onkel Julien, dem weißen Onkel
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