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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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Obhut jenes geheimnisvollen Arztes zu bringen, von dem sie behauptet hatte, er wäre der Einzige auf der Welt, der ihm helfen könnte, ein Mann in Konstantinopel, dessen Namen sie nicht einmal kannte.
    Wie sich gezeigt hatte, war Abu Duns Skepsis nur zu berechtigt gewesen. Knapp zwei Monate später waren sie den drei hübschen Kriegerinnen und Marius gefolgt. Sie waren geritten wie die Teufel, einmal quer durch Europa von London nach Konstantinopel, doch weder hatten sie Meruhe gefunden, noch hatte dort jemand von ihr gehört; geschweige denn von dem Arzt, von dem ihre Dienerinnen gesprochen hatten. Wie es aussah, waren sie niemals dort angekommen.
    Andrej verscheuchte die trübseligen Gedanken. In diesem Moment flog die Tür auf, und eine kleine Gestalt in einem schwarzen Mantel stürmte herein. Beinahe wäre sie über ihre eigenen Füße gestolpert, machte noch zwei hastig-ungeschickte Schritte und wäre vermutlich der Länge nach hingefallen, hätte Andrej nicht blitzschnell die Hand ausgestreckt und sie aufgefangen. Ein schmerzerfülltes Zischen erklang, und Andrej lockerte seinen Griff ein wenig, als er spürte, wie zerbrechlich der Arm unter dem schwarzen Stoff war.
    »Hilf mir, Andrej!«, sagte eine vor Angst bebende Stimme.
    Andrej?
    Abu Dun runzelte die Stirn und legte fragend den Kopf auf die Seite, wobei er offensichtlich noch einen allerletzten Brotkrumen gewahrte, den er mit der Fingerspitze aufnahm und zwischen den Lippen verschwinden ließ. Andrej sprang auf und riss überrascht die Augen auf, als die kleine Gestalt mit der freien Hand ihre Kapuze zurückschlug und er das schwarze Lockenhaar und das schmale Gesicht erkannte, das darunter zum Vorschein kam.
    »Corinna?«, murmelte er.
    »Ist das der Name, den sie Euch genannt hat?«, fragte eine Stimme von der Tür aus.
    Andrej ließ den Arm des Mädchens los, drehte sich herum und trat zwischen sie und die zweite Gestalt, die in der Tür aufgetaucht war. Es war so hell draußen, dass er nur einen Umriss erkannte und kein Gesicht, aber in der Stimme lag etwas, das ihm nicht gefiel. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich Abu Dun halb erhob und sich dann wieder zurücksinken ließ.
    »Und wie ist dein Name, mein Freund?«, fragte er.
    Der Schatten trat näher und wurde zu einem breitschultrigen Mann unbestimmbaren Alters mit dunklem Haar und einem kantigen Gesicht. »Der tut nichts zur Sache«, sagte er. Der Blick seiner harten Augen fixierte Corinna und verlor sie wieder, als sie sich hastig ganz hinter Andrejs Rücken verkroch. »Ihr habt sie festgehalten. Das ist gut. Jetzt gebt sie heraus und überlasst sie mir. Und vielen Dank für Eure Hilfe.«
    »Nicht ganz so schnell, mein Freund.« Andrej hob die Hand, als der Fremde eine Bewegung machte, als wolle er um ihn herumgehen. »Was ist hier los?«
    »Du musst mir helfen, Andrej!«, flehte das Mädchen. »Sie wollen mir etwas antun! Bitte! Diese brutalen Kerle haben mich durch die halbe Stadt gejagt!«
    Die Küchentür flog auf, und der Wirt kam herein. »Was geht hier vor?«, fragte er laut und eine Bratpfanne mit einem hölzernen Griff schwenkend – die ganz so aussah, als hätte sie schon mit mehr als nur einem Schädel Bekanntschaft gemacht. »Wer seid Ihr, und was habt Ihr hier zu suchen?«
    »Ich habe es schon gefunden«, antwortete der Fremde. Andrej sah nicht hin, aber er konnte hören, dass draußen auf der Straße noch mindestens zwei weitere Männer warteten, vielleicht mehr. »Wir sind hinter einer Diebin her.«
    »Einer Diebin?«, fragte Andrej.
    »Das ist nicht wahr!«, protestierte Corinna. »Ich habe nichts gestohlen!«
    »Das ist mir gleich«, antwortete der Wirt. »Ich will hier keinen Ärger. Verschwinde!«
    »Gebt uns diese kleine Diebin, und wir sind schon wieder weg«, antwortete der Fremde. Er wandte sich direkt an Andrej. »Kennt Ihr sie?«
    »Flüchtig«, antwortete Andrej.
    »Aber gut genug, um eine Menge Ärger zu riskieren, nur wegen einer Hure und Taschendiebin?«
    Andrej zog es vor, darauf nicht zu antworten, aber nun erhob sich auch Abu Dun und nahm hinter ihm Aufstellung. Obwohl sich in den herausfordernden Blick des Fremden eine erste Spur von Unsicherheit mischte, schürzte er nur abfällig die Lippen.
    »Ich glaube nicht, dass ihr Euch mit fünf Männern auf einen Streit einlasst, nur wegen einer kleinen Straßendirne. Oder war sie so gut?«
    »Wer weiß«, sagte Andrej kühl. »Auf jeden Fall spricht man so nicht über eine Dame. Schon gar nicht, wenn sie dabei
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