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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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ein paar Haselnüsse aus ihrem Vorratsbeutel und knackte sie mit einem Stein. Als sie Torak eine Nuss anbot, lehnte er ab. Sie spürte, dass er genau wie sie davor zurückscheute, über die Krankheit zu sprechen, aber beide konnten an nichts anderes mehr denken.
    Torak erkundigte sich, wie sie ihn gefunden habe.
    »Ich kann vielleicht keine Wolfssprache, aber dein Geheul erkenne ich überall«, schnaubte sie und zögerte. »Hast du immer noch nichts von ihm gehört?«
    »Nein«, war die schroffe Antwort.
    Sie aß noch eine Nuss.
    »Die Heilzeremonie«, fragte jetzt Torak, »die hat nicht gewirkt, stimmt’s?«
    »Die Krankheit hat sich eher noch verschlimmert. Oslak und Bera sind überzeugt, dass ihnen die ganze Sippe übel will.« Sie runzelte die Stirn. »Saeunn meint, in ferner Vergangenheit, vor der Großen Flut, hätte es solche Krankheiten gegeben. Damals wurden ganze Sippen davon ausgerottet, der Rehclan, der Biberclan. Saeunn sagt, falls man damals irgendwelche Heiltränke gekannt hat, sind sie in Vergessenheit geraten. Sie meint … die Ursache der Krankheit sei Angst, und die Angst wächst immer weiter, wie Blätter am Baum.«
    »Wie Blätter am Baum«, wiederholte Torak leise. Er hob einen Ast auf und schälte die Rinde ab. »Und woher kommt die Angst?«
    Renn konnte sich nicht länger beherrschen, sie musste es ihm einfach erzählen. »Erinnerst du dich noch, was Oslak vorhin behauptet hat?«, begann sie widerstrebend.
    Torak krallte die Finger um den Stock. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. ›Jemand isst meine Seelen auf…‹, hat er gerufen.« Er schluckte. »Die Seelenesser.«
    Der Vogelgesang erstarb. Die Bäume regten sich nicht mehr.
    »Glaubst du, das ist der Grund?«, fragte Torak. »Glaubst du, die Krankheit hat mit den Seelenessern zu tun?«
    »Könnte sein. Und was glaubst du?«
    Torak sprang auf, wanderte auf und ab und stocherte mit dem Ast im Farn. »Ich weiß nicht. Ich weiß ja nicht mal, wer die Seelenesser eigentlich sind!«
    »Torak…«
    »Ich weiß bloß «, fuhr er in jäh aufwallendem Zorn fort, »dass es irgendwelche Schamanen sind, die sich vom Bösen verführen ließen. Ich weiß bloß , dass mein Vater mit ihnen verfeindet war … auch wenn er mit mir nie darüber gesprochen hat.« Er hieb auf die Farnwedel ein. »Ich weiß bloß , dass sie irgendwie ihre Macht eingebüßt haben und dass inzwischen alle glauben, es gäbe sie nicht mehr, aber das ist ein Irrtum. Und letzten Sommer…«, ihm versagte fast die Stimme, »…letzten Sommer hat ein verkrüppelter Seelenesser den Bären erschaffen, der meinen Fa getötet hat.«
    Wütend bohrte er den Ast in die Erde, dann schleuderte er ihn weg. »Aber vielleicht irrst du dich ja, Renn, vielleicht haben sie nichts…«
    »Nein, Torak, hör zu. Oslak hat ein Zeichen in den Staub gescharrt. Einen dreizackigen Spieß, womit man Seelen fängt. Das Zeichen der Seelenesser.«

Kapitel 5

    DIE SEELENESSER.
    Ihr Schicksal war mit seinem verknüpft und doch wusste Torak kaum etwas über sie. Nur dass es sieben an der Zahl waren, alle von verschiedenen Clans, alle von Machtgier zerfressen.
    Unten am Fluss schrie eine Fuchsfähe. In Oslaks Hütte wälzte sich Vedna auf ihrem Lager und sorgte sich um ihren Gefährten. Torak lag in seinem Schlafsack und grübelte über das Böse nach, das die Sippen mit einer verheerenden Krankheit schlagen konnte.
    Um sich den Wald zu unterwerfen …
    Nein, das war unmöglich. Niemand konnte sich die Bäume unterwerfen oder das Wild hindern, dem uralten Gesetz des Mondes zu gehorchen. Niemand konnte den Jägern befehlen, wo sie jagen sollten.
    Als er schließlich einschlief, quälten ihn Albträume. Er kauerte im Dunkeln auf einem Hügel und war vor Angst wie erstarrt, als er einen gesichtslosen Seelenesser auf sich zukriechen sah. Er wich zurück und streifte etwas Schuppiges, Weiches, sich Windendes, das nach ihm schnappte. Er wollte wegrennen. Feuchtkalte Baumwurzeln schlangen sich um seine Knöchel und ein geflügelter Schatten stieß mit klatschenden Schwingen auf ihn herab. Die Seelenesser waren hinter ihm her und er spürte ihre Bosheit wie sengenden Feuerhauch…
    Er wachte auf.
    Es dämmerte. Der Atem des Waldes hüllte die Bäume in Dunst. Er wusste, was er zu tun hatte.
    »Geht es Oslak besser?«, wandte er sich an Vedna, ehe er ins Freie trat.
    »Nein.« Sie hatte rot geränderte Augen, aber ihr trotziger Blick verbat sich jedes Mitgefühl.
    »Ich muss Fin-Kedinn sprechen. Weißt du, wo
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