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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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versehentlich eingesteckt. Aber es war ein Fehler, und als ich das eingesehen habe, da bin ich hergekommen, um ihn Euch zurückzugeben. Das ist die Wahrheit.«
    »So wie es auch die Wahrheit ist, dass du diese Burschen von gerade nicht kennst«, schnaubte Abu Dun.
    »Es ist wahr!«, beharrte Corinna. »Sie haben … Bemerkungen gemacht. Anzügliche Bemerkungen, die sich nicht gehören einer Dame gegenüber.«
    »Für die sie dich zweifellos gehalten haben«, spottete Abu Dun.
    »Es war nur recht und billig«, verteidigte sich Corinna – eine Logik, der Andrej nicht ganz folgen konnte. »Und ich muss schließlich von irgendetwas leben.« Nachdem sie mit treuherzigem Augenaufschlag vergebens auf eine Antwort gewartet hatte, schob sie schließlich die Hand über den Tisch, um nach Andrej zu greifen, aber der zog seinen Arm schnell zurück.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte sie. »Das müsst Ihr mir glauben. Wäre ich sonst hier, wenn es nicht so wäre?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Andrej kühl.
    »Wahrscheinlich verachtet Ihr mich jetzt.«
    Andrej tat ihr nicht den Gefallen, den Kopf zu schütteln oder ihr gar laut zu widersprechen. »Das weiß ich auch noch nicht«, sagte er. »Aber ich weiß, dass ich es nicht schätze, bestohlen zu werden.«
    Er war nicht einmal wirklich zornig, aber doch ein wenig enttäuscht, was ihm selbst sonderbar erschien, denn schließlich kannte er sie gerade einmal einige wenige Stunden. »Ja, wahrscheinlich habe ich das auch verdient«, seufzte Corinna. »Und so wie es aussieht, stehe ich jetzt sogar noch tiefer in Eurer Schuld, nachdem Ihr mir das Leben gerettet habt.«
    »Das Leben gerettet?« Andrej runzelte die Stirn. »Jetzt übertreibst du. Ich glaube nicht, dass sie dich gleich umgebracht hätten.«
    »Nein, sicher nicht gleich«, antwortete Corinna. »Zuerst hätten sie ihren Spaß mit mir gehabt, einer nach dem anderen oder auch alle zugleich, und dann hätten sie mich umgebracht.«
    Andrej fragte sich, ob sie die Wahrheit sagte. Andererseits: Selbst wenn sie tatsächlich zurückgekommen war, um ihm sein Geld zu bringen, dann änderte das rein gar nichts an der Tatsache, dass sie ihn bestohlen hatte.
    Oder vielleicht doch.
    Es war kompliziert.
    Als hätte er seine Gedanken gelesen, verdrehte Abu Dun die Augen, griff nach Andrejs Geldbeutel und ließ ihn in der Manteltasche verschwinden. »Nur zur Sicherheit«, sagte er. »Du bekommst es zurück, sobald ich weiß, dass du wieder bei Sinnen bist.«
    »Was soll der Unsinn?«, fragte Andrej.
    »Das frag ich dich«, erwiderte Abu Dun schärfer, als Andrej angemessen schien. Er stand auf. »Schalt einfach zur Abwechslung einmal deinen Verstand ein, Hexenmeister. Und sollte noch etwas davon übrig sein, dann findest du mich bei unserem Wohltäter in der Küche. Ich sehe nach, ob noch etwas zu essen da ist.«
    Er ging. Andrej sah ihm leicht verdutzt nach, und auch Corinna schüttelte traurig den Kopf und ließ ein abermaliges Seufzen hören. »Euer Freund mag mich nicht«, stellte sie fest.
    »Nein«, antwortete Andrej. Als Corinna betroffen guckte, beeilte Andrej sich zu ergänzen: »Ich meine: Nein, es hat nichts mit dir zu tun. Abu Dun ist in letzter Zeit ein wenig gereizt. Er ist sonst nicht so, musst du wissen.«
    »Und warum jetzt?«
    »Wir sind seit einer Woche hier und haben noch keine Spur von Meruhe und meinem Sohn gefunden«, antwortete er. »Er ist kein sehr geduldiger Mensch. Und er sorgt sich um Meruhe.«
    »Die Frau, der Ihr Euren Sohn anvertraut habt?«
    Andrej nickte.
    »Ich dachte, sie wäre Eure Freundin gewesen.«
    »Nicht so«, antwortete Andrej. »Sie ist wirklich nur eine Freundin … unsere Freundin. Wir hätten sie niemals allein gehen lassen dürfen. Abu Dun würde es niemals aussprechen, aber er nimmt es mir ziemlich übel, glaube ich.«
    »Was nimmt er Euch übel?«
    Er sollte diese Frage nicht beantworten, aber wie schon in der Nacht zuvor vertraute er ihr aus irgendeinem Grund, auch wenn der Gedanke ihm selbst absurd vorkam.
    »Ich habe dir von dem großen Feuer in London erzählt. Es gab einen Kampf, und Meruhe wurde verletzt. Ziemlich schlimm verletzt. Wir hätten sie niemals gehen lassen dürfen. Nicht in dem Zustand, in dem sie war.«
    »Und warum habt Ihr es dann getan?«
    Andrej lachte humorlos, und Corinna sah ihn verletzt an. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein«, antwortete Andrej. »Das hat nichts mit dir zu tun. Du kannst es nicht wissen, aber wenn sich Meruhe einmal etwas in den
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