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Eisiges Feuer (German Edition)

Eisiges Feuer (German Edition)

Titel: Eisiges Feuer (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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1.
     
    Dunkle Gestalten schlichen durch das Unterholz. Sie verfolgten schon seit den frühen Morgenstunden zwei Männer, so geschickt, dass ihre Beute noch ahnungslos war, auch wenn sie sich beide immer wieder misstrauisch umblickten. Die Räuber waren geduldig und vorsichtig, sie hielten sich auf Abstand, bis sich eine günstige Gelegenheit ergeben würde. Bislang war die Handelsstraße, die dicht am Waldesrand verlief, zu belebt gewesen, um zuzuschlagen, doch nun bogen die beiden Männer in einen schmalen Pfad ein, der als Weg zu einer Wasserstelle ausgeschildert war.
    „Nur ein bisschen Glück, dann ist am Bach nichts los!“, frohlockte Onkar, der jüngste Räuber in der Bande – ein wenig zu laut. Albor schlug ihm hastig gegen den Kopf, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    „Halt’s Maul. Wenn die ihre Schwerter gegen uns ziehen, gibt’s Tote!“, zischte er.
    Ihre Beute hatte glücklicherweise nichts bemerkt, die Männer waren abgestiegen und führten ihre Pferde zu Fuß zum Wasser. Es waren vor allem diese beiden prächtigen Fuchshengste, die den Räubern aufgefallen waren, zwei edle Tiere von geradezu vollkommenem Körperbau. Obwohl deren Besitzer in eher schlichte schwarze Umhänge gehüllt waren und keinerlei Gepäck bei sich trugen, das einen Angriff rechtfertigen würde, waren die Räuber ihnen kurz entschlossen auf den Fersen geblieben. Das war leicht, da die vom Regen aufgeweichte Straße eine schnellere Gangart als Schritt nicht zuließ. Die Unterhaltung der beiden konnten sie zwar nicht belauschen, doch die geschliffene Aussprache ließ keinen Zweifel: Adlige. Nur leicht bewaffnet, ohne Eskorte.
    So etwas war sehr gefährlich – alle Adligen Onurs bekämpften einander, sei es als offene Fehde oder mit dem, was sie „das Spiel“ nannten: Ein kompliziertes Geflecht von Intrigen, Bündnissen, Verrat, Lügen und Listen, das kaum durchschaubar war. Dabei versuchte der Hochadel, seine Macht zu sichern und auszubauen, der niedere Adel hingegen sein Überleben durch Bündnisse zu sichern. Im Mittelpunkt des Geschehens stand der König, der das Spiel so zu steuern verstand, dass im Augenblick ein fragiles Gleichgewicht im Land herrschte. Er hatte im Laufe seiner jahrzehntelangen Herrschaft Gesetze erlassen, die es den mächtigen Fürsten einerseits erlaubten, straflos jeden zu töten, den sie im Spiel besiegt hatten, sie andererseits mit Tod oder Verbannung bedrohten, wenn sie eine geringfügige Ehrverletzung begingen. Die Verlierer dieses Spiels waren nicht nur jene, die sich im Intrigengeflecht verfangen hatten, sondern vor allem das Volk. Weitestgehend rechtlos wurde es von seinen Herrschern in sinnlose Gefechte geschickt; nur wenig wurde getan, um Sicherheit und Wohlstand zu fördern. Waren die Adligen zu sehr mit sich selbst beschäftigt, verfielen die Straßen, nahmen Überfälle und Gewalt schnell überhand. Aufstände hungernder Bauern wurden zumeist brutal niedergeschlagen. Es gab allerdings auch Herrscher, die die Not der Bevölkerung für sich nutzten, indem sie den Bauern und Leibeigenen ihrer Gegner Lebensmittel und Vieh schenkten.
    Zwei Adlige also, die sich ohne Schutz offen auf eine Straße wagten, dabei zwar besonnen, doch nicht verängstigt schienen, waren entweder leichtsinnig, verrückt oder in der Lage, sich allein durch ihren Rang vor dem Landesherrn zu schützen. Das Ganze schien interessant genug, um einen Überfall zu riskieren.
    „Noch mal, wir legen nur los, wenn wir sie überraschen können. Schnell und sauber, ich will die beiden lebend zu Kirian bringen, sonst sind sie wertlos für eine Lösegelderpressung. Wenn die ihre Waffen ziehen können, keine Heldentaten, klar?“, schärfte Albor seinen fünf Begleitern noch einmal ein. Sie alle verachteten das „hohe Volk“, respektierten aber durchaus deren Waffengeschick.
    Er nickte Sveit zu, der sich am Waldrand versteckte. Sveit würde sie warnen, sollten weitere Reisende in den Weg einbiegen, um ihre Reit- oder Lasttiere zu tränken.
    Albor vergewisserte sich, dass sie tatsächlich gegen den Wind herankamen, damit die Pferde der beiden nicht nervös werden konnten, dann gab er das Zeichen zum Vorrücken.
    Ihre Beute verhielt sich weiterhin vorsichtig. Der jüngere von beiden, ein schlanker Mann mit dunkelblondem, schulterlangem Haar, beobachtete die Umgebung, während sein Begleiter am Ufer kniete und ein Stück abseits der Pferde seinen Wasserschlauch füllte. Die Tiere waren angebunden, das war gut; so konnten sie in dem
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